Mobile Technik macht es möglich – das Arbeiten fernab vom Büro, ortsungebunden mit der ganzen Welt vernetzt und gleichzeitig frei in der Wahl des eigenen Wohnorts. Die Wohnstandortwahl war stets eingeschränkt durch die Entfernung zum Arbeitsort, die Länge der Pendelwege und die Art und Weise, wie diese zurückgelegt werden (ob im eigenen Auto oder einem öffentlichen Verkehrsmittel). Mit der Möglichkeit, sich durch die fortschreitende Digitalisierung den Arbeitsplatz und dessen Lage selbst aussuchen zu können, gehen viele weitere, insbesondere räumliche Veränderungen einher. So ‚befreit‘ die mobile Arbeit die Angestellten vom Büro – und gleichzeitig vom Wohnen in den Großstädten, teuren Mieten und aufgrund des Jobs gemachten Kompromissen (Hölzel/de Vries 2021: 3; Reuschke/Ekinsmyth 2021: 2183). In gleichem Maße, wie die zunehmende Industrialisierung und die daraus resultierenden Arbeitsweisen unsere Städte und Regionen geprägt hat, wird auch die Digitalisierung der Arbeitswelt und ihre veränderten Raumbeziehungen unsere Lebensräume und wie wir uns darin bewegen verändern. Raumbezogene Merkmale wie wechselnde Arbeitsorte im Büro und im Homeoffice und deren gesamträumliche Einbettung gewinnen an Bedeutung und bedürfen einer weitergehenden Analyse. Daran schließen sich nicht nur eine veränderte Wohnstandortwahl an, sondern auch veränderte Mobilität, Raumansprüche und gesellschaftliche Fragen.
Die mobilen Formen der Arbeit – darunter fallen sowohl Homeoffice als auch Arbeit im Co-Working Space – sind stark in urbanen Räumen vertreten (Merkel 2015: 121–122). Diskutiert werden diese Veränderungen aus der Perspektive der urbanen Zentren aktuell als „Donut-Dilemma“, also der Entwicklung von leeren Innenstädten und Kernbereichen von Städten und dem Zuzug einkommensstarker Einwohnerinnen und Einwohner in den suburbanen und ländlich geprägten Räumen (Mariotti/Pacchi/Di Vita 2017: 59; Jamal 2018: 777; Hölzel/de Vries 2021: 2). Aus der Perspektive des ländlich geprägten Raums bedeutet dieser Zuzug von Menschen eine verstärkte Nachfrage nach Wohnraum, Nahversorgung und Mobilitätsangeboten. Doch welche Auswirkungen hat dies auf Siedlungsräume in Bezug auf die Wohnstandortwahl, auf Infrastrukturen und bestehende Stadtkerne in Klein- und Mittelstädten? Während aus städtischer Sicht Konzepte wie die „15 Minuten Stadt“ stets mehr dazugewinnen (Pozoukidou/Chatziyiannaki 2021), könnte aus einer regionalen Perspektive in den kommenden Jahren jeder Standort interessant werden, von dem aus der Arbeitsplatz innerhalb einer Stunde erreichbar ist, konstatierte jüngst Olaf Arndt von der Beraterfirma Prognos (Metzger 2021: 83).
Der ländliche Raum wird als Raum für die Entstehung von Innovationen (wieder)entdeckt. Dabei sind insbesondere institutionelle Beziehungen und Netzwerke sowie ihre Diversität von Bedeutung (Eder 2019: 121; Meili/Shearmur 2019: 492). Co-Working Spaces können den Raum dafür schaffen sowie den Austausch zwischen Stadt und Land auf vielen Ebenen fördern. Während neue Möglichkeiten, die das mobile Arbeiten in Form von Homeoffice oder Co-Working Spaces insbesondere für urbane Räume mit sich bringen, derzeit intensiv diskutiert werden (Avdikos/Merkel 2020; Growe/Henn/Scheffer 2020), stellen insbesondere die räumlichen und gesellschaftlichen Aspekte in anderen Räumen deutliche Herausforderungen an die räumliche Planung dar (Bertelsmann Stiftung 2020: 20; Hölzel/de Vries 2021: 16; Knapp/Sawy 2021). Neben dem positiven Bild, dass Co-Working Spaces beispielsweise städtische Praktiken in den ländlichen Raum tragen und so dem demographischen Wandel entgegenwirken, kann dies auch zu massiven Konflikten und problematischen Aushandlungsprozessen vor Ort führen. Bei näherer Betrachtung wird schließlich deutlich, dass mobile Arbeitsmodelle unsere Lebens- und Arbeitsorte massiv verändern können.
– | Zugang zu Dienstleistungen der Daseinsvorsorge sowie Stärkung der Nutzungsmischung und des Mobilitätsangebotes in der Region |
– | Unterstützung eines klimaneutralen Lebens durch die Reduzierung von Pendelverkehren und die Förderung kurzer Wege im Alltag |
– | Stärkung von lokalen Arbeitsplätzen und Förderung des Wohnortes als Lebensmittelpunkt |
Nach dieser kurzen Einführung gehen wir in Kapitel 2 auf die Vielfalt mobiler Arbeit allgemein und unterschiedliche Co-Working-Konzepte im Speziellen ein und betrachten diese aus einer sozioräumlichen Perspektive. In Kapitel 3 stellen wir unsere Vorgehensweise und die Methode der systematischen Typenbildung vor. Anschließend, in Kapitel 4, entwickeln wir eine systematische Typisierung von Co-Working Spaces und beschreiben die fünf Typen anhand ihrer sozioräumlichen Voraussetzungen. Kapitel 5 beschreibt die Potenziale von Co-Working Spaces für die nachhaltige Raumentwicklung. Es wird deutlich, dass sich die Potenziale von Co-Working Spaces im Sinne einer regionalen Entwicklung erheblich unterscheiden. Diese Unterschiede werden in Kapitel 6 weiterführend diskutiert, um Handlungsoptionen für die planerische Praxis zu formulieren.
