© Horelt; licensee oekom verlag 2021. This Open Access article is published under a Creative Commons Attribution 4.0 International License.
https://doi.org/10.14512/rur.106
Raumforschung und Raumordnung | Spatial Research and Planning (2022) 80/2: 219–237
rur.oekom.de

Politik- und Praxis-Perspektive / Policy and practice perspective

„Bildkritik“ in der Windenergieplanung – Wie durch partizipative Prozessgestaltung ein sachlicher Bilderdiskurs gefördert werden kann

Michel-A. Horelt Contact Info, Rainer Carius Contact Info , Christoph Ewen Contact Info

(1) team ewen GbR, Hügelstraße 19, 64283 Darmstadt, Deutschland
(2) Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg, Kernerplatz 9, 70182 Stuttgart, Deutschland

Contact InfoDr. Michel-A. Horelt  (Corresponding author)
E-Mail: mh@team-ewen.de

Contact InfoRainer Carius 
E-Mail: rainer.carius@um.bwl.de

Contact InfoDr. Christoph Ewen 
E-Mail: ce@team-ewen.de

Eingegangen: 15. April 2021  Angenommen: 29. November 2021  Online veröffentlicht: 16. Dezember 2021

Zusammenfassung  
Konflikte um den Bau von Windenergieanlagen sind häufig auch Konflikte um Bilder. Konfliktparteien verwenden Bilder, um die angenommenen Wirkungen von Anlagen darzustellen und ihre Positionen zum Vorhaben zu untermauern. Unterschiedliche Wirklichkeitskonstruktionen ringen um Deutungshoheit in der Öffentlichkeit und bereiten Dritten Schwierigkeiten, zwischen seriösen und manipulativen Darstellungen zu unterscheiden. Der Beitrag zeigt auf, wie im Rahmen partizipativer und transparenter Erstellungsprozesse zu Visualisierungen von geplanten Windenergieanlagen Wissen und die Fähigkeit zur „Bildkritik“ – analog zur Quellenkritik im Medienjournalismus – gesteigert werden kann. Es werden Wege vorgestellt, die dazu beitragen, die Reflexionsfähigkeit und Kritikfähigkeit allgemein und insbesondere von jenen zu verbessern, die über Planungen zu befinden haben (Kommunalpolitik, Verwaltung, Presse). Damit wird sichergestellt, dass verantwortliche Personenkreise „Interpretationskompetenz“ oder „Lese- und Sprechfähigkeit“ zur Deutung von Bildern erlangen. Dabei greift der Beitrag auf sozialkonstruktivistische Ansätze der Landschaftsbildbewertung zurück und demonstriert anhand von Beispielen aus der Planungspraxis, wie erkenntnisfördernde Bilddiskurse gestaltet werden können.

Schlüsselwörter  Visuelle Kommunikation – Landschaftsbild-Bewertung – Bürgerbeteiligung – Konfliktmoderation – Erneuerbare Energien


Reviewing pictures in planning wind energy projects – How a reasoned visual discourse may be fostered through participatory process design
Abstract  
Planning processes of windfarms are often characterised by image conflicts. Conflicting parties use visualisations of the planned project to picture the assumed impact on the landscape and to underscore their opposing positions to the project. For observers and decision-makers (e.g. municipal leaders, administrators) it is often difficult to distinguish realistic visualisations from manipulative ones. This paper presents ways in which observers may acquire a competence in “reading” and assessing visualised windfarms – similar to the critical competence in assessing the validity of media sources. The paper also presents criteria for the different states of the visualisation process – from the context of production, to image processing to modes of presentation. These criteria render pictures more transparent and thus may help observers base their interpretations on sounder reasoning. Drawing on social constructivist theories of landscape interpretation and on extensive experience in conflict moderation, the paper demonstrates how a public planning dialogue, in which contradicting pictures claim validity, may be designed in order to clarify the value of each visualisation for the public.

Keywords  Visual communication – Landscape-impact assessment – Citizen participation – Conflict moderation – Renewable energy


1  Einleitung

Konflikte um den Bau von Windenergieanlagen sind häufig auch Konflikte um Bilder. Unterschiedliche Vorstellungen von Landschaft ringen um Deutungshoheit im öffentlichen Raum. Gegner sowie Befürworter von Projekten erneuerbarer Energien, wie den Bau von Windenergieanlagen, verwenden Bilder, nicht nur um einen Eindruck zu erhalten, wie die Anlagen zukünftig wirken könnten, sondern auch um ihren Positionen Ausdruck zu verleihen. Dennoch ist dieses Thema visueller Darstellungsmodi in der Forschung bis dato kaum bis wenig betrachtet worden (Jenal 2018: 470). In der Beteiligungsforschung gibt es viele Publikationen mit Empfehlungen zur institutionellen Gestaltung von demokratiefördernden Beteiligungsverfahren (Delli Carpini/Lomax Cook/Jacobs 2004: Dietz/Stern 2008; Alcántara/Bach/Kuhn et al. 2016) oder bei sogenannten Energiekonflikten, die sich Fragen der Akzeptanz und Akzeptabilität der Vorhaben widmen (Hübner/Pohl 2015; Reusswig/Braun/Heger et al. 2016; Barth/Ewen/Schütte et al. 2018; Oppermann/Renn 2019; Schmalz 2019), oder unterschiedliche Formen des Protestes genauer anschauen (Marg/Geiges/Butzlaff et al. 2013; Hoeft/Messinger-Zimmer/Zilles 2017; Kühne/Weber 2018).

Die sozialwissenschaftlich orientierte Raumforschung hingegen befasst sich – vor dem Hintergrund zunehmender Polarisierungen in der gesellschaftlichen Auseinandersetzung zur Energiewende – mit unterschiedlichen Deutungen und Konstruktionen von ‚Landschaft‘, die zur Kritik oder Befürwortung des Windenergieausbaus zum Tragen kommen, oder mit unterschiedlichen Ansätzen der Landschaftsbildbewertung in der Raumplanung (Kühne 2013; Jenal 2018; Schmidt/von Gagern/Lachor et al. 2018; Schweiger/Kamlage/Engler 2018). Der Blick über die Forschungsliteratur zeigt jedoch, dass nur sehr wenige Publikationen sich visuellen Medien in der Protestkommunikation widmen (vgl. Jenal 2018; Jenal/Kühne/Weber 2021). Dabei sind gerade diese visuellen Darstellungsformen im „visuellen Zeitalter“ (Reißmann 2019: 46) als Diskursbeiträge besonders bedeutsam in doppelter Hinsicht: als relevantes Medium verdichteter Kommunikation und als Medium, das spezifische Bedeutungen im Planungsdiskurs zu schaffen versucht. Deshalb lohnt es sich, die „Macht der Bilder“ (Jenal/Kühne/Weber 2021) im Planungsdiskurs als Untersuchungsgegenstand genauer zu betrachten. Der vorliegende Beitrag beleuchtet deshalb die Frage, wie unterschiedliche ‚Wirklichkeitskonstruktionen‘ bei konkreten Windenergieplanungen praktisch angegangen und in einen konfliktregulierenden Diskurs eingebunden werden können.

Der Beitrag untersucht, welche Ausprägungen der ‚Bilderstreit‘ bei Windenergieplanungen üblicherweise annimmt, und koppelt praktische Erfahrungen vorrangig aus der Arbeit des baden-württembergischen Landesprojekts „Forum Energiedialog“1 mit theoretischen Ansätzen der sozialkonstruktivistisch inspirierten Planungsforschung. Es wird dargestellt, wie im Rahmen partizipativer und transparenter Erstellungsprozesse zu Visualisierungen von geplanten Windenergieanlagen Wissen und die Fähigkeit zur „Bildkritik“ – analog zur Quellenkritik im Medienjournalismus – gesteigert werden kann. Im Zeitalter leicht gemachter Möglichkeiten zur Manipulation visueller Darstellungen werden Wege aufgezeigt, die dazu beitragen, die Reflexionsfähigkeit und Kritikfähigkeit von Prozessbeobachterinnen und -beobachtern und Entscheiderinnen und Entscheidern zu verbessern. Damit soll erleichtert werden, dass verantwortliche Personenkreise Interpretationskompetenz oder Lese- und Sprechfähigkeit zur Deutung von Bildern erlangen, um mit manipulativen oder tendenziösen Darstellungen bzw. entsprechenden Vorwürfen argumentativ umgehen zu können. Die informativen Grundlagen politischer und planerischer Entscheidungen sollen damit transparenter und die Entscheidungsfindung zum Zwecke einer höheren Prozesslegitimität verbessert werden.

