Metropolregionen sind ein zentrales Element in der internationalen Debatte um den new regionalism (vgl. Eckardt 2015). Sie sind eine Form hybrider „soft spaces of governance“ (Allmendinger/Haughton/Knieling et al. 2015) und Ergebnis von Reskalierungsprozessen experimenteller Regionsbildung, in denen auch neue Steuerungsformen erprobt werden (Zimmermann 2017). Metropolregionen formulieren vor allem auch ein Bildversprechen (Petrin/Knieling 2009). Es geht um Außenmarketing und um „Name-Games“ (Cardoso/Meijers 2017). Das Konzept der Metropolregionen wurde in den meisten größeren europäischen Ländern thematisiert (z. B. Geppert 2017; Krukowska/Lackowska 2017; Shaw/Tewdwr-Jones 2017; Tomàs 2017) und dabei sehr unterschiedlich implementiert. Im Unterschied zu anderen Ländern waren Metropolregionen in Deutschland mit seinem föderativen System und einer auf den räumlichen Ausgleich gerichteten Raumordnungspolitik bis Mitte der 1990er-Jahre kein Thema (Wiechmann 2009: 102). Dies änderte sich 1995 mit dem von der Ministerkonferenz für Raumordnung beschlossenen Raumordnungspolitischen Handlungsrahmen (BMRBS 1995) und dem nachfolgenden Diskurs, der mit den Leitbildern der Raumentwicklung (MKRO 2006; MKRO 2016) intensiviert wurde (vgl. Growe 2018). Dieser Diskurs führte letztlich zu einer dauerhaften Etablierung von Metropolregionen in Deutschland. Von ursprünglich (1995) sechs erhöhte sich die Zahl der Metropolregionen mit deutscher Beteiligung auf nunmehr 16, davon vier Staatsgrenzen übergreifende. Das Ergebnis der Regionsbildungsprozesse waren vergleichsweise groß geschnittene Regionen, die international sichtbar sein sollten (Lackowska/Zimmermann 2010: 157).
Im internationalen Vergleich ist der Ansatz der deutschen Metropolregionen vor allem durch das Ziel ihrer besseren ökonomischen Positionierung geprägt (Zimmermann/Heinelt 2012: 15). Bilanzieren lässt sich zum einen, dass Metropolregionen in der raumbezogenen Forschung als Analyseeinheiten erheblich an Bedeutung gewonnen haben. Nicht nur ‚klassische‘ Themen der Raumordnung wie die Begrenzung des Flächenverbrauchs (Rienow/Thonfeld/Valentin 2018), sondern beispielsweise auch Carsharing (Di Giangiacomo 2015) und öffentlich-private Kooperationen in der Stadtentwicklung (Gwechenberger 2006) wurden auf der Maßstabsebene der Metropolregionen aufgegriffen und analysiert. Zum anderen kann der Metropolregionsdiskurs in Deutschland als einer der wirkmächtigsten Diskurse der deutschen Raumordnungspolitik überhaupt bezeichnet werden (Schmitt 2007: 14). Die Tatsache, dass die deutschen Metropolregionen seit fast 20 Jahren fest in der Raumordnungspolitik verankert sind (vgl. Kawka/Staats 2016) hat dazu geführt, dass viele dieser Regionen inzwischen eine erkennbare und in den meisten Fällen überwiegend stabile Governance-Struktur aufweisen.
Aber es wurde auch von Anfang an Kritik am Konzept der Metropolregionen formuliert, stärker aus der Wissenschaft als aus der Praxis. Die Hauptkritik richtet sich gegen den mit dem Metropolregionskonzept verbundenen politischen Leitbild- und Paradigmenwechsel von der Raumordnungs- zur Raumentwicklungspolitik (Hesse/Leick 2013). Zu den treibenden Ideen der Metropolregionsbildung gehören Wettbewerbsfähigkeit, Effizienz und Austerität (Zimmermann/Feiertag 2019: 16–17). Metropolregionen werden daher von einigen Kritikern als Teil einer neoliberalen, wettbewerbsorientierten Strategie flexibler räumlicher Restrukturierung angesehen (Federwisch 2012; Haughton/Allmendinger/Oosterlynck 2013: 220; Balke/Reimer 2016: 294; Lang/Török 2017). Mit der raumordnungspolitischen Dominanz dieses Paradigmas sei die Gefahr der Peripherisierung der nichtmetropolitanen Räume verbunden (Danielzyk 2012; Waterhout/Othengrafen/Sykes 2013: 144). Darüber hinaus wird auf das demokratische Defizit der Metropolregionen und die mangelnde Einbindung der Zivilgesellschaft hingewiesen (Becker 2012; Plüss 2015). Ein weiterer Kritikpunkt bildet den Ausgangspunkt für den vorliegenden Beitrag und wurde von Preising (2013: 209–210) im Zusammenhang einer Untersuchung für die Metropolregion Hamburg formuliert. Demnach lenke die Fokussierung auf die Metropolregionen und deren internationale Ausrichtung vom Handlungsbedarf in ‚klassischen‘ raumordnerischen Themenfeldern wie der Steuerung der Siedlungsentwicklung ab. Die Frage ist nunmehr, inwieweit dieser Kritikpunkt verallgemeinert werden kann.