Die Zukunft der Arbeit ist vom digitalen Wandel bestimmt (BMAS 2015: 14; Diefenbacher/Foltin/Held et al. 2016: 249; Rump/Eilers 2017: 5; DGB/HBS 2018: 34; Hofmann 2018: 2; BMU 2020: 43). Dies wurde durch die Corona-Pandemie weiter verstärkt (Carroll/Conboy 2020: 1). Unter digitalem Wandel wird dabei eine Transformation der Wirtschaft und Gesellschaft verstanden, die auf der Basis einer breiten Adoption neuer Informations- und Kommunikationstechnologien realisiert wird (BMAS 2015: 14). Dies führt vor allem zu digitalen Arbeitsweisen: digitale Vernetzung sowie digitale Erfassung, Verteilung und Analyse von Informationen. Es entwickeln sich vermehrt sogenannte flexible Arbeitsmodelle (Pollert 1991; de Menezes/Kelliher 2011: 454; Pyper 2018: 4). Dabei geht es vor allem um Flexibilisierung von Arbeitszeiten und Arbeitsorten. Gerade die Veränderungen hinsichtlich der Arbeitsorte und damit der Bewegungs- und Siedlungsmuster, der Rolle von Arbeits- und Wohnorten und der existierenden räumlichen Strukturen ist aus planerischer Sicht grundlegend.
Digitalbasierte Arbeitsformen begünstigen die räumliche Flexibilität und die Entwicklung der ortsunabhängigen Arbeit am Rechner. Es wird dabei zwischen Homeoffice und alternierender Arbeit unterschieden. Unter Homeoffice wird die Arbeit an einem fest installierten Arbeitsplatz zu Hause verstanden (Messenger/Vargas Llave/Gschwind et al. 2017: 5; Bonin/Eichhorst/Kaczynska et al. 2020: 20),1 bei welcher die Erwerbstätigen über ein elektronisches Kommunikationsnetz mit dem jeweiligen Arbeit- oder Auftraggeber verbunden sind. Das bedeutet, dass Wohnort und Arbeitsort identisch sind und dass sich der Lebensmittelpunkt gänzlich auf den Wohnort verschiebt, die Wohnumgebung wird zum direkten Bezugspunkt. Im Rahmen der alternierenden Arbeit erfolgt ein Wechsel zwischen den Arbeitsplätzen im Büro und zu Hause (Deutscher Bundestag 2017: 4). Diese Arbeitsformen wurden in Deutschland im Jahr 2016 gesetzlich definiert, seitdem ist Homeoffice als Arbeitsort generell zulässig und möglich (Deutscher Bundestag 2017: 4). Eine weitere ortsunabhängige und digitalbasierte Arbeitsform ist mobile Arbeit. Mobile Arbeit ist das Arbeiten am Rechner an einem selbstbestimmten Ort (Deutscher Bundestag 2017: 5; Bonin/Eichhorst/Kaczynska et al. 2020: 5; Monz/Vogl 2020: 179). Dank Digitalisierung ist sie nicht an das Büro oder an den häuslichen Arbeitsplatz gebunden. Mobile Arbeit ist in Deutschland bisher nicht gesetzlich definiert, allerdings spricht dies nicht gegen eine generelle Zulässigkeit (Deutscher Bundestag 2017: 5). Unter mobiler Arbeit wird oft auch Arbeit von unterwegs, im Auto, im Zug oder Flugzeug verstanden (Bonin/Eichhorst/Kaczynska et al. 2020: 6). Mobile Arbeit geht also generell von einem festen Wohnort aus und temporären weiteren Arbeitsorten. Der Lebensmittelpunkt verschiebt sich temporär je nach Organisation der Arbeitsorte.
Durch Digitalisierung und die Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung verbreiten sich digitale mobile Formen der Arbeit. Im Jahr 2020 ist die Zahl der Erwerbstätigen im Homeoffice von 14 % auf 35-40 % angestiegen (Bonin/Eichhorst/Kaczynska 2020: 101; infas/Motiontag/WZB 2020a: 7; infas/Motiontag/WZB 2020b: 6; WZB 2020: 25).2 Dabei wurde die Homeoffice-Potenzialgrenze erreicht, im Durchschnitt liegt sie in Deutschland bei etwa 40 % (OECD 2020a: 3; Brenke 2016: 98). Darüber hinaus weisen die Studien auf regionale Unterschiede des Potenzials für Homeoffice hin. Der Anteil der Homeoffice-Arbeitsplätze vor der Corona-Pandemie fiel in Städten um 16 % höher aus als in ländlichen Räumen (OECD 2020a: 5). Während der Lockerungen der Pandemiemaßnahmen im Juni/Juli 2020 wurden solche regionalen Unterschiede jedoch nicht nachgewiesen: In den Städten arbeiteten im diesem Zeitraum 39 % der Befragten teilweise oder immer von zu Hause aus, während der Anteil der Beschäftigten im Homeoffice in den ländlichen Räumen bei 34 % lag.
