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https://doi.org/10.14512/rur.104
Raumforschung und Raumordnung | Spatial Research and Planning (2021) 79/5: 534–535
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Rezension / Book Review

Stöglehner, Gernot (Hrsg.) (2020): Grundlagen der Raumplanung 2. Strategien, Themen, Konzepte

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(1) Faculteit Ruimtelijke Wetenschappen, Rijksuniversiteit Groningen, Landleven 1, 9747 AD Groningen, Niederlande

Contact InfoDr. Christian Lamker 
E-Mail: c.w.lamker@rug.nl

Eingegangen: 11. April 2021  Angenommen: 11. Mai 2021  Online veröffentlicht: 21. Mai 2021


Der erfreuliche Trend zur Erweiterung des Lehrbuchangebots für die deutschsprachige Stadt- und Raumplanung wird 2020 fortgesetzt. Das vorliegende Buch „Grundlagen der Raumplanung 2: Strategien, Themen, Konzepte“ knüpft an den im Vorjahr von Gernot Stöglehner veröffentlichten ersten Band an (Stöglehner 2019; vgl. Lamker 2020). Der zweite Band wurde gemeinsam mit acht Kolleginnen und Kollegen an der Universität für Bodenkultur (BOKU) in Wien entwickelt und nach Angaben im Vorwort im September 2020 fertiggestellt. Die 372 Seiten des Buchs sind in drei Teile gegliedert: Strategien, Schwerpunkte und Konzepte. Zielgruppe des Buches sind die Masterstudierenden der Landschaftsplanung und Landschaftsarchitektur an der BOKU in Wien. Das Inhaltsverzeichnis zeigt jedoch, dass das Buch mit seiner Themenbreite durchaus für eine deutlich größere Zielgruppe lesenswert ist.

Der erste Teil beginnt mit zwei Kapiteln zu allgemeinen Fragen von strategischer Raumplanung und Regional Governance. Besonders positiv hervorzuheben ist, dass sich bereits das dritte Kapitel der Bodenpolitik und Bodenordnung widmet. Die hier erläuterten Grundlagen zu Eigentum, Baulandmobilisierung und eigentumswirksamen Auswirkungen räumlicher Planungsinstrumente sind eine wertvolle Ergänzung zum ersten Band. Der zweite Teil greift eine Bandbreite von Schwerpunkten auf, die sich aus aktuellen Diskussionen und aus aktuellen Forschungsprojekten der Autorinnen und Autoren heraus entwickeln bzw. entwickelten. Abgedeckt werden Innenentwicklung, Gewerbestandorte, Energieraumplanung, Naturgefahren und Risiken, die technische, soziale und grüne Infrastruktur sowie die gesunde Stadt. Im dritten Teil steht zunächst eine Grundfrage vor allem der überörtlichen Raumplanung im Vordergrund: räumliche Disparitäten und gleichwertige Lebensverhältnisse. Im Anschluss folgt ein Kapitel über Resilienz in der Raumplanung und Raumentwicklung sowie eine abschließende Betrachtung zu Planungsqualität.

Die Kapitel sind jeweils von mehreren Autorinnen oder Autoren, oft in Teams, verfasst und schließen mit einem eigenständigen Literaturverzeichnis ab. Sie sind damit auch für sich genommen verständlich und ermöglichen es, sich punktuell nach Thema und Interesse zu bedienen. Der Band ist durchgehend ansprechend gestaltet und wird durch eine hohe Zahl von Abbildungen oder ergänzenden Textboxen auch gut zugänglich für Themenneulinge und thematisch Außenstehende. Alle Abbildungen sind als Vollfarbabbildungen gedruckt und unterstützen die Verständlichkeit. Das vierseitige Inhaltsverzeichnis ist sehr detailliert und hilfreich. Ein Schlagwortregister als Ergänzung zum Verzeichnis von Abbildungen, Tabellen und Abkürzungen fehlt leider.

Der Entstehungskontext der Kapitel liegt teilweise explizit in Forschungsprojekten der Autorinnen und Autoren, was sich beispielsweise auf die hohe Tiefe der Ausarbeitung in den Abschnitten zur Energieraumplanung und zur Planungsqualität auswirkt. Die Kapitel zeigen Unterschiede in der Detailliertheit der Darstellung, aber auch in Satz bzw. Layout (beispielsweise Ausstattung mit Abbildungen, Verwendung von Fußnoten). Leserinnen und Leser profitieren hier von der besonderen Fachkompetenz, sollten sich dieser Selektivität aber zugleich bewusst sein. Statt einer breiten Einleitung steigt Kapitel 1 nach einem kurzen Vorwort unmittelbar mit dem Begriff „Strategie“ und dessen Herkunft ein (S. 13). Der erste Band ist keine Voraussetzung für das Verständnis, deshalb wird möglicherweise hier auf eine weiterführende Einleitung verzichtet. Im letzten Kapitel „Planungsqualität – eine grundsätzliche Betrachtung“ greift Stöglehner für die Disziplin hochrelevante Fragen auf und bettet sie auch in einen internationalen Diskurs ein. Als Abschluss eines Lehrbuchs öffnet sich hierdurch allerdings ein ganzer Strauß zukünftiger Fragestellungen, deren Beantwortung dem weiteren Diskurs bzw. den Leserinnen und Lesern überlassen wird. Die vorgeschlagenen Pole für eine Reflexion der Praxis als „Alle Macht der Raumplanung“ und „Raumplanung als Spielball der Mächtigen“ (S. 359) wirken an dieser Stelle und vier Seiten vor dem Abschluss eher verwirrend. Gleichwohl regen sie eine Debatte an, die möglicherweise auch als Klammer hätte dienen können.