Der Beitrag ist folgendermaßen gegliedert: Zunächst geht es um die Stellung von visuellen Kommunikationsformen: Warum sind visuelle Medien überhaupt von Relevanz und wie wird Wirklichkeit über Bildsprache erzeugt? Dazu werden sozialkonstruktivistische Ansätze aus der sozialwissenschaftlichen Raumforschung herangezogen (Kapitel 2). Im weiteren Verlauf widmet sich der Beitrag Analysekriterien von Visualisierungen, die die Betrachterin und den Betrachter befähigen sollen, reflektiert Bildprodukte zu bewerten. In Kapitel 3 wird kurz dargestellt, welcher Typ an Visualisierung (‚Fotomontagen‘) aus der Bandbreite möglicher Darstellungsformen Gegenstand der vorliegenden Untersuchung ist. In Kapitel 4 werden Gütekriterien für realitätsnahe Darstellungen formuliert und im empirischen Teil des Beitrages (Kapitel 5) Wege skizziert, wie in konkreten Konflikten um Windenergieplanungen die Anlagendarstellung partizipativ und transparent erstellt werden kann. Dabei greifen die Autoren auf langjährige praktische Erfahrungen aus unterschiedlichen Projekten zurück und zeigen schließlich am empirischen Fallbeispiel der Gemeinde Bräunlingen, wie der konfliktregulierende Bilderdialog die Bewertungskompetenzen von Betrachterinnen und Betrachtern zu scheinbar sich widersprechenden Darstellungen eines Windenergievorhabens steigern konnte (Kapitel 6). Kapitel 7 fasst die Ergebnisse für die Praxis und Forschung zusammen.


2  Die (Be‑)Deutung von Bildern in der Planungskommunikation – Sozialkonstruktivistische Grundlagen

Bilder sind ein wesentliches Element in der Verarbeitung und Deutung der Lebenswelt von Menschen. Der Mensch „nimmt ca. 80-90 % seiner Eindrücke visuell wahr“ (Guski 2000: 7). Bilder komprimieren Informationen impliziter und expliziter Natur. Und sie wirken unmittelbarer als textliche Darstellungen.2 Das Sprichwort „Ein Bild sagt mehr als tausend Worte“ bringt die enge Verwobenheit zwischen emotionalem Impuls und kognitiver Verarbeitung, die mit Bildern losgetreten werden, zum Ausdruck. Visuelle Darstellungsformen sind auch deshalb als Forschungsgegenstand relevant, „da massenmedial vermitteltes Geschehen immer weniger ‚logozentriert‘, d. h. Kommunikation als auf Verstehen angelegte Rede bzw. Sprache, und zunehmend ‚ikonozentriert‘, also Kommunikation basierend auf Bildern und Symbolen, erfolgt“ (Jenal/Kühne/Weber 2021: 50).

Bildern von geplanten Windenergieanlagen kommt neben dem emotional-kommunikativen Aspekt auch aufgrund eines weiteren Aspekts eine Bedeutung zu. Windenergieanlagen sind, wie andere große Bauwerke, raumwirksam. Sie entfalten allein aufgrund ihrer Größe Wirkung auf Landschaft, oder genauer, auf die Wahrnehmung von Landschaft (vgl. Schmidt/von Gagern/Lachor et al. 2018). Es sind somit große Bauelemente, die in das physische Landschaftsgefüge integriert werden müssen, was von manchen Menschen als nicht kompatibel mit ihren Landschaftsvorstellungen angesehen wird. Sie verändern das Landschaftserleben derjenigen Menschen, die diesen Raum ohne die Windenergieanlagen gewohnt sind.

2.1  Die soziale Konstruktion landschaftlichen Erlebens

Die soziologisch und insbesondere sozialkonstruktivistisch inspirierte Raumforschung weist uns darauf hin, dass es Landschaft als unabhängigen Gegenstand, als Ding, losgelöst vom Betrachtenden nicht gibt.3 Was als ‚Landschaft‘ begriffen und gesehen wird – dies gilt ganz allgemein für alle materiellen und sozialen Gegenstände gemäß Sozialkonstruktivismus –, ist stets eine Interpretationsleistung und Vorstellung durch den Betrachtenden. Eine objektive, äußerliche Landschaft gibt es nach dieser Forschungsperspektive nicht (vgl. Berger/Luckmann 1977; Kühne 2013; Kühne 2018; Kühne/Weber 2020). Allerdings heißt dies nicht, dass Naturobjekte (die natürlichen physikalischen Gegenstände: Bäume, Gräser mit ihren physischen Eigenschaften) nur Einbildung wären. Auch heißt dies nicht, dass die Interpretation eine rein private Sache darstellt. Ihr sozialer Bedeutungsgehalt wird kulturell vermittelt und durch Diskurse konstruiert (Campbell/Bleiker 2016). Landschaftserleben ist beides: Es ist kulturell geprägt und wird individuell erlebt. Landschaftserleben unterliegt einer kulturellen Prägung, die in Gemeinschaften durch ästhetische Vorstellungen, kulturelle Praktiken und Sozialisation erfolgt und erlernt wird und nicht zuletzt auch rechtlich kodifiziert ist.4 Diese verleihen dem Betrachtenden das kulturell geprägte Interpretationswerkzeug, mit dem er oder sie die Landschaft entschlüsselt („decodiert“; Jenal/Kühne/Weber 2021), was Landschaft eigentlich ist und was gar als ‚schöne‘ oder ‚intakte‘ Landschaft zu gelten hat (z. B. Postkartenmotive).

Landschaft ist demnach eine sozial vermittelte und konstruierte, im Sinne von kulturell geprägte, Wirklichkeit. Der Soziologe Georg Simmel fasste deshalb Landschaft als „Kunstwerk“ auf, wenn er schreibt: „Wo wir wirklich Landschaft und nicht mehr eine Summe einzelner Naturgegenstände sehen, haben wir ein Kunstwerk in statu nascendi“ (Simmel 1996 [1913]: 101). Einzelne Natur- und Kulturelemente werden zu einem größeren Ganzen von der Betrachterin bzw. vom Betrachter zusammengeführt, wobei diese Zusammenführung nach erlernten Schemata abläuft (Schuster 2021), die von der Betrachterin bzw. vom Betrachter soweit verinnerlicht sind, sodass ‚Landschaft‘ als ‚natur‘-gegeben empfunden wird und regelrecht in Fleisch und Blut übergeht. Die kulturelle Prägung der Landschaftsdeutung ist somit gleichzeitig eine Identitätsfrage. Alles Neue, und mit den eigenen gesellschaftspolitischen Wertvorstellungen nicht Vereinbare, wird zunächst als nicht zugehörig, als fremd gesehen und dementsprechend als störend oder bedrängend empfunden (Marg/Hermann/Hambauer et al. 2013). Es wird entweder vehement abgelehnt, wenn es als Bedrohung empfunden wird oder es wird – auf dem Wege der Gewöhnung – in das eigene Landschaftsbild integriert.

Eine negative emotionale Wirkung von Bildern rührt häufig daher, dass mit der wahrgenommenen Veränderung der Landschaft Vertrautheit und Gewöhnung abhandenkommen, was darüber hinaus mit dem Gefühl einer verletzten Heimat und einer beschädigten sicherheitsstiftenden Umgebung einhergehen kann. „Ein Angriff auf so eine verfestigte und identitätsstiftende Erzählung wird von manchen Betroffenen als Angriff ad personam empfunden. Windenergieanlagen und Strommasten werden innerhalb solch einer Narration als Eindringlinge in eine als harmonisch konstruierte Welt gesehen“ (Schweiger/Kamlage/Engler 2018: 434–435). Bilder einer veränderten Landschaft können bei Betrachtenden aber auch zu positiven emotionalen Wirkungen führen – nämlich dann, wenn die abgebildeten Veränderungen bei ihnen entweder bereits positiv belegt sind – oder die Folge einer kognitiven Auseinandersetzung darstellen. Konkret: Der Anblick neu errichteter Windenergieanlagen kann bei Betrachtenden dann positive Emotionen auslösen, wenn der Anblick die positiv belegte Vorstellung stimuliert, dass diese Windräder ja einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Es freut die Betrachtenden, dass ‚ihre‘ Landschaft sichtbar einen Beitrag zum Erreichen eines gesellschaftlich wichtigen Zieles leistet (Renn/Köck/Schweizer et al. 2014: 282).