Studien aus dem Jahr 2020 deuten darauf hin, dass viele Beschäftigte die Möglichkeit des Homeoffice positiv bewerten. Im Auftrag des Industrieverbands Büro und Arbeitswelt (IBA) hat Forsa im April 2020 Beschäftigte zwischen 18 und 65 Jahren in Deutschland (n=1.000), die während des Lockdowns im Homeoffice gearbeitet haben, zu ihrer Einschätzung der Heimarbeit befragt. Laut dieser Studie wünschen sich 74 % der befragten Beschäftigten, weiterhin zeitweise im Homeoffice arbeiten zu können.3 Zudem hat das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) zwei repräsentative Befragungen4 der Personen zwischen 18 und 82 Jahren (jeweils n=1.000) durchgeführt (April 2020 und Juni/Juli 2020), um die Veränderungen in Deutschland nach dem Lockdown im Frühling 2020 zu untersuchen. Laut der Untersuchung im April 2020 konnten sich 59 % der Befragten, die während des Lockdowns im Homeoffice gearbeitet haben, vorstellen, langfristig im Homeoffice zu arbeiten. Im Juni/Juli 2020 ist der Anteil auf 70 % gestiegen. Die Zufriedenheit über die Arbeit im Homeoffice hat bei diesen Befragten ebenso zugenommen: von 60 % im April auf 75 % im Juni/Juli.5 In diesem Zusammenhang ist ein wichtiges Thema für die Arbeitgeber die Produktivität der Beschäftigten im Homeoffice (Wheatley 2021). Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat in ihrer Studie „Productivity gains from teleworking in the post COVID-19 era: How can public policies make it happen?“ Potenziale und Herausforderungen der Telearbeit untersucht (OECD 2020b). Laut dieser Studie sind die Weiterbildung der Beschäftigten in den Bereichen des Selbstmanagements und der Informationstechnologien sowie eine Wahlmöglichkeit des Arbeitsplatzes (im Büro, im Homeoffice oder Co-Working Space) für die Entstehung von Innovation und die Zufriedenheit der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer entscheidend (OECD 2020b).
Heute sind die Veränderungen der Arbeitsbedingungen bei den Beschäftigten in unterschiedlichen Wirtschaftssektoren zu sehen. Die Art der beruflichen Tätigkeit spielt dabei eine entscheidende Rolle (Bonin/Eichhorst/Kaczynska et al. 2020: 13). Laut der Studie des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB 2020: 25) erledigten im Oktober 2020 22 % der Beschäftigten mit kognitiven Tätigkeiten die Arbeit von zu Hause aus. Dazu gehören Tätigkeitsbereiche wie die Arbeit am Computer, Forschung, Lehre, Kundenkontakt beim Ein- und Verkauf sowie Marketing und Public Relations. Gleichzeitig arbeiteten nur 6 % der Beschäftigten in manuellen Tätigkeitsbereichen wie Produktion, Reparatur, Transport von Waren, Pflege, Gastronomie oder Sicherheit, welche kaum mobile Arbeit erlauben, im Homeoffice. Darüber hinaus haben die mobil Beschäftigten tendenziell ein höheres Einkommen und einen höheren Bildungsgrad.
Zusammenfassend bringt digitale Arbeit auch aus räumlich-planerischer Sicht eine Reihe von Veränderungen mit sich: Bewegungsmuster und Mobilität verändern sich je nach (temporärer) Verortung mobiler Arbeit. Siedlungsmuster verändern sich durch die räumliche Liberalisierung der Wohnortwahl, das heißt, Wohnen ist nun auch in weniger gut verkehrlich angeschlossenen ländlichen Räumen möglich und Pendelwege entfallen (Verkehrsvermeidung). Existierende räumliche Strukturen wie zentralörtliche Funktionen müssen mindestens auf den Prüfstand gestellt werden – zur Stärkung peripherer Städte und Gemeinden.
Co-Working Spaces sind derzeit sowohl in städtischen wie ländlichen Räumen als Konzept mobiler Arbeitsweisen in der Erprobung (Moriset 2019: 4). Der erste Co-Working Space wurde 2005 in San Francisco eingerichtet (Mariotti/Pacchi/Di Vita 2017: 48). Kernidee ist, dass sich mehrere Erwerbstätige (Freiberuflerinnen/Freiberufler, Start-Ups und Festangestellte) ein Bürogebäude, eine Wohnung oder Zimmer teilen, in dem sie gemeinsam arbeiten und den Raum individuell nutzen können (Döring 2010: 4; Pohler 2012: 66; Gandini 2015: 194; Merkel 2015: 124; Nakano/Shiach/Koria et al. 2020: 135; Vidaillet/Bousalham 2020: 61; Reuschke/Clifton/Fisher 2021: 122). Dabei zeichnet sich das Co-Working-Konzept durch fünf Merkmale aus: Zusammenarbeit, Offenheit, Gemeinschaft, Verfügbarkeit und Nachhaltigkeit (Döring 2010: 21; Merkel 2015: 124). Zusammenarbeit, Offenheit und Gemeinschaft als Merkmale des Konzeptes regen den Austausch untereinander an und geben die Möglichkeit zur Bildung von Netzwerken. Unter Verfügbarkeit ist die gleichberechtigte Nutzung der Arbeitsplätze von Freiberuflerinnen/Freiberufler, Start-Ups und Festangestellten zu verstehen. Zudem ist das Konzept der Co-Working Spaces nachhaltig, da es die On-Demand-Nutzung von WLAN, Druckern, Kopierern und Besprechungsräumen ermöglicht und je nach Lage Verkehrsvermeidung oder Verkehrsverlagerung fördert. Erwerbstätige können beispielsweise wohnortnahe Co-Working Spaces zu Fuß, mit dem Fahrrad oder dem öffentlichen Verkehr erreichen (Döring 2010: 22). Anfangs wurden Co-Working Spaces überwiegend von freien Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kreativbranche in Großstädten genutzt (Döring 2010: 23; Hirsch-Kreinsen/Karačić 2018: 8; Akhavan/Mariotti/Astolfi et al. 2019: 2), mittlerweile nutzen auch vermehrt Vertreterinnen und Vertreter der ‚traditionellen‘ Branchen das Angebot.