Das Buch wurde weitgehend vor der Corona-Pandemie geschrieben, aber offenbar bis zur Fertigstellung noch angepasst. In fast allen Kapiteln wird sowohl auf etablierte Grundlagen wie auf sehr aktuelle Quellen der Jahre 2018 bis 2020 zurückgegriffen. Digitalisierung und Informations- und Kommunikationstechnologie werden dennoch nur als ein kleiner Teil innerhalb der technischen Infrastruktur betrachtet. Hier wird aber auf die besondere zukünftige Bedeutung technologischer Möglichkeiten nach der Corona-Krise verwiesen (S. 212). Die Pandemie und ihre Folgen werden die Planung noch lange beschäftigen. Wegweisend ist die hohe Relevanz, die den Themen Gesundheit, gesunde Städte sowie grüne Infrastruktur beigemessen wird (insbesondere S. 269 ff.). Das Lehrbuch schlägt eine Brücke und integriert den aktuellen Stand von Forschung und Praxis in die Lehre und möchte hiermit sicherlich auch Studierende dazu ermuntern, dieses Themenfeld zukünftig verstärkt aufzugreifen. Im Sinne der zunehmenden digitalen Lehr- und Arbeitsweisen wäre es wünschenswert, dieses Lehrbuch auch in digitaler Form anzubieten. Für diese Zukunft ist zudem auf weitere Lehrbücher zu hoffen, die Planerinnen und Planer darin unterstützen, eine kritische Haltung zu entwickeln, mit der sie in räumlicher, sozialer und digitaler Dynamik ihre Rollen sicher entwickeln und besetzen können.

Zusammenfassend betrachtet liefert Stöglehner einen wertvollen Beitrag für die Landschaft raumplanerischer Lehrbücher im deutschsprachigen Raum. Ein besonderes Merkmal beider Bände ist ihr Ausgangspunkt und die Perspektive, die immer innerhalb einer Raumplanung als öffentliche und staatliche Aufgabe bleibt. Dieser Richtung folgend werden gesellschaftliche Entwicklungen und politische Herausforderungen dort einbezogen, wo sie unmittelbar in Kontakt mit Strategien, Konzepten oder Instrumenten der Raumplanung stehen. Diese stringente Herangehensweise ist sicher der engen Anlehnung an spezifische Lehrveranstaltungen der BOKU Wien geschuldet. Zugleich lässt sie aber auch Raum für andere aktuellere Titel wie Priebs (2019) mit einem Fokus auch auf Politik und Management in Stadtregionen, Wiechmann (2019a; 2019b) mit einem dezidierten Überblick über die internationale Planungstheorie oder der aktuellen Auflage des ‚Klassikers‘ von Albers und Wékel (2017) mit ihrem Fokus vor allem auf die städtische Ebene und historische Bezüge.

„Grundlagen der Raumplanung 2“ löst sich dabei stärker als der erste vom österreichischen Planungssystem und seinen Planungsinstrumenten. Das Buch ist eine Empfehlung insbesondere für Studierende, die auf der Suche nach einem aktuellen und gut verständlichen Einstieg in die Denkweise und die Themen in der Stadt- und Raumplanung sind. Der Preis von 29,90 € (Österreich) bzw. 29,10 € (Deutschland) ist erschwinglich. Das Buch ist zudem wertvoll für gesellschaftliche Akteure, die ein besseres Verständnis für Möglichkeiten und Grenzen räumlicher Planung und ihrer Institutionen erlangen möchten. Abschließend bleibt zu wünschen, dass sich die Lehrbuchlandschaft weiterhin dynamisch entwickelt und Stöglehner mit seiner Arbeit auch andere motiviert, ihre Zugänge systematisch aufzuarbeiten, zugänglich zu machen und die Disziplin nach innen und außen zu stärken.

Vollständige bibliographische Angaben des rezensierten Werkes:  
Stöglehner, Gernot (Hrsg.) (2020): Grundlagen der Raumplanung 2. Strategien, Themen, Konzepte. Wien: Facultas Universitätsverlag. 372 Seiten, 40 Abbildungen, 3 Tabellen.


Literatur

Albers, G.; Wékel, J. (2017): Stadtplanung. Eine illustrierte Einführung. Darmstadt.
 
Lamker, C. W. (2020): Book Review: Stöglehner, Gernot (Hrsg.) (2019): Grundlagen der Raumplanung 1. Theorien, Methoden, Instrumente. Wien. In: Raumforschung und Raumordnung | Spatial Research and Planning 78, 3, 309–311. https://doi.org/10.2478/rara-2020-0007
 
Priebs, A. (2019): Die Stadtregion. Planung – Politik – Management. Stuttgart.
 
Stöglehner, G. (Hrsg.) (2019): Grundlagen der Raumplanung 1. Theorien, Methoden, Instrumente. Wien.
 
Wiechmann, T. (Hrsg.) (2019a): ARL Reader Planungstheorie. Band 1: Kommunikative Planung – Neoinstitutionalismus und Governance. Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-57630-4
 
Wiechmann, T. (Hrsg.) (2019b): ARL Reader Planungstheorie. Band 2: Strategische Planung – Planungskultur. Heidelberg. https://doi.org/10.1007/978-3-662-57624-3