1. | Wie stellt sich die Siedlungsentwicklung in den Metropolregionen vor dem Hintergrund ihrer raumstrukturellen Merkmale dar? |
2. | Wie ist die formelle Regionalplanung in den Metropolregionen organisiert, welchen Stellenwert hat sie innerhalb der Governance-Struktur der Metropolregion? Wie stellen sich die Varianzen der Regulierungsintensität der Regionalpläne innerhalb der Metropolregionen dar? |
3. | Welche Hinweise liegen vor, dass die Governance-Strukturen der Metropolregionen zur Bearbeitung innovativer informeller Instrumente des regionalen Flächenmanagements genutzt werden? |
4. | Lässt sich im Ergebnis der Analyse die These des Bedeutungsverlustes der Raumordnung mit ihren Instrumenten zur Steuerung der regionalen Siedlungsentwicklung durch ihre Hinwendung zu den Metropolregionen bestätigen? Welche Handlungsbedarfe für die zukünftige Zusammenarbeit in den Metropolregionen lassen sich daraus ableiten? |
In den 12 hier betrachteten innerdeutschen Metropolregionen wohnen 57 Millionen Menschen. Über die Hälfte der deutschen Metropolregionen weist über 5 Millionen Einwohnerinnen und Einwohner (EW) auf. Zweifelsohne war es ein Motiv bei der Bildung der Metropolregionen, eine kritische Masse an Einwohnerinnen und Einwohnern zu erreichen, um im internationalen Wettbewerb der Metropolregionen sichtbar zu werden (Blotevogel/Schulze 2009: 30). Gegenüber den ‚klassischen‘ Stadt-Umland-Regionen vollzogen die meisten Metropolregionen einen Maßstabsprung auf die Ebene oberhalb von oberzentralen Verflechtungen. Allenfalls die Metropole Ruhr und die Metropolregion Rhein-Neckar entsprechen vom räumlichen Umgriff her noch diesen klassischen Stadt-Umland-Regionen. Insbesondere ähneln die Metropolregion Rheinland von ihrer Einwohnerzahl her und die Metropolregionen Berlin-Brandenburg, München und Hamburg auch von ihrer Flächengröße her eher Bundesländern als klassischen Planungsregionen. Damit stellt sich die Frage, inwieweit der – meist als Ergebnis politischer Erwägungen gefundene – räumliche Zuschnitt auch funktionalen Verflechtungen entspricht. Thom (2012) legte eine bundesweite regionalstatistische Untersuchung vor, die im Ergebnis eine erhebliche Abweichung zwischen den politisch abgegrenzten Metropolregionen und ihrer durch Daten begründbaren funktionalen Metropolität feststellte. Legt man ‚klassische‘ raumordnerische Kriterien wie Pendelbeziehungen an, so sind viele der Metropolregionen im Zuschnitt kaum begründbar (Kauffmann 2016). Zudem stehen die großräumig abgegrenzten Metropolregionen – wie viele andere europäische Metropolregionen (vgl. Pacione 2001) – im deutlichen Gegensatz zu den vorhandenen kleinteiligeren regionalen und politischen Verwaltungs- und Kooperationsstrukturen (vgl. Knapp/Kunzmann/Schmitt 2002). Sie sind insofern häufig in sich selbst fragmentiert (Kübler/Rochat 2018). Dabei sind die Formen des räumlichen misfits durch die nationalen und regionalen institutionellen und politischen Hintergründe unterschiedlich (vgl. Zimmermann/Feiertag 2019). In jedem Fall resultiert daraus die Daueraufgabe, das nach außen gerichtete Etikett „Metropolregion“ auch nach innen auf eine tragfähige Grundlage zu stellen und den Mehrwert des Etiketts für gemeinsame regionale Aktivität herauszuarbeiten.