Merkmale | Ausprägungen | Charakteristika |
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Lage | Urbanes Co-Working Space | Co-Working Spaces, die sich in dicht besiedelten, meist von Gentrifizierung betroffenen Stadtvierteln befinden. Sie sind gut erreichbar, da sie wohnortnah liegen oder einen guten Anschluss an den öffentlichen Nahverkehr haben. |
Co-Working Space im ländlich geprägten Raum | Co-Working Spaces, die in aufgelockerten, ländlich geprägten Gebieten liegen und eine besondere Atmosphäre für das kreative Arbeiten anbieten. Diese Co-Working Spaces sind mit dem öffentlichen Verkehr eher schlechter erreichbar. | |
Funktion (nach Growe/Henn/Scheffer 2020: 75; Mariotti/Pacchi/Di Vita 2017: 58) | Offene Co-Working Spaces | Die Gemeinschaftsräume (Cafés, Ausstellungsräume) sowie Vernetzungsveranstaltungen und soziale Dienstleistungen in den offenen Co-Working Spaces sind öffentlich zugänglich. Dieser Typ der Co-Working Spaces nimmt starken Bezug auf das umgebende Quartier. |
Geschlossene Co-Working Spaces | Diese Co-Working Spaces sind unsichtbar für das Quartiersleben. Die Gemeinschaftsräume dieser Co-Working Spaces entsprechen eher einem privaten Bereich. | |
Organisationsform (nach Growe/Henn/Scheffer 2020: 75; Avdikos/Merkel 2020: 353) | Selbstorganisiert (bottom-up) | Privat organisierte Co-Working Spaces basieren auf intensiven sozialen Kontakten zwischen Leitung und den Nutzerinnen und Nutzern. Die Merkmale sind ein starker Gemeinschaftsgedanke, Hilfsbereitschaft und Eigeninitiative. |
Anbieterorganisiert als Geschäftsmodell | Diese Co-Working Spaces sind charakterisiert durch kapitalintensive Investitionen. Oft wird hier die Unternehmens- oder Start-Up-Entwicklung gefördert. Dieser Typ ist eher in Immobilien zu finden, die überregional vermarktet werden. |
Darüber hinaus unterscheiden sich Co-Working Spaces nach ihrer Funktion (Mariotti/Pacchi/Di Vita 2017: 58; Growe/Henn/Scheffer 2020: 75). Offene Co-Working Spaces dienen als Treffpunkt im Quartier (z. B. „Action Haus Heidelberg“) und können damit zu einer (Wieder)Belebung des öffentlichen Lebens in Klein- und Mittelstädten beitragen. Zudem gibt es Co-Working Spaces, die für einen bestimmten geschlossenen Nutzerkreis vorgesehen und für andere nicht zugänglich sind (z. B. Dezernat 16 Heidelberg). Auch die Organisationsform ist ein Unterscheidungsmerkmal: Co-Working Spaces können privat oder von einem Anbieter organisiert sein. Dies beeinflusst die Arbeitsatmosphäre und die Alltagsorganisation vor Ort. Privat organisierte Co-Working Spaces zeichnen sich eher durch die Bereitschaft aus, Verantwortung zu übernehmen, Entscheidungen zu treffen, Geschäftsmodelle zu entwerfen und über Kombinationen von Ressourcen neue Lösungen zu erarbeiten (Growe/Henn/Scheffer 2020: 75). Die von professionellen Anbietern organisierten Co-Working Spaces sind eher gewinnorientiert, modern und technisch gut ausgestattet. Darüber hinaus gibt es unterschiedliche Mitgliedschaftsformen (variable und volle) (Pohler 2012: 68). Welche räumlichen Auswirkungen und Potenziale die jeweiligen Co-Working Spaces in ihren Merkmalen haben, wird anhand dieser Unterscheidungen jedoch nicht explizit deutlich.