2.2  Visuelle Darstellungen von Landschaftsveränderung als Diskursbeiträge in der Planungskommunikation

Eine bildliche Darstellung von geplanten Windparks ist zunächst nur ein Beitrag im Rahmen einer Planungskommunikation darüber. Eine Kommunikation zu einem Windpark-Vorhaben – ob lokal, regional oder national – erfolgt auf der Grundlage des Austauschs kommunikativer Akte (Interviews, Facebook-Posts, Artikel in der Presse, Protestmärsche etc.), bei denen es darum geht, Deutungshoheiten bei der Interpretation der Wirklichkeit zu erlangen. Bilddarstellungen sind eingefasst in ein Set an Zeichensystemen, die die Struktur für die Kommunikation bilden. Wenn hier von ‚Zeichen‘ gesprochen wird, dann ist damit gemeint, dass diese Elemente – ob textueller oder visueller Art – auf Differenzierungen verweisen –schön/unschön, eigen/fremd, harmonisch/störend – und durch diese Differenzierung Sinn und Bedeutung schaffen (vgl. Kühne 2013; Jenal 2018).5 Ein Bild ist nicht für sich alleine interpretierbar, sondern muss auch stets im Kontext der einfassenden Kommunikation betrachtet werden.

In der Bildsemiotik wird deshalb auch zwischen der ersten, „abbildlichen“ Darstellungsebene – der Ebene der Denotation – was zeigt das Bild in welcher Anordnung? – und der Ebene der „sinnbildlichen“ Konnotation – welche impliziten Werthaltungen (Ideologien, Werte) werden damit repräsentiert (Barthes 1977: 38–41; Rose 2001: 89; vgl. Jenal 218: 474) unterschieden. Um zu verstehen, was man sieht (oder im Fall des Baus der Anlage sehen würde), ist es wichtig zu wissen, unter welchen Bedingungen ein Bild erstellt wurde. Diese kontextuellen Informationen helfen den Betrachtern, die Bilder reflektierter und aus einer kritischeren Distanz inspizieren und einordnen zu können.

Mit dieser theoretischen Fundierung ist der Rahmen gesetzt, der verständlich macht, warum Bilddarstellungen bei Planungsentscheidungen eine so hohe Relevanz zukommt. Sie sind bedeutsam, da sie Bedeutungen schaffen, nicht nur ein Abbild von Realität darstellen, sondern Realitäten mit konstruieren. Sie sind auch emotional wirkmächtig und, auf einer zweiten Ebene, transportieren Werthaltungen und können damit eine Informationsverarbeitung kanalisieren.

2.3  Gütekriterien der reflexiven Bildbewertung

In diesem Kapitel werden die unterschiedlichen Darstellungsformen und Ausprägungen von Visualisierungen genutzt, um Qualitätskriterien von Bilddarstellungen zu versinnbildlichen. Gleichzeitig wird auf die Machart, das heißt die Rahmenbedingungen in der Erstellung der Bilder eingegangen, die als Kontextinformation die Reflexion und differenzierte Betrachtung unterstützen. Dabei greifen wir in der Planungspraxis und Landschaftsbildbewertung auf bereits beschriebene Gütekriterien bei der Visualisierung oder partizipativen Bildbewertung zurück (Stemmer 2016; Spieker/Wenzel/Brettschneider 2017; Brüning/Buscher/Herth 2021). Nicht alle Gütekriterien, die hier im Beitrag beschrieben werden, werden aus der wissenschaftlichen Literatur hergeleitet. Einige Kriterien und insbesondere die partizipativen Ansätze fußen auf aus der Planungspraxis gewonnenen Erfahrungen und Erkenntnissen der Autoren. Die hier hergeleiteten und begründeten Gütekriterien helfen dabei, einen Referenzkatalog anzubieten, um in der Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Wirklichkeitskonstruktionen der Interessengruppen einen dialogischen common ground zu betreten.

Als empirische Gegenstände wurden einerseits Bildmaterial aus den von den Autoren als Moderatoren betreuten Planungsdialogen zu Windenergieplanungen verwendet. Andererseits dienten auch zu illustrativen Zwecken öffentlich zugängliche Bilder aus vergleichbaren Planungsvorhaben als Untersuchungsgegenstände. Zur Veranschaulichung einzelner Kriterien wurden auch speziell Bilder erstellt. Anhand eines Fallbeispiels – die Behandlung unterschiedlicher Bilddarstellungen zu einem Vorhaben in Bräunlingen – werden sowohl die Machart der unterschiedlichen Darstellungen, die dialogischen Auseinandersetzungen zu den Bildern beschrieben und Äußerungen in kommunalen Entscheidungsgremien zum Bilderdialog präsentiert. Sie zeigen auf, dass mit einem derartigen transparenten und dialogischen Ansatz in der Bilderstellung und Vermittlung die reflexiven Fähigkeiten der Betrachtenden gestärkt werden.

2.4  Mehrwert für die Praxis – Lesekompetenz von Bildern stärken

Beim Betrachten ergibt sich die Schwierigkeit, den Realitätsgehalt der Bilder einschätzen zu können. Die Bilder wirken und auch eigentlich neutral eingestellte Betrachtende können häufig schwer in Worte fassen, warum sie mit Skepsis oder Zustimmung auf die Bilddarstellung reagieren. Hier ist eine Hilfestellung notwendig, um der ‚Verführbarkeit‘ durch Bilder begegnen zu können und die Betrachtenden in ihrer kritischen Mündigkeit zur Bildbewertung zu stärken. Deshalb ist es wichtig, Orientierungsmaßstäbe an die Hand zu geben, um beabsichtigt oder vermeintlich tendenziöse oder gar offensichtliche Falschdarstellungen von realitätsnahen Darstellungen unterscheiden zu können. Informationen beispielsweise zum Erstellungsprozess bieten da Orientierung. Denn den Zuständigen in Bürgermeisterämtern und Gemeinderäten wie auch anderen öffentlich Agierenden ist es in Auseinandersetzungen um Energieanlagen häufig ein Anliegen, die Debatte zu versachlichen. Versachlichen heißt dabei auch, zu erkennen und zu benennen, was realitätsnahe Bilder sind und was nicht. Wenn hier von realitätsnahen Bildern die Rede ist, dann gilt es den hier verwendeten Realitätsbegriff zu definieren.

Wie oben dargestellt, ist das, was als Realität wahrgenommen wird, von der kulturell geprägten Wahrnehmung der Betrachtenden abhängig. Realität im Sinne einer objektiven Realität gibt es bei optischen Eindrücken nicht. Aber es gibt die Möglichkeit der Annährung an konsistente Realitätsdarstellungen und die Verwendung intersubjektiver Deutungen. Wir verwenden hierfür den Begriff der „Realitätsnähe“. Realitätsnahe Bilddarstellungen sind Bilder, die einer diskursiven Kritik6 der Darstellung (Kontext der Aufnahmen, Darstellungstechniken, Referenzen) standhalten und sich bewähren. Unter realitätsnahen Bildern einer zukünftigen Landschaft verstehen wir Visualisierungen, die sich zunächst am menschlichen Sehvermögen und ihrer Lebenswelt ausrichten und darüber hinaus allgemeinen, intersubjektiven Urteilen entsprechen oder ihnen zumindest nahekommen.7 Einem Bild kann der Anspruch auf Realitätsnähe dann kaum verweigert werden, wenn es die unten genannten Kriterien der Bilddarstellung erfüllt. Ein Bild ist dann ein realitätsnahes Bild, wenn es der betrachtenden Allgemeinheit einen vorher nachvollziehbaren und nachher prüfbaren Eindruck zukünftig zu erwartender Zustände vermittelt.

Die im Folgenden untersuchten Bilddarstellungen sind Beispiele, die in Planungsprozessen zu Windenergieanlagen erstellt und in der öffentlichen Kommunikation eingesetzt wurden.


3  Der Einsatz von Visualisierungen in der Planungskommunikation – Stand der Technik

Visualisierung ist der Oberbegriff für die Sichtbarmachung von optisch nicht oder noch nicht wahrnehmbaren Ereignissen, Zuständen oder Objekten. Das reicht von einer einfachen Collage über technisch anspruchsvolle Fotos oder Fotomontagen bis hin zu bewegten dreidimensionalen digitalen und interaktiven Darstellungen (augmented reality). Bei Letzterem können sich nicht nur das Objekt (die Windräder drehen sich) und der Sonnenstand, sondern auch der Beobachter kann den Standort beliebig im Raum verändern (Spieker/Wenzel/Brettschneider 2017: 20).8

Im Folgenden wird der Begriff „Visualisierung“ ausschließlich für digitale Fotomontagen verwendet, die heutzutage angewendet werden. Dazu werden die Ansichten geplanter Anlagen in Fotografien am PC maßstabsgerecht und standortgenau hineinmontiert. Ähnlich dieser ‚klassischen Fotomontage‘ werden auch sogenannte bildbasierte 3D-Foto-Simulationen erstellt. Hierbei wird anstatt eines Fotos der Anlage ein mithilfe eines Zeichenprogramms erstelltes Abbild der Anlage in das Umgebungsbild gesetzt, die darüber hinaus für Videoanwendungen noch animiert werden kann (z. B. sich drehende Rotoren).