In diesem Kapitel geht es zum einen um die Frage der Aufstellung und des Stellenwerts der Regionalplanung in der Governance-Struktur in den Metropolregionen, zum andern um die Varianzen der Regulierungsintensität der Regionalpläne innerhalb der Metropolregionen. Das heißt, es geht sowohl darum, wie homogen oder heterogen die formelle Regionalplanung in den Metropolregionen aufgestellt ist als auch um die Frage, wie die Regionalplanung in die Governance-Strukturen unter dem Etikett der Metropolregionen eingebunden ist. Von Fragmentierung wird sowohl gesprochen, wenn die Regionalplanung institutionell nur gering mit den Governance-Strukturen der Metropolregionen verflochten ist, als auch wenn die Regulierungsintensität der Regionalpläne innerhalb der Metropolregion stark variiert. Vor allem bei den großen Metropolregionen ist es sinnvoll, sowohl die Gesamtregion als auch die darin liegenden Kernräume zu betrachten.
Hier stellt sich sowohl die Frage, wie die Regionalplanung insbesondere in den Kernräumen der Metropolregionen institutionalisiert ist, als auch und vor allem die Frage, welchen Stellenwert sie in den Governance-Strukturen der Metropolregionen hat. Grundlage der Diskussion dieser Frage ist eine Recherche auf den Internet-Seiten der Metropolregionen und die Auswertung der einschlägigen Literatur. Im Ergebnis werden sie in vier Gruppen eingeordnet.
In dieser Gruppe finden sich die beiden flächenmäßig kleinsten deutschen Metropolregionen. Die hohe Integration der Regionalplanung in die Governance der jeweiligen Metropolregion hängt maßgeblich mit dieser geringen Flächengröße zusammen.
Die polyzentrische und bundesländerübergreifende Metropolregion Rhein-Neckar besitzt eine lange raumordnerische Tradition mit einer kommunal getragenen Regionalplanung. Mit ihrer Reform, die 2005 den Übergang von der Raumordnungsregion zur Europäischen Metropolregion markierte, behielt sie ihren räumlichen Zuschnitt und ihre raumordnerischen Aufgaben weitgehend bei. Der regionale Planungsverband wurde gestärkt und in seinem räumlichen Kompetenzbereich innerhalb der Region ausgedehnt, wobei die benachbarte Region Stuttgart Inspirationen gab (Zimmermann 2012; Schlusche/Böhringer 2016).
Die Metropole Ruhr ist die flächenmäßig kleinste und am stärksten verdichtete Metropolregion. Sie hat den Kommunalverband Ruhrgebiet als institutionellen Vorläufer und entwickelte sich im letzten Jahrzehnt aus der als Zwischenlösung anzusehenden Metropolregion Rhein-Ruhr (vgl. Blotevogel/Schulze 2010; Danielzyk/Knapp/Volgmann 2016). Bemerkenswert ist, dass sie nicht das Etikett „Metropolregion“, sondern den Titel „Metropole“ führt und so eher die Idee der Regionalstadt („Stadt der Städte“) aufgreift, um sich mit den deutschen Millionenstädten in Relation zu setzen. Sie wird getragen von dem Regionalverband Ruhr, dessen Vertreterinnen und Vertreter seit 2015 direkt gewählt werden. Durch das direkt gewählte Regionalparlament hat die Regionalplanung eine hohe politische Legitimation. In ihrem Tätigkeitsspektrum ist der Regionalplan zentral, im Bereich der Freiraumentwicklung der Emscher Landschaftspark.
In dieser Gruppe befinden sich neben dem Sonderfall Berlin-Brandenburg die Regionen mit bereits seit Längerem etablierten starken regionalen Institutionen, die für die institutionelle Struktur der Metropolregion maßgeblich sind, jedoch nur ein Teilgebiet der Region abdecken. In diesen Metropolregionen sind das Flächenmanagement und die Freiraumentwicklung kaum als gesamtregionale Aktivität verankert, allenfalls bezogen auf ihre siedlungsstrukturellen Kernräume.
Die Hauptstadtregion Berlin-Brandenburg ist die flächenmäßig größte Metropolregion und zugleich jene mit dem stärksten Stadt-Land-Gefälle (vgl. Assig 2016). Sie ist das Ergebnis der Mitte der 1990er-Jahre gescheiterten Länderfusion, wird von der unmittelbar danach eingerichteten gemeinsamen Landesplanung Berlin-Brandenburg betrieben und ist entsprechend eng mit der Raumordnung verbunden. Da in Brandenburg ein tortenförmiger Zuschnitt der Regionen für die Regionalplanung gewählt wurde, erschien es sinnvoll, die zentralen Festlegungen zur Siedlungsentwicklung im Verflechtungsraum um Berlin im Landesentwicklungsplan Berlin-Brandenburg vorzunehmen. Mit dem Etikett „Metropolregion“ ist vor allem das Dach einer Fülle von Kooperationen von Landesverwaltungen verbunden (Assig 2016: 568–569): Es geht sehr stark um ein Branding von ohnehin weitgehend vorhandenen Kooperationsstrukturen (Mahnken 2011).