Infolge seiner zunehmenden Verbreitung erfährt das Co-Working-Konzept erhöhte Aufmerksamkeit in der sozialwissenschaftlichen Forschung. Einige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchen Bedürfnisse der Nutzerinnen und Nutzer und die Einsatzmöglichkeit von Co-Working Spaces für unterschiedliche Arbeitssituationen (Pohler 2012: 68) sowie Implikationen des Co-Working-Konzeptes für die Arbeitswelt (Merkel/Oppen 2013: 2). Es wird in diesen Studien bestätigt, dass das Konzept der Co-Working Spaces die soziale und berufliche Integration erhöht, berufliche Etablierung erleichtert und gegenseitiges Lernen begünstigt. Andere Autorinnen und Autoren fokussieren sich auf die Auswirkungen von Co-Working Spaces auf die Lebensqualität in den urbanen Quartieren (Mariotti/Pacchi/Di Vita 2017: 59; Akhavan/Mariotti/Astolfi et al. 2019: 2; Leducq/Demazière 2021: 141). Demnach kurbeln Co-Working Spaces die Qualität des öffentlichen Raums ebenso an wie die Stärkung des Quartiers als Lebensmittelpunkt für die Bewohnerinnen und Bewohner der Stadt, ohne jedoch auf die Unterschiedlichkeiten von ländlich geprägten oder städtischen Räumen weiter einzugehen. In der Diskussion über Sharing City werden Co-Working Spaces als eine „sharing practice“ (Sánchez-Vergara/Ginieis/Papaoikonomou 2021: 7) verstanden, welche zur Transformation der Stadt beitragen kann. Zudem werden die Potenziale und Herausforderungen des Co-Working Space-Konzeptes für urbane, suburbane und ländliche Räume in Groß- und Kleinstädten diskutiert (Jamal 2018: 784; Avdikos/Merkel 2020: 349). Jamal (2018: 786) kommt in seiner Arbeit zum Ergebnis, dass Co-Working Spaces lokale Unternehmen unterstützen, die kreative Klasse fördern und zur Weiterentwicklung von Zentren in den Kleinstädten beitragen können. Es wird deutlich, dass eine strukturierte Analyse von sozioräumlichen Voraussetzungen und Auswirkungen für die Umsetzung des Co-Working-Konzeptes notwendig ist, um ihre Potenziale und Herausforderungen für suburbane und ländlich geprägte Räume zu verstehen.
Oberkategorie B | |||
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Unterkategorie B1 | Unterkategorie B2 | ||
Oberkategorie A | Unterkategorie A1 | Fälle mit Merkmalskombination A1,B1 | Fälle mit Merkmalskombination A1,B2 |
Unterkategorie A2 | Fälle mit Merkmalskombination A2,B1 | Fälle mit Merkmalskombination A2,B2 |
Wie bereits aufgezeigt, beeinflussen digitale Arbeitsformen nicht nur die Arbeitsweise selbst, es verändern sich auch die räumlichen Wirkungsgefüge zwischen Arbeits- und Wohnort (Monz/Vogl 2020: 179), und damit auch die Ansprüche an Nahversorgung, kulturelle Angebote oder soziale Treffpunkte. Bereits an der Vielfalt der Ausprägung mobiler Arbeit wird deutlich, dass auch die sozioräumlichen Ausgangsbedingungen differenziert zu betrachten sind. Dabei stellt die sozioräumliche Perspektive die theoretische Grundlage dar. Ausgegangen wird von einem relationalen Raumverständnis, in dem Raum einerseits konstituierendes Element ist und gewisse Nutzungen und Funktionen vorgibt (oder nicht ermöglicht). Andererseits werden Räume von den Menschen und ihrer lebenden Umwelt konstituiert und erst zu den Räumen gemacht, die wir wahrnehmen (Läpple 1991). Das Konzept des relationalen Raums, welches beide Ansätze vereint, betrachtet den physischen Raum als eine Raumdimension, die um kollektiv geteilte Deutungen, Vorstellungen und Zuschreibungen (z. B. darüber, welche Nutzungsweisen in welchem Raum als legitim oder erwünscht gelten) als weiteren Raumdimensionen ergänzt und damit erst in seiner für die gesellschaftlichen Akteure relevanten Form konstituiert wird.
Für Co-Working Spaces aus sozioräumlicher Perspektive bedeutet dies, dass neben der physisch-materiellen Raumdimension auch soziale Dimensionen und insbesondere die spezifischen Ausprägungen der Nutzungen der Co-Working Spaces eine Rolle spielen: die Frage, ob ein Co-Working Space von den Menschen aus der Region oder als Ausflugsziel für digitale Nomaden genutzt wird, ob der Co-Working Space sich zum Ort hin öffnet oder lediglich als Arbeitsplatz gesehen wird. Dabei spielen die sozioräumliche Einbettung in die zentralörtliche Struktur sowie die Lage der Arbeits- und Wohnorte eine wichtige Rolle, inwiefern die Co-Working Spaces im ländlichen Raum zur dortigen räumlichen Entwicklung beitragen. Darüber hinaus sind jedoch auch die sozialen Aspekte des Co-Working Space maßgeblich, wie deren Funktionen, Art der Bewirtschaftung und Nutzung. Diese Dimensionen sind nicht nur lokalspezifisch von Bedeutung, sondern stehen in lokalen, regionalen als auch überregionalen Bezügen zueinander. Brenner (2001: 604) spricht in diesem Zusammenhang über Mehrebenen-Strukturierung als sozioräumlichen Prozess („scalar structuration is a dimension of socio-spatial processes“), der die lokalspezifische Ausprägung konstituiert. Für die diesem Beitrag zugrunde liegende sozioräumliche Perspektive bedeutet dies, über die physische Lage im Raum hinaus Merkmale zu integrieren und insbesondere sozioräumliche Wirkfaktoren in die Typenbildung einzubeziehen. Praktisch bedeutet dies, Co-Working Spaces nicht nur als Teil des Sozialraums von Arbeitenden zu sehen, sondern dezidiert darauf zu achten, wodurch Co-Working Spaces zu Gemeinschaftsorten werden und somit die Konstituierung der Räume mitzudenken (sozioräumliche Perspektive eines relationalen Raumverständnisses).