Stand der Technik ist mittlerweile die Erstellung von Fotomontagen „auf Basis georeferenzierter Gelände- und Objektdaten“ (Spieker/Wenzel/Brettschneider 2017: 31). Hier stellen eine digitale Geländevermessung und Objektberechnung sicher, dass die Anlagen in Lage und Größe exakt dargestellt werden. Eine einfache, allerdings ungenauere Vorgehensweise, ist die Einblendung von Anlagenfotos in die 3D-Darstellung vom entsprechenden Blickpunkt aus in Google-Earth.9

Je fortgeschrittener die Planung, desto leichter sind realitätsnahe Visualisierungen möglich. Befindet man sich noch in frühen Phasen der Flächennutzungsplanung zur Ausweisung von Vorrangflächen, ohne dass bereits konkrete Pläne eines Vorhabenträgers vorliegen, so können Visualisierungen zumindest dabei helfen, die Bandbreite möglicher Landschaftsveränderungen aufzuzeigen (Kauling/Taeger/Sondershaus et al. 2021). In der Vorplanung sind die konkreten Standorte der Anlagen, mögliche Anzahl, die konkreten Ausmaße (z. B. Höhe) und der konkrete Typ der Anlage oft noch nicht festgelegt. Wichtig ist daher, dass in der Kommunikation über Visualisierungen zwischen dem, was zur jeweiligen Planungsphase bekannt, und dem, was noch unsicher ist, unterschieden wird.


4  Kriterien realitätsnaher Darstellungen

Es wird einem einzelnen Foto vermutlich nie gelingen, die Bandbreite aller plausiblen Eindrücke realitätsnah einzufangen. Es gibt tausende Orte, von denen man Fotos derselben Landschaft aufnehmen kann. Es gibt eben so viele Wetter- und Lichtbedingungen, die bei den Betrachtenden jeweils zu unterschiedlichen Wirkungen führen können. Die zentrale Herausforderung der Herstellung realitätsnaher Darstellungen von zukünftigen Windenergieanlagen besteht daher primär darin, die Auswahl der plausiblen Visualisierungen so zu treffen, dass ohne qualitative Abstriche nach dem Stand der Technik alle für die eingebundenen Akteure (in Entscheidungsgremien, Unternehmen, Behörden sowie Betroffene) wichtigen Blickachsen und -punkte berücksichtigt und bei typischen Lichtbedingungen dargestellt werden.

Realitätsnahe Visualisierungen von Windenergieanlagen sind bildliche Darstellungen, die den optischen Eindrücken gleichen, die eine Beobachterin bzw. ein Beobachter vermutlich haben wird, wenn die gebauten Anlagen in der Landschaft zu sehen sind. Um diesem Anspruch gerecht werden zu können, sind folgende Aspekte zu berücksichtigen.

4.1  Technische und fototechnische Anforderungen
1. 
Die visualisierten Anlagen sollten maßstabsgerecht in die Landschaft ‚montiert‘ sein (vgl. Abbildung 1).
In Abbildung 1 wurde das Bild oben von der örtlichen Bürgerinitiative gegen das Projekt erstellt. Das Bild unten wurde nach Angaben des Vorhabenträgers mithilfe georeferenzierter Daten erstellt.
2. 
Die Visualisierung sollte die Anlagen so darstellen, dass die Anzahl und, sofern möglich, auch die Lage der Anlagen mit dem jeweiligen Planungsstand übereinstimmen. Gerade in frühen Planungsphasen arbeiten Kritikerinnen und Kritiker mit der maximal auf eine Fläche passenden Anzahl an Anlagen, Betreiber eher mit zurückhaltenden Annahmen (Kauling/Taeger/Sondershaus et al. 2021: 82).
In Abbildung 2 zeigt das linke Bild die Visualisierung des Windparks Hasel in der frühen Planungsphase. In der öffentlichen Auseinandersetzung vor Ort erschien auch das Bild auf der rechten Seite. Hier kontrastieren die Anlagen aufgrund der unterschiedlichen Einfärbungen (helle Windenergieanlagen vor dunklem Hintergrund und dunkle Windenergieanlagen vor eher hellem Hintergrund) stärker.
Die Visualisierungen sollten sich auf Fotos stützen, die von Blickpunkten aus aufgenommen werden, die relevante Sichtbeziehungen für viele Menschen vor Ort widerspiegeln. Das kann beispielsweise der Blick vom nahe liegenden Siedlungsrand sein. Das kann aber ebenso der Blick von einem markanten Geländepunkt (z. B. Marktplatz oder zentraler Wanderweg) oder der Blick auf ein besonders beliebtes oder touristisch oft angesteuertes Motiv (Postkartenmotiv) sein. Die Wahl eines Blickpunktes, der in der Realität sehr selten von Menschen eingenommen wird, aber technisch möglich wäre, kann ein Indiz für eine gezielt einseitige Visualisierung sein.
3. 
Die für eine Visualisierung verwendeten Fotos sollten von Blickpunkten aus gemacht sein, von denen man die fraglichen Anlagen tatsächlich auch sieht. Genehmigungsbehörden verlangen im Rahmen von Genehmigungsverfahren in jüngerer Zeit von Antragstellern verstärkt derartige Ansichten – sogenannte GIS-basierte Sichtbarkeitskarten (vgl. Schmidt/von Gagern/Lachor et al. 2018: 72).
4. 
Neben der Relevanz der Blickpunkte hat auch die Entfernung, von der aus auf die Windenergieanlagen geblickt wird, einen Einfluss auf die Wahrnehmung der Anlagen. Aus relativ kurzer Entfernung betrachtete Anlagen wirken aufgrund ihrer Höhe und Größe bedrohlicher als dieselben Anlagen aus großer Entfernung. Die Erfahrungen des „Forum Energiedialog“ zeigen, dass Entfernungen von 300 Meter und weniger meist nur von Wanderwegen aus für vereinzelte Blickpunkte aus in Betracht kommen. Übliche Abstände, beispielsweise aus geschlossener Wohnbebauung, liegen meist bei einer Entfernung von etwa einem Kilometer oder mehr. Blickpunkte im Abstand von bis zu fünf Kilometern sind typische Entfernungen, wenn das Interesse eher auf den Gesamteindruck der Anlagen im Landschaftsbild gerichtet ist. Blickpunkte mit einem noch größeren Abstand führen dazu, dass die Anlagen immer weniger wahrnehmbar werden.
5. 
Fotos von Blickpunkten sollten für Visualisierungen aus der Perspektive aufgenommen werden, wie sie ein stehender Betrachter einnimmt – also weder aus der Perspektive einer hoch schwebenden Drohne (Vogelperspektive) noch aus kniender oder liegender Position (Froschperspektive).
Neben der Wahl der richtigen Blickpunkte sollten Visualisierungen technisch so umgesetzt werden, dass sie möglichst dem menschlichen Sehen entsprechen.
6. 
Bezüglich der Tiefenschärfe ergibt sich eine besondere Herausforderung. Üblicherweise fokussieren Menschen beim bewussten Sehen eher auf einen Punkt (z. B. die Windenergieanlage) und nehmen die Umgebung nur schemenhaft oder unscharf wahr. Deshalb entsprechen tiefenscharfe Fotos (also von vorne bis hinten und auch über die ganze Bildbreite scharfe Fotos) nicht dem, wie der menschliche Blick die Umgebung wahrnimmt. Weil der Blick aber über die Landschaft wandert und daran gewohnt ist, nahezu jeden Bereich seines Blickfelds nach eigenem Wunsch scharf fokussieren zu können, würde ein Foto, welches nur einen bestimmten (und vom Visualisierenden ausgewählten) Bereich scharf abbildet, die Bildinterpretation im Vorhinein zu prägen versuchen. Daher sollte die Visualisierung alle Objekte auf dem Bild scharf abbilden, auch wenn dies nicht dem üblichen Sehen entspricht.
7. 
Fotos für Visualisierungen sollten einen Ausschnitt abbilden, der dem Blickwinkel des menschlichen Sehens nahekommt. Dies wird am besten durch die Wahl einer Objektiv-Brennweite von etwa 50 mm (äquivalent KB10) erreicht. Die Verwendung von Objektivbrennweiten, die davon abweichen, führen entweder zu Vergrößerungs- (starkes Teleobjektiv) oder Verkleinerungseffekten (starkes Weitwinkelobjektiv).
Abbildung 3 stellt technisch unterschiedlich realisierte Abbildungen von Landschaft exemplarisch nebeneinander. Bei allen Fotos wurde dieselbe einzelne Windenergieanlage in die Bildmitte gestellt. Aufgenommen wurde von sechs verschiedenen Standorten in unterschiedlichen Abständen (zwischen 80 m und 5.000 m) mit jeweils unterschiedlichen Objektivbrennweiten (17 mm bis 200 mm). Um Effekte aufgrund unterschiedlicher Beleuchtung (Sonnenstand und -winkel) möglichst gering zu halten, befinden sich alle Standorte auf einer direkten Linie in derselben Himmelsrichtung zur Windenergieanlage.
Abbildung 4 zeigt den Einfluss unterschiedlicher Objektiv-Brennweiten auf die Wahrnehmung der Dimension einer Anlage. Alle drei Fotos sind vom selben Standort aufgenommen, das linke Bild mit einem Weitwinkelobjektiv (24 mm äquivalent KB) und das rechte Foto mit einem leichten Teleobjektiv (105 mm äquivalent KB). Das mittlere Bild wurde mit einem Normalobjektiv (50 mm äquivalent KB) fotografiert, welches dem menschlichen Sehen am nächsten kommt.
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Abbildung 1  Unterschiedliche Maßstäbe bei der Montage von Windenergieanlagen in das Landschaftsbild (Nach Angaben der Ersteller lagen die damalig geplanten Windenergieanlagen – Typ Enercon mit Nabenhöhe von 149 Metern – in einer mittleren Entfernung von rund 4,3 km)
Quelle: http://www.op-marburg.de/Marburg/Windkraft-Neue-Visualisierung-gibt-anderes-Bild (28.09.2021). Oberes Bild: Foto von © Heinrich Stürzl, Wikimedia, CC BY-SA‑3 4.0. Montage oben: Stephan Muth i.A. der Bürgerinitiative Windkraft Görzhausen; Unteres Bild: Foto und Montage von Bioplan i.A. von Krug-Energy