Zahlreiche sozioräumliche Konzepte, wie die kompakte und gemischte Stadt, grüne Stadt oder Smart City (Jabareen 2006), tragen dazu bei, die nachhaltige Raumentwicklung zu gestalten. In unserem Beitrag fokussieren wir uns auf das Konzept der 3D (Density, Diversity und Design) aus der Mobilitätsforschung (Cervero/Kockelman 1997: 209). Dieses Konzept wurde in der Mobilitätsforschung angewandt mit dem Ziel, die Wechselwirkungen zwischen Raumstrukturen und Mobilitätsverhalten zu verstehen (Kim/Park/Jang 2019: 188). Die nachhaltige Raumentwicklung birgt darüber hinaus mehrere Anknüpfungspunkte an aktuelle raumplanerische Fragestellungen, Fragen eines nachhaltigen Mobilitätssystems, Fragen der zentralörtlichen Funktionsaufteilung sowie Fragen zur Zukunft lebenswerter Klein- und Mittelstädte.
– | Unter Dichte (Density) wird die Beschäftigungsdichte und die Anzahl der Arbeitsplätze und die Bevölkerungsdichte allgemein verstanden. Darüber hinaus spielt auch die Dichte der Siedlungs- und Verkehrsstruktur eine wichtige Rolle. Sie kann das Mobilitätsverhalten der Menschen beeinflussen. |
– | Diversität (Diversity) beinhaltet eine vielfältige Wirtschaftsstruktur, in der unterschiedliche Sektoren mit spezifischen Eignungen für mobile Arbeit repräsentiert sind. Des Weiteren spielen Nutzungsmischung sowie eine diversifizierte Verkehrsinfrastruktur eine wichtige Rolle. Durch die Diversität können neue soziale Lebensmittelpunkte geschaffen werden. |
– | Design steht für die Konnektivität zwischen einzelnen Nutzungen, wie Arbeiten, Wohnen oder Nahversorgung. Dabei ist die räumliche Verteilung von Verkehrsinfrastruktur sowie ihre soziale Verfügbarkeit von Bedeutung. |
Die Definition des Merkmalsraumes nach Kelle und Kluge (2010: 87) beinhaltet die Festlegung auf Kategorien der Typenbildung. Eine Differenzierung in soziale und räumliche Einflussfaktoren wird dabei den komplexen Wirkfaktoren nicht gerecht, die einander untrennbar bedingen. Der Forschungsfrage, inwiefern Co-Working Spaces einen Beitrag zu nachhaltiger Raumentwicklung leisten können, nähern wir uns mit sozioräumlichen Merkmalen, die sich aus einer Querbetrachtung des Konzeptes der 3D ergibt. Ausgehend von der Annahme, dass die (zeitweise) Verschiebung des Lebensmittelpunkts der Erwerbstätigen die Nutzungen und deren Integration in den Ort beeinflussen, ist die Lage des Arbeitsortes im Bezug zum Wohnort maßgeblich. Darüber hinaus geben die sozioräumlichen Nutzungen und Funktionen der Co-Working Spaces die Möglichkeiten der lokalen und regionalen Entwicklungspotenziale vor.
Der Merkmalsraum wird von der Verbindung der wirtschaftlichen, siedlungsstrukturellen und verkehrlichen Aspekte geprägt. Die Wirtschaftssektoren sowie ihre räumliche Verteilung auf der regionalen und lokalen Ebene spielen wichtige Rollen für die Entwicklung von Pendelströmen. Der Mangel an bezahlbarem Wohnraum mit ausreichender sozialer Infrastruktur verstärkt die Situation. Das mobile Arbeiten kann diese Entwicklungen beeinflussen. Dabei sind nicht nur die Potenziale von mobiler Arbeit in den unterschiedlichen Wirtschaftssektoren, sondern auch die sozioräumliche Integration der ‚neuen‘ Arbeitsorte von Bedeutung. ‚Neue‘ Arbeitsorte können zur Stärkung des Lebensmittelpunktes am Wohnort, der Zentralörtlichkeit und Erreichbarkeit beitragen. Dies kann jedoch nur durch die integrierte Entwicklung der Lage des Arbeitsortes im Bezug zum Wohnort erreicht werden.
Arbeitsorte | |||
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Am Wohnort | Zusätzliche Standorte | ||
Sozioräumliche Integration | Schwache Gemeinschaftsfunktion | Typ 1 „Working Place“ | Typ 2 „Transition Place“ |
Starke Gemeinschaftsfunktion | Typ 3 „Third Place“ | Typ 4a und 4b „(Temporally) Living Place“ |
4.4.1 Typ 1 „Working Place“
Typ 1 stellt das klassische Co-Working-Konzept dar: den Arbeitsplatz in einem (Gemeinschafts‑)Büro. Schlüsselmerkmal ist, dass in diesem Co-Working-Typ während der gesamten Arbeitszeit gearbeitet wird. Dieser Typ ist nur für das Arbeiten gedacht. Weitere Nutzungen wie Café, Freizeit- und Lehrangebote für das Publikum aus der Nachbarschaft sind hier nicht vorgesehen. Seine Lage kann in der Kernstadt oder am Stadtrand sein, ausschlaggebend ist die Nähe zum Wohnort der Menschen, die dort arbeiten. Dieser Typ ist am besten für Gemeinden mit weniger Arbeitsplätzen als Erwerbstätigen geeignet (Arbeitsplatzbesatz < 1) und ist dann auch ein wirksames Mittel der Verkehrsvermeidung. Gesamträumlich verschiebt sich dabei der Lebensmittelpunkt hin zum Wohnort, welcher dadurch gestärkt werden kann – insbesondere in suburbanen und ländlichen Räumen.