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Abbildung 2  Unterschiedliche Anzahl von Windenergieanlagen in der Bildmontage
Quelle: Abbildung links: © Lenné3D GmbH, Abbildung rechts: © zVg (Foto: Markgräfler Tagblatt) unter: https://www.verlagshaus-jaumann.de/inhalt.schopfheim-windkraftgegner-unsere-groesse-stimmt.c1636008-1c5a-429c-9c4a-681fef725497.html (28.09.2021)

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Abbildung 3  Auswirkungen von Brennweite und Abstand auf Bildausschnitt und Größenwirkung
Quelle: Fotos © Rainer Carius

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Abbildung 4  Einfluss von Brennweite auf die Wahrnehmung der Dimension von Anlagen
Quelle: Fotos © Rainer Carius

4.2  Die Berücksichtigung unterschiedlicher Licht- und Wetterverhältnisse

Wenn für eine Visualisierung Fotos der Anlage und der Umgebung überlagert werden, sollten die Aufnahmen unter möglichst ähnlichen Lichtverhältnissen, das heißt beispielsweise möglichst bei gleichem Sonnenstand erfolgen. Würde dies versäumt, wären irritierende Schattenwürfe zu erkennen.

In einigen Dialogprozessen begegnet man auch Fotomontagen von professionellen Gutachterbüros, auf denen die Schattenwürfe offensichtlich nicht passend dargestellt wurden. Die montierten Anlagen werden beispielsweise frontal in der Sichtachse des Bildbetrachters bzw. der Bildbetrachterin angeschienen, während die Schattenwürfe größerer Referenzobjekte auf dem Bild (z. B. Bäume, Häuser) in eine andere Richtung zeigen. Diskrepante Schattenwürfe zwischen montierten Anlagen und den sie einfassenden Objekten in der Umgebung führen zu einer Hervorhebung der visualisierten Anlagen. Sie erscheinen dann unnatürlich und können so noch stärker als ‚Fremdkörper‘ im visualisierten Bild wahrgenommen werden. Abbildung 5 zeigt ein Beispiel einer Fotomontage mit diskrepanten Schattenwürfen zwischen visualisierten Anlagen und anderen Referenzobjekten auf dem Bild.11 Wie im Vergleich der Schattenwürfe zu sehen ist, werden die zwei dargestellten Windenergieanlagen von einem Sonnenstand links vom Betrachtungspunkt beschienen – identifizierbar an den hellen Stellen am Mast und den Schattenwürfen der Gondeln und der Rotorblätter –, wohingegen der Sonnenstand der Realaufnahme eine Situation darstellt mit einem Sonnenstand rechts – zu sehen an den Schattenwürfen der Bäume.
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Abbildung 5 Inkonsistente Schattenwürfe bei visualisierten Anlagen (Das Bild wurde von den Autoren zur Exemplifizierung in Auftrag gegeben und dankenswerterweise zur Verfügung gestellt)
Quelle: © Lenne3d GmbH

Auch unterschiedliche Wetterverhältnisse zum Zeitpunkt der Aufnahmen können die Wahrnehmung der abgelichteten Landschaft beeinflussen. So führen beispielsweise der Sonnenstand, die Bewölkung am Horizont, Form und Farbe der Bewölkung, Luftfeuchtigkeit oder Niederschläge zu unterschiedlichen Wahrnehmungen der geplanten Anlagen. Fotos, welche bedrohlich wirkende Gewitterbewölkungen oder prachtvolle Sonnenuntergangsstimmungen zusammen mit Windenergieanlagen zeigen, sind Beispiele dafür, dass Wetterbedingungen die Wahrnehmung der Anlagen beeinflussen können.12 Hell gefärbte Masten von Windanlagen können vor diesigem Horizont mit Schleierwolken oder in Schneelandschaften optisch nahezu verschwinden, da sie mit der Umgebung kaum noch kontrastieren (Brüning/Buscher/Herth 2021: 49). Dass durch solche Visualisierungen die Anlagen als weniger auffallend und als weniger störend empfunden werden könnten, liegt auf der Hand. Seltene Wetterbedingungen, wie etwa tiefhängende Wolken, Nebel oder starke Kontraste aufgrund dunkler Wolken und einer tief einstrahlenden Sonne können dazu beitragen, dass die Anlagen eher romantisierend oder auch dramatisierend wahrgenommen werden.

Nach unserem Dafürhalten bekommt man informative Bilder, wenn für die Visualisierung Fotos verwendet werden, die die Anlagen bei Licht- und Wetterbedingungen zeigen, die in der jeweiligen Region meistens und typischerweise vorherrschen und am Tag auch für einen längeren Zeitraum andauern. Um einen Eindruck von der Bandbreite der optischen Wirkung zu unterschiedlichen Zeiten zu geben, können Visualisierungen von denselben Blickpunkten bei unterschiedlichen Uhrzeiten (Sonnenstand) ergänzt werden (vgl. Abbildung 6). Die Fotos in Abbildung 6 wurden vom selben Standort aufgenommen und zwischen ihrer Aufnahme lagen nur wenige Stunden. Eine Lichtsituation wie beispielsweise starkes Streiflicht, welches aufgrund einer tief stehenden untergehenden Sonne lange Schatten und ein warmes Licht wirft, mögen sich für besondere visuelle Effekte eignen, kommen aber nur selten und kurzzeitig vor.
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Abbildung 6 Unterschiedliche Wetter- und Lichtbedingungen beeinflussen die Wahrnehmung von Landschaft (alle Aufnahmen vom 13.06.2020, v.o.n.u.: 7:27 Uhr, 19:31 Uhr und 20:11 Uhr)
Quelle: Fotos © Rainer Carius

Grundsätzlich besteht zwar die Möglichkeit, für einzelne Regionen Häufigkeiten bestimmter Wetterlagen zu ermitteln. Diese Häufigkeitsangaben könnten daher auch prinzipiell dazu dienen, die lokal typischerweise vorherrschenden Licht- und Wetterbedingungen zu bestimmen. Allerdings hat sich die Hoffnung, eine typische Licht- und Wettersituation für eine bestimmte Region aus den Wetterdaten bestimmen zu können, in der Praxis nicht erfüllt. Sinnvoller und repräsentativer sind Varianzen in den Darstellungen, zu unterschiedlichen Jahres- und Tageszeiten.

4.3  Gibt es Hinweise auf realitätsferne Visualisierungen?
Eine realitätsnahe Visualisierung von einer realititätsfernen zu unterscheiden, ist weder einfach noch eindeutig möglich. Insbesondere aufgrund der sich stetig verbessernden digitalen Bildbearbeitungsprogramme sind Fotos leicht zu vervielfältigen und schnell zu manipulieren, ohne dass bei der Bildbetrachtung Spuren davon erkennbar blieben.13 Dennoch sind nicht alle anzutreffenden Visualisierungen immer auf dem höchsten Stand der Technik, sodass Hinweise gegeben werden können, die auf eine absichtliche oder unabsichtliche realitätsverzerrende oder zumindest realitätsferne Visualisierung hindeuten.
1. 
Wird die Visualisierung in einem frühen Planungsstadium eingesetzt, so sollte textlich ergänzend erwähnt sein, ob hier ein minimales oder maximales Ausbauszenario visualisiert wurde. Fehlt diese textliche Ergänzung, besteht der Verdacht, dass mit der Visualisierung eher verharmlost oder übertrieben werden soll.
2. 
Eine Manipulation der Größenverhältnisse kann man vielleicht intuitiv („Bauchgefühl“) erahnen. Seltener kommt es vor, dass bekannte Längenangaben (wie z. B. der drei Meter hohe rote Farbring14 am Mast) offensichtlich nicht mit den visualisierten Größenverhältnissen übereinstimmen und – wie hier – doppelt eingezeichnet wurden, vermutlich um die Existenz der Anlagen noch deutlicher hervorzuheben (vgl. Abbildung 7).
3. 
Letztlich kann ein Verdacht auf eine Manipulation aber nur erhärtet werden, wenn man die Visualisierung von einem professionellen Büro von derselben Stelle aus wiederholen lässt. Da dieser Weg in der Realität nur selten begangen wird, können Referenzen des Visualisierungsbüros Hinweise auf eine qualitativ hochwertige Arbeitsweise des Büros geben.
4. 
Ein weiteres Indiz für eine professionelle Erstellung ist die Angabe relevanter Informationen zur Visualisierung. GPS-Daten des Aufnahmestandpunktes, Angaben über die Brennweite im KB-äquivalent, Entfernung, Standort, Aufnahmezeitpunkt und Typ der Anlage sollten bereitgestellt werden. Zusätzliche Bildinformationen wie Kameratyp und Aufnahmeformat sind dagegen nicht unbedingt erforderlich. Mithilfe umfassender Informationen lassen sich Bilder leicht nachstellen und überprüfen und sind ein wichtiger Beitrag für eine transparente Bilderstellung (vgl. Abbildung 8).
5. 
Um eine angemessene Bandbreite der unterschiedlichen Wirkungen aufgrund unterschiedlicher Wetter, Jahreszeiten, Blickpunkte oder Entfernungen zu zeigen, sollten möglichst mehrere Visualisierungen erstellt werden. Damit die Auswahl nicht willkürlich oder in einseitigem Interesse des Erstellers erfolgt, sollte das Bemühen um die Erstellung mehrerer Varianten deutlich werden. Die Anzahl der sinnvoll zu erstellenden Visualisierungen hängt von der jeweiligen Planungsphase, den Gegebenheiten vor Ort und dem Informationsbedarf der betreffenden Ortschaften ab. So kann es beispielsweise für großflächige Flächenausweisungen in einem Regionalplan oder Flächennutzungsplan bzw. in einem frühen Stadium der Standortplanung wertvoll sein, viele Visualisierungen zu erstellen (über 20). Bei anderen Gegebenheiten können auch deutlich weniger Visualisierungen von relevanten Punkten bereits ausreichend sein. Grundsätzlich gilt: lieber weniger Visualisierungen, dafür aber in hoher Qualität. Die Anzahl der Visualisierungen kann sich an folgenden Kriterien orientieren:
– 
Die Blickpunkte (Entfernungen und Sichtachsen), von denen aus die Visualisierungen erstellt werden, sollten gut zu begründen sein (z. B. häufig frequentierte Erholungs- und Betrachtungsorte, zahlreiche Wohnungen in der direkten Nähe, partizipativ mit Betroffenen festgelegte Blickpunkte).
– 
Für einen ausgewählten Standort kann die Lichtwirkung in mehreren Varianten dargestellt werden (morgens, mittags, abends – mit bewölktem und wolkenfreiem Himmel).
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Abbildung 7 Visualisierungen Windpark Fichtenau: Farbringe markant unterschiedlich
Quelle: oberes Bild: © EnBW, unteres Bild: https://www.swp.de/suedwesten/landkreise/lk-schwaebisch-hall/enbw-legt-visualisierung-fuer-windpark-fichtenau-vor_-die-fuer-klarheit-sorgen-soll-20825793.html (ursprünglich abgerufen am 20.06.2020, Seite nicht mehr abrufbar)

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Abbildung 8 Beispiel umfassender begleitender Bildinformationen – Gemeinde Rangendingen


5  Bilder in den Dialog bringen: Bilderstellung und Bildpräsentation kommunikativ begleiten

Das Landesprojekt „Forum Energiedialog“ hat in mehreren kommunalen Projekten zu einem transparenten und nachvollziehbaren Erstellungs- bzw. Bewertungsprozess von Fotomontagen beigetragen. Durch dialogische Einbindung von Entscheidungsträgern (Gemeinderätinnen und Gemeinderäte) und der lokalen Bevölkerung bereits bei der Auswahl von Blickpunkten, Sichtachsen der Fotomontagen und Wetterlagen wurde sowohl das Interesse an den Visualisierungen als auch deren Glaubwürdigkeit verbessert (Roßnagel/Birzle-Harder/Ewen et al. 2016; vgl. Moczek/Stemmer/Röttger et al. 2021: 103).

5.1  Zielsetzung und Rahmenbedingungen
Zunächst wird die Zielsetzung für die Verwendung der angestrebten Visualisierungen mit den kommunalen Vertreterinnen und Vertretern besprochen. In der Frühphase der Planung sind Vorhaben bei Flächennutzungsplanungen häufig noch nicht ausreichend konkretisiert. Das Forum Energiedialog bietet den Kommunen an, sie bei der Festlegung von Kriterien für Darstellungen der Anlagen zu unterstützen. Die Kriterien orientierten sich an den folgenden Aspekten:
1. 
Anzahl der Anlagen: Wenn es aufgrund der frühen Planungsphase noch keine Festlegungen des Projektierers gibt, können hier Minimal- und Maximal-Szenarien abgebildet werden. Maßgeblich hierfür sind die Größe der geplanten bzw. ausgewiesenen Konzentrationszonen bzw. der Bebauungspläne sowie bei fehlenden Ausweisungen die zur Diskussion stehenden Pachtflächen.
2. 
Größe der Anlagen: Bei Windenergieanlagen gibt es einen aktuellen Stand der Anlagentechnik. Bei Schwachwindanlagen zeigt die aktuelle neueste Generation Nabenhöhen bis zu 170 Metern und eine Flügellänge von 70 Metern. Wichtig ist deutlich zu machen, dass die Visualisierungen nur für den aktuellen Planungsstand gelten.
3. 
Der genaue Anlagentyp, also beispielsweise die Frage, welchen Hersteller für Windenergieanlagen man unterstellt, spielt für die Visualisierung nur eine untergeordnete Rolle.
5.2  Partizipatives Vorgehen bei der Auswahl der Ausgangsbedingungen

Anhand von Sichtbarkeitskarten wird von einem professionellen Visualisierungsbüro aus Kostengründen zunächst eine begrenzte Anzahl an Visualisierungsstandorten – idealerweise in unterschiedlichen Abständen zu den geplanten Anlagen – vorgeschlagen. Die Abstände sollten sich im Bereich von 300 m bis 5.000 m bewegen und wie oben erwähnt, von den konkreten Gegebenheiten vor Ort abhängen. Gleichzeitig schlägt das Visualisierungsbüro Termine und Wetterbedingungen vor, bei denen die Fotos aufgenommen werden sollen. Die Beauftragung eines in der Nähe ansässigen Fotografen erhöht die Wahrscheinlichkeit, Fotoaufnahmen bei den gewünschten Wetterbedingungen machen zu können.