4.4.2 Typ 2 „Transition Place“
Typ 2 ist ein Co-Working-Konzept explizit für Pendelnde, insbesondere an Hauptpendelstrecken. Es dient im Gegensatz zu Typ 1 als ein weiterer Arbeitsort neben dem Büro und wird nicht an allen Wochentagen genutzt. Die wichtigste sozioräumliche Voraussetzung ist die gute (verkehrliche) Erreichbarkeit. Dieser Co-Working-Typ integriert weitere Nutzungen, die insbesondere für Pendelnde von Belang sind oder lokalspezifisch nachgefragt werden, z. B. öffentliche Cafés oder Treffpunkte. Diese Orte eignen sich auch für den Ausbau zu Mobilitäts-Hubs oder Umsteigepunkten und können sich zu Begegnungsstätten entwickeln.
4.4.3 Typ 3 „Third Place“
Typ 3 ist ein Sonderfall, mit temporärer oder dauerhafter Nutzung. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der Gemeinschaft, die diesen Co-Working-Typ nutzt. Hier findet sich eine Gruppe von Nutzerinnen und Nutzern, denen die Gemeinschaft ein wichtiges Anliegen ist und die damit nicht nur den Co-Working Space an sich beleben, sondern darüber hinaus Angebote für den Ort anbieten und die vorhandene Infrastruktur des Ortes nutzen. Die räumliche Einbettung dieses Co-Working-Typs profitiert von einem attraktiven Wohnungsangebot in der Kernstadt und fördert ihre Weiter- oder Wiederbelebung (z. B. Umnutzung von Leerstand). Das Konzept ist sowohl in Einpendel- als auch Auspendelgemeinden umsetzbar.
4.4.4 Typ 4a „Temporally Living Place“
Typ 4a ist als temporärer Wohn- und Arbeitsort angelegt. Er unterscheidet sich von den anderen drei Typen durch seine Lage in eher ländlichen Räumen. Dieses Co-Working-Konzept bietet die Möglichkeit, in der Natur oder auf dem Land zu arbeiten, als ein Angebot für Menschen aus den (Groß)städten, die dort auch übernachten und für eine Zeit lang leben können. Charakteristisch hierfür ist die temporäre Verschiebung des Lebensmittelpunktes in den Ort des Co-Working Space, mit maßgeblichen Auswirkungen auf den Raum, in dem er sich befindet. Diese Einwohnerinnen und Einwohner auf Zeit können dazu beitragen, den ländlichen Raum und die Ortsteile jenseits der Kernstadt zu beleben und die Nachfrage nach Nahversorgung zu erhöhen. Sowohl hinsichtlich der Stabilisierung der Nahversorgungsangebote als auch der Verkehrsvermeidung bergen diese Co-Working-Konzepte Potenziale einer nachhaltigen Raumentwicklung.
4.4.5 Typ 4b „Living Place“
Typ 4b, der „Living Place“, dient als Wohn- und Arbeitsprojekt einer festen Gruppe, die sich für ein Leben in enger Gemeinschaft und Verknüpfung von Arbeits- und Wohnort entschieden haben. In diesen Konzepten geht es um eine neue Qualität des Lebens, in dem das Zusammenspiel von Arbeit und Wohnen als Lebenskonzept umgesetzt wird. Co-Working Spaces als integrierte Wohn- und Arbeitsorte finden sich eher in ländlich geprägten Orten und Ortsteilen, in denen günstige Immobilienpreise oder leerstehende Hofgebäude verfügbar sind. Durch den Zuzug meist junger Familien, die damit den Ortsteil beleben, Nahversorgung vor Ort nachfragen und Infrastrukturen nutzen, sind diese Konzepte ein großes Potenzial für ländliche Räume. Wichtig werden hierbei eine kleinkörnige Nutzungsmischung und kurze Wege für den alltäglichen Bedarf.
Hinsichtlich nachhaltiger Raumentwicklung hat die Verschiebung des Arbeitsortes Einfluss auf Wirtschafts‑, Verkehrs- und Siedlungsstrukturen auf lokaler sowie regionaler Ebene. Co-Working Space-Konzepte bieten die Möglichkeiten, Zentren zu stärken und deren Angebote zu diversifizieren. Das bedeutet für die lokale Ebene temporäre Arbeitsplätze und kurze Wegeketten im Alltag, für die regionale Ebene eine Verringerung der Pendelverkehre. Darüber hinaus können integrierte Wohn- und Arbeitskonzepte neue Wohnangebote durch Belebung des Leerstandes sowie nachhaltigen Neubau auf das Land bringen. Dies stärkt nicht nur die zentralörtliche Funktion, sondern auch die sozialen Lebensmittelpunkte außerhalb von Großstädten. Zusätzliche Nutzungen und Funktionen, die Co-Working Spaces übernehmen, lassen sich durch die Gemeinschaftsorientierung des Konzepts realisieren. So fördert das Co-Working Space-Konzept je nach sozioräumlichen Voraussetzungen unterschiedliche Aspekte der nachhaltigeren Raumentwicklung: je vielfältiger die Nutzungsmischung, desto wahrscheinlicher eine Stärkung des ländlichen Raums und eine Verminderung des Verkehrs.