Diese Vorschläge für Blickorte und Wetterbedingungen können dann von den Betroffenen – gegebenenfalls auch im Rahmen einer gemeinsamen Begehung – überprüft, diskutiert und bei Bedarf durch Alternativen ersetzt oder, je nach Auftragsbudget, ergänzt werden. Es hat sich bewährt, dass sich das Visualisierungsbüro der Kommune vorab vorstellt und allgemeine Informationen zum Vorgehen und den Rahmenbedingungen zur Erstellung der Visualisierungen informiert und für Auskünfte zur Verfügung steht.


6  Das Beispiel Bräunlingen

In der Gemeinde Bräunlingen in Baden-Württemberg kursierten unterschiedliche Visualisierungen eines geplanten Windparks. Der Projektierer, aber auch eine lokale Bürgerinitiative gegen das Vorhaben, hatten die geplanten Anlagen in Fotomontagen von beauftragten Dienstleistern ins Bild setzen lassen.

Abbildung 9 zeigt zwei Visualisierungen von einem annähernd gleichen Blickpunkt (Laterne als Referenzobjekt in beiden Fotomontagen mit rotem Kreis gekennzeichnet) auf der Grundlage von zwei Fotos mit einer angegebenen fast identischen Brennweite von 50mm (47 mm für das obere Bild, 50 mm für das untere). Dennoch unterscheiden sich die Bilder in ihrer Wirkung aufgrund ihrer Machart und der Gestaltung der montierten Anlagen erheblich.
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Abbildung 9 Visualisierung der Projektierer und der Bürgerinitiative im Vergleich
Quelle: Bild oben: Visualisierung im Auftrag des Projektierers (DGE Wind GmbH), Info-Broschüre der Stadt Bräunlingen zum Bürgerentscheid; Bild unten: Visualisierungen im Auftrag der Bürgerinitiative Pro Landschaftserhalt, ebenfalls Info-Broschüre der Stadt Bräunlingen zum Bürgerentscheid; vgl. https://www.braeunlingen.de/fileadmin/BENUTZERDATEN/Aktuelles/Neuigkeiten/Windkraft/Infobroschuero_Buergerentscheid_Windkraft.pdf (29.09.2021)

Warum auf dem Bild der Bürgerinitiative alle sieben der geplanten Anlagen zu sehen sind und auf dem Bild des vom Projektierer beauftragten Büros nur fünf, verdeutlicht Abbildung 10, die auf der Basis eines digitalen Gelände- und Höhenmodells erstellt worden ist. Sie zeigt, dass zwei der geplanten Anlagen in der Visualisierung des Projektierers bei der Wahl des Blickpunkts einmal durch ein Gebäude (links) und ein anderes Mal durch die Topographie (rechts) verdeckt sind (mit roten Pfeilen markiert).
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Abbildung 10 Skizze mit Positionierung der geplanten Anlagen zur Visualisierung
Quelle: Ramboll Cube GmbH, Gutachten: Visualisierung für sieben Windenergieanlagen am Standort Bräunlingen. ©Ramboll Cube GmbH, Verwendung mit freundlicher Genehmigung des Urhebers

Das Bild des von der Bürgerinitiative in Auftrag gegebenen Büros ist zu einem späteren Zeitpunkt im Planungsverlauf und im Sommer bei einem hohen Sonnenstand aufgenommen worden. Der Schattenwurf an den Häusern berücksichtigt eine rechts stehende Sonne, während der Schattenwurf an den Windenergieanlagen eine links stehende Sonne vorsieht, was auf eine nicht adäquate Bilddarstellung hinweist.

Bei der Gestaltung der hineinmontierten Windenergieanlagen ist die in beiden Bildern unterschiedliche Rotorenausrichtung offensichtlich. Für beide Ausrichtungen gibt es gute Gründe: Die Visualisierung der gegnerischen Bürgerinitiative wählt eine frontale Ausrichtung zum Betrachter, um damit die Situation darzustellen, die die größte optische Belastung für den Betrachter zeigen (Worst-case-Annahme). Die Projektplaner entscheiden sich dagegen für die geringstmögliche optische Beeinträchtigung und zeigen die Rotoren von der Seite. Diese Lage entspricht gleichzeitig auch der zu erwartenden Hauptwindrichtung.

Bei der Farbgebung sind die Anlagen in der Darstellung der Bürgerinitiative grau, jene des Projektierers in weißem Ton gehalten. Die gräuliche Einfärbung einschließlich der roten Farbringe führen zu einer höheren Kontrastierung und damit stärkeren Wahrnehmung. Die weiße Farbgebung hingegen lässt die Anlagen deutlich weniger stark hervortreten. Auch die schlankere Darstellung von Turm und Gondel gegenüber jener der Bürgerinitiative lassen die dargestellten Anlagen weniger auffällig und damit weniger störend erscheinen.

Die unterschiedlichen Darstellungen machte das Forum Energiedialog in mehreren Informationsveranstaltungen neben anderen Themen explizit zum Gegenstand der Diskussion. Im Rahmen einer Informationsveranstaltung hatten die beiden Büros Gelegenheit, die Machart und Grundlagen der Bilddarstellung zu präsentieren und mit positiv, aber auch kritisch eingestellten Interessierten in einem moderierten Dialog zu diskutieren. Auf beiden Seiten konnten kritikwürdige Punkte festgehalten werden. Als besonders wichtig erwies sich die Beobachtung, dass kommunale Entscheidungsträger (Gemeinderätinnen und Gemeinderäte) und Interessierte neue Erkenntnisse zur Bilderstellung gewinnen und so ihre Bildverständniskompetenz stärken konnten: „Die wichtigste Erkenntnis für mich war heute die Interpretation der Visualisierungen“, sagte ein Gemeinderat. „So gegensätzlich sie uns am Anfang auch erschienen, jede Visualisierung hat seine [sic] Vor- und Nachteile. Ich konnte jetzt wirklich feststellen, wo die Unterschiede liegen und wie man sie interpretieren kann.“15

Darüber hinaus bewährte sich, die erstellten Visualisierungen und dazugehörigen wesentlichen Informationen (Bilddokumentation) für die Öffentlichkeit leicht zugänglich zu veröffentlichen und eine möglichst breite Streuung zu erreichen. Dazu gab es eine Veröffentlichung auf der kommunalen Internetseite, eine Ausstellung im Rathaus sowie eine Vorstellung und Verbreitung im Rahmen passender Veranstaltungen. Erforderliche Hinweise und Erklärungen zu den Fotomontagen wurden in verständlicher Sprache ergänzt. Gemeinsam wurden einzelne Aufnahmen ausgewählt, die für die Veröffentlichung an die Presse gegeben wurden.

Im Hinblick auf den angestrebten Informationsgewinn durch visuelle Darstellungen kommt es mehr auf einen sachlichen Dialog und weniger auf technisch hochkomplexe und teure digitale Welten an (Roßnagel/Birzle-Harder/Ewen et al. 2016: 244–246). Sogar technisch einfache Fotomontagen können ausreichen, wenn der Prozess ihrer Erstellung transparent gemacht und allparteilich begleitet wird.


7  Schlussbemerkung

Bilder wirken und sie bleiben hängen! Wie im Beitrag beschrieben, sind Visualisierungen äußerst starke Elemente im Dialogarsenal der Akteure. Über Bilder versuchen Akteurgruppen ihre Sicht der Wirklichkeit darzustellen und in die Öffentlichkeit zu transportieren. Basierend auf den Erkenntnissen des Sozialkonstruktivismus konnte gezeigt werden, dass Wirklichkeitskonstruktionen via Bilddarstellungen emotional und kognitiv wirkmächtig sind. Da für viele Menschen die Wirkung von Windenergieanlagen in der Landschaft ein maßgebliches Kriterium für ihre Meinungsbildung ist, reicht eine technisch sorgfältig erstellte Visualisierung allein nicht aus. Zusätzlich ist vorab ein partizipativer Prozess mit den Betroffenen vor Ort erforderlich, der Blickpunkte und Rahmenbedingungen für Visualisierungen einvernehmlich festlegt. Nur so kann eine höhere Glaubwürdigkeit dessen, was auf die Menschen zukommt, erzielt werden.

Im Beitrag wurden wesentliche Kriterien für eine transparente Bilderstellung vorgeschlagen und Rahmenbedingungen für möglichst repräsentative und realitätsnahe Darstellungen formuliert, die auch in der Beteiligungspraxis zu anderen Großvorhaben Anwendung finden können. Zudem wurden Wege aufgezeigt, wie unterschiedliche Wirklichkeitskonstruktionen in einen zielorientierten Bilderdialog überführt werden können.