Mobiles Arbeiten auch jenseits der Großstädte bietet neue Chancen für die Weiterentwicklung der suburbanen und ländlich geprägten Räume. Doch werden diese Chancen nicht durch mobiles Arbeiten per se offensichtlich, es bedarf einer Anpassung unterschiedlicher Konzepte an die sozioräumlichen Voraussetzungen vor Ort und an die Ansprüche und Wünsche zukünftiger Nutzerinnen und Nutzer. Ausschlaggebend ist dabei in erster Linie die strategische (Wieder‑)Verknüpfung von Wohn- und Arbeitsort auf regionaler und lokaler Ebene und inwiefern die Nutzerinnen und Nutzer ihren Lebensmittelpunkt hin zum Wohn- bzw. Arbeitsort verlagern wollen bzw. können. Nur dann ist das Potenzial von Co-Working Spaces für den suburbanen und ländlich geprägten Raum nutzbar zu machen: durch eine verstärkte (auch) wirtschaftliche Nachfrage, durch eine Nutzungsmischung und eine diversifizierte Nachfrage der Nahversorgung oder durch eine Minderung der verkehrlichen Belastungen wie dem Pendelverkehr.
Festgehalten werden kann, je stärker der Co-Working Space als sozialer Gemeinschaftsraum sowohl lokal als auch regional eingebettet ist, umso stärkere Effekte ergeben sich im Sinne einer ländlichen Entwicklung. Die Nähe oder Verbindung zum Wohnort generiert weitere Potenziale, wie die Möglichkeit der Verkehrsvermeidung oder der Stärkung der Nutzungsmischung als Beitrag einer nachhaltigen Raumentwicklung. Die Potenziale von Co-Working Spaces sind dann von den lokalspezifischen Merkmalen in den unterschiedlichen suburbanen und ländlichen Räumen stark abhängig. Die lokalspezifischen Merkmale in unserem Beitrag unterscheiden sich nach Dichte, Diversität und Design (3D) aus der sozioräumlichen Perspektive. Die systematische Typisierung von Co-Working-Konzepten, basierend auf deren sozioräumlichen Voraussetzungen und Wirkungen, bildet eine erste Grundlage, wie solche Konzepte mobiler Arbeitsformen zukünftig im Sinne der räumlichen Entwicklung genutzt und eingebettet werden können.
Typ 1 „Working Place“ ist durch seine Lage am Wohnort charakterisiert, insbesondere in Gemeinden mit einem Arbeitsplatzbesatz kleiner als 1. Hier ist jedoch weiterführend zu prüfen, ob die hohe Zahl der Auspendelnden überhaupt die Möglichkeiten haben, mobiles Arbeiten zu nutzen. Der Typ „Working Place“ kann unmittelbar in der Kernstadt oder in den einzelnen Ortsteilen angesiedelt sein, mit dem Ziel, kurze Wege im Alltag zu fördern. Typ 2 „Transition Place“ ist ein Co-Working-Konzept speziell für Pendelnde, die mehrere Alternativen als Arbeitsorte bevorzugen; das Co-Working Space ist dann ein Arbeitsort von vielen auf der Durchreise. Voraussetzung sind hohe Pendelströme und eine gute Erreichbarkeit, also ist das Konzept eher für eine Umlandgemeinde mit einer Vielzahl von ansässigen Unternehmen und vielen Einpendelnden geeignet. Die hohen Pendelströme werden durch Typ 2 „Transition Place“ zwar nicht maßgeblich vermieden, jedoch bietet in Verbindung mit einer guten Anbindung an den öffentlichen Personennahverkehr das ortsunabhängige Arbeiten eine erhebliche Qualitätsverbesserung der Attraktivität des öffentlichen Verkehrs und der Unternehmen. Der Gemeinschaftsaspekt spielt hier weniger eine Rolle, aus regionaler Sicht ist der „Transition Place“ wichtig als Umsteigeknoten oder Infopunkt.
Die Besonderheit des Typ 3 „Third Place“ ist die Betonung des Gemeinschaftscharakters. Dieser Co-Working-Typ ist als dritter Ort neben Wohn- und Arbeitsort zu verstehen und eignet sich insbesondere als Stärkung der Kernstädte in den Umlandgemeinden: In der Nähe des Wohnortes und mit besonderem Augenmerk für die Gemeinschaft, von der jeder dort Arbeitende ein Teil wird. Aus planerischer Sicht sind diese „Third Places“ ein wichtiger Baustein in der (Re‑)Vitalisierung der Klein- und Mittelstädte. Durch eine Stärkung der Aufenthaltsqualität im Zentrum für unterschiedliche Milieus und Altersgruppen werden die Innenstädte wieder interessant, Leerständen kann entgegengewirkt werden und neue Nutzungen wie gastronomische Angebote und Angebote der Nahversorgung können unterstützt werden.
Typ 4a „Temporally Living Place“ profitiert von seiner Lage in der Natur, der Nähe zu attraktiven Naherholungsräumen und damit dem Gegensatz zum Stadtleben in der Großstadt. Unter dem Stichwort „Retreat“ oder „A Summer of Pioneers“ ziehen Menschen aus der Stadt temporär in eine Arbeits- und Lebensgemeinschaft auf dem Land. Die Anbindung an Fahrradwege kann dabei umweltfreundliche Mobilität weiterbringen, die lokale Nahversorgung durch stärkere Nachfrage verbessern und die Attraktivität steigern. Typ 4b „Living Place“ spricht eine enge Gemeinschaft an, die sich entschließt, Arbeiten und Wohnen an einem Ort, gemeinsam und unter gleichen Wertvorstellungen zu realisieren. Voraussetzungen sind günstige Immobilienpreise oder leerstehende Gebäude, die einer neuen Nutzung zugeführt werden.
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