Der Beitrag konnte aufzeigen, wie trotz unterschiedlichen Darstellungen über die Referenz von Güte- und Transparenzkriterien in der Bilderstellung und Darstellung Betrachterinnen und Betrachter informierter mit dem Material umgehen konnten. An den Reaktionen von kommunalen Entscheidungsträgerinnen und -trägern war ersichtlich, dass damit die ‚Lesekompetenz‘ von Bildern und schließlich die Entscheidungskompetenz dieser Akteure gestützt werden konnte. Allerdings – und hier liegen die Grenzen der vorliegenden Praxisstudie – wurden in diesem Beitrag keine weitergehenden Rezeptionsprozesse von Kritikerinnen/Kritikern oder anderen Akteuren beleuchtet. Unbeantwortet bleibt die Frage: Wie wurden die kritischen Würdigungen von Bildbeiträgen bei unterschiedlichen Interessengruppen aufgenommen?

Für die Partizipationsforschung ergeben sich demnach weitere Forschungsperspektiven, die auf der Grundlage dieses Beitrags weiterverfolgt werden können. Mehrwert böten Studien, die die aktive Aneignung, Aushandlung und etwaige Zurückweisung von Bildbeiträgen und die Mechanismen von Rezeptionsprozessen von Bilddarstellungen im Allgemeinen in unterschiedlichen Funktionsgruppen (Verwaltung, Politik etc.) und bei unterschiedlichen Akteurgruppen (kritischen Bürgerinitiativen, nicht organisierten Gruppen) vertiefter untersuchen (vgl. Roßnagel/Birzle-Harder/Ewen et al. 2016; Stemmer/Bernstein/Kaußen et al. 2020; Moczek/Stemmer/Röttger et al. 2021). Neben der Differenzierung von Rezeptionsprozessen bei unterschiedlichen Akteurgruppen wären Differenzierungen nach unterschiedlichen Landschaftsräumen in der Bildbewertung, in denen gegebenenfalls unterschiedliche Landschaftstyp-Vorstellungen (urbane Räume, Industrielandschaften, spezifische Kulturlandschaften) prägsam sind, für die Beteiligungsforschung von Erkenntnisinteresse (vgl. Moczek/Stemmer/Röttger et al. 2021). Schließlich sollte die Partizipationsforschung allgemein ein stärkeres Gewicht dem Zusammenspiel unterschiedlicher Kommunikationsmedien in Planungsdiskursen widmen, die im Zeitalter der neuen Medien weiter an Relevanz gewinnen werden.


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Fußnoten

1Vgl. http://www.energiedialog-bw.de (28.09.2021).
2Jenal (2018: 470) spricht die unterschiedlichen Verarbeitungs- und Wirkebenen visueller Medien an, die „nicht nur eine expressive Form der Selbstdarstellung der Akteure abbilden, sondern zugleich auch auf einer emotionalen und damit weitgehend unbewussten Ebene ästhetische Kriterien sozialer Wahrnehmung […] zu regulieren beabsichtigen. Denn aufgrund der in der Regel unbewussten Verarbeitung […] sind ‚[v]isuelle Codes […] dadurch besonders verhaltenswirksam‘ […] und stellen damit ein wichtiges Kommunikationselement der Protestbewegungen dar“.
3Zu den grundlegenden Positionen des Realismus, Essenzialismus und Sozialkonstruktivismus in der Landschaftstheorie vgl. Kühne 2013.
4Eines der Ziele des Bundesnaturschutzgesetzes ist die dauerhafte Sicherung von Vielfalt, Eigenart und Schönheit sowie des Erholungswertes von Landschaft. Erhebliche Beeinträchtigungen der Schutzgüter (und dazu gehört die Landschaft) sind so weit wie möglich zu vermeiden – oder hilfsweise zu kompensieren.
5Wiederum der Hinweis auf die rechtliche Dimension, die in diesem Beitrag aber nicht im Mittelpunkt stehen soll: Hier gibt es die Dimension der Erheblichkeit (beim Landschaftseingriff oder auch im Hinblick auf Baudenkmäler in der Landschaft).
6Während wir zu Beginn von Kapitel 2 auf einen soziologischen Diskursbegriff rekurriert haben, beziehen wir uns hier bei der Erörterung des Begriffes der Realitätsnähe auf einen normativen Diskursbegriff. Es gibt bewusste und manipulative Falschdarstellungen, die dem kritischen Diskurs nicht standhalten und deshalb als solche Darstellungen benannt werden sollten. Sie erfüllen nicht die Kriterien einer redlichen Darstellung und können nicht als Beitrag zur Annäherung an zu erwartende zukünftige Zustände dienen.
7So wäre beispielsweise eine Visualisierung einer Windenergieanlage, die dunkle Gewitterwolken als Hintergrund verwendet, deshalb weniger realitätsnah, weil zum einen das Wetterereignis der dunklen Gewitterwolken im Jahresverlauf eine seltene und untypische Ausnahme darstellt. Zum anderen werden dunkle Gewitterwolken – intersubjektiv – und damit auf einer sinnbildlichen Ebene häufig mit „Furcht“ oder „Bedrohung“, oder ästhetisierend, mit „erhabener Naturgewalt“ assoziiert (kulturelle Prägung). Dadurch würde die Wahrnehmung der Windenergieanlage durch diese Visualisierung in eine bestimmte Richtung (Bedrohung, Ästhetik) gelenkt. Würde hingegen ein Hintergrund gewählt, der ein dort häufig wiederkehrendes Wetterereignis abbildet oder würden unterschiedliche Wettersituationen zur Visualisierung verwendet, kämen solche Darstellungen der Realität näher.
8Vgl. auch https://www.igd.fraunhofer.de/projekte/3d-vis-interactive-3d-visualisation-spatial-planning (28.09.2021).
9Als Beispiel für die Einblendung via Google Earth vgl. http://www.windkraftfreiesgrobbachtal.de/images/bilder/2017/pressekonferenz/methodik.pdf (28.09.2021).
10Während in der analogen Fotografie überwiegend das sogenannte Kleinbild-Filmformat (KB, 24mm x 36mm) eingesetzt wurde, besitzen heutige Digitalkameras unterschiedlich große Sensoren. Die sogenannte Vollformatkamera hat einen Sensor mit der Größe des Kleinbildformats. Der Einsatz der gleichen Objektivbrennweite führt bei Kameras mit unterschiedlich großen Sensoren zu unterschiedlichen Bildwinkeln. Um Bilder, die mit unterschiedlichen Kameras aufgenommen wurden, besser vergleichen zu können, rechnet man die Brennweite, die an einer Kamera mit einem kleineren Sensor als Vollformat-Größe (24mm x 36mm) eingesetzt wird, in eine Brennweite um, welche beim Kleinbild-Filmformat zu demselben Bildwinkel führt.
11Nachdem die Autoren keine Verwendungsrechte für ein bereits bestehendes Bild eines Gutachterbüros aus einem Planungsprojekt erhalten haben, wurde Abbildung 5 zur Nachbildung bei einem professionellen Büro in Auftrag geben. Das Büro wurde gebeten, Diskrepanzen in den Schattenwürfen zwischen montierten Anlagen und anderen Referenzobjekten absichtlich darzustellen (orientiert an der Vorlage).
12Wobei insbesondere Sonnenuntergangssituationen in beide Richtungen Deutungen verstärken können. Sie können Anlagen ästhetisieren, durch Assoziationen mit als angenehm empfundenen Situationen, oder sie können sie dämonisieren, wenn im Sonnenuntergang der Kontrast verstärkt wird. Das zeigt, dass ein Bild alleine immer im Kontext zu interpretieren ist, wie bereits in Kapitel 2 beschrieben wurde. Ein Bild ist ein Textelement im Kontext.
13Genau diese subtilen, das heißt sehr kleinen und unscheinbaren manipulativen Eingriffe in der Bilddarstellung sind im Vergleich zur offensichtlichen Manipulation besonders wirkmächtig, da sie den Rezipienten der Bilddarstellung eine Scheinrealität suggerieren, wie Wissen (2009: 66) beim professionellen Einsatz von 3D-Modellierungen beschreibt.
14Gemäß „Allgemeine Verwaltungsvorschrift zur Kennzeichnung von Luftfahrthindernissen“ (AVV).
15Vgl. http://www.energiedialog-bw.de/buergerentscheid-in-braeunlingen-buerger-stimmen-fuer-die-verpachtung-von-gemeindeflaechen/ (29.09.2021).