Die Metropolregion Frankfurt/Rhein-Main umfasst mittlerweile das halbe Bundesland Hessen und reicht bis nach Bayern hinein. Da die hessischen Planungsregionen sehr groß geschnitten sind, ist die Fragmentierung der Regionalplanung auch in den peripheren Teilen der Region gering. Den Kern ihrer Governance-Struktur bildet der Regionalverband Frankfurt RheinMain, in dem auch die Koordinationsstelle der Metropolregion angesiedelt ist. In seiner thematischen Arbeit ist der Regionalverband sehr stark am Kernraum Rhein-Main orientiert. Was das Thema Siedlungsentwicklung angeht, ist hier vor allem der Regionale Flächennutzungsplan zu nennen. In dessen Kontext, aber auch darüber hinausgehend, wird das Thema des regionalen Flächenmanagements im Kernraum durch den Planungsverband sehr intensiv betrieben. Eine systematische Aktivität des regionalen Flächenmanagements, die auf die gesamte Metropolregion gerichtet ist, ist jedoch nicht zu verzeichnen.3
Die Metropolregion Stuttgart stellt eine Fortentwicklung der Region Stuttgart dar, eine der zwölf baden-württembergischen Planungsregionen, ohne diese jedoch zu ersetzen. Die Region Stuttgart bildet den Kernraum der Metropolregion, der Verband Region Stuttgart die institutionelle Kerneinheit. Sie war die erste in Deutschland mit einem direkt gewählten Regionalparlament (Eisenlohr 2016). Dieser starke politisch legitimierte Kern verleiht grundsätzlich auch der Metropolregion eine starke Basis. Da auch die anderen Teile der Metropolregion durch Regionalverbände abgedeckt sind, kann die institutionelle Fragmentierung der Regionalplanung in der Region als eher gering eingeschätzt werden. In der Kernregion erfolgt die Siedlungssteuerung über den Regionalplan, zentral für die Freiraumentwicklung ist der Landschaftspark Region Stuttgart.4
Die Metropolregion Hannover-Braunschweig-Göttingen-Wolfsburg5 (vgl. Nowak 2016) ist in Bezug auf die regionale Siedlungssteuerung sehr stark durch die kommunalen Verbände in ihren siedlungsstrukturellen Kernen geprägt, allen voran die Regionen Hannover und Braunschweig mit ihren Regionalplänen. Ansonsten ist die raumordnerische Steuerung in der Metropolregion durch die Kleinteiligkeit der beteiligten Landkreise – wie generell in Niedersachsen (Cassing 2016) – eher fragmentiert.
Die Metropolregion Rheinland ging aus der Metropolregion Rhein-Ruhr hervor. Sie basiert auf bereits Anfang der 1990er-Jahre verstärkten regionalen Kooperationen, wurde aber erst vor einigen Jahren vom Land als Metropolregion anerkannt (Masin 2016). Die Metropolregion ist als eingetragener Verein organisiert, getragen von Gebietskörperschaften, Interessenverbänden und dem Landschaftsverband Rheinland. Die Verzahnung mit der Regionalplanung ist anders als in der Metropole Ruhr gering. Da die Metropolregion jedoch die beiden Regierungsbezirke Köln und Düsseldorf mit ihren Regionalplänen umfasst, hält sich die Fragmentierung der Regionalplanung dennoch im Rahmen. In der operativen Konkretisierung ihrer Arbeit, die an den Themen Verkehr/Infrastruktur, Standortmarketing, Bildung/Forschung, Kultur/Tourismus orientiert ist, befindet sich die Metropolregion verglichen mit anderen Metropolregionen noch am Anfang. Abgesehen von Positionierungen gegenüber dem Landesentwicklungsplan spielen Aspekte der Siedlungsentwicklung und des Freiraumschutzes in der Agenda der Metropolregion Rheinland derzeit keine Rolle.
In dieser Gruppe finden sich Metropolregionen mit einer eher schwächer institutionalisierten Regionalplanung, verglichen mit den Gruppen 1 und 2. Immerhin bestehen in der Gruppe 3 in den siedlungsstrukturellen Kernen der Metropolregion Regionalpläne, die die Kernstädte und das Umland umgreifen.
In der Metropolregion München (vgl. Wittmann 2016) wurde erst relativ spät das Erfordernis verbindlicherer Governance-Strukturen erkannt (vgl. Miosga 2007: 16). Im Jahr 2008 wurde der Verein „Europäische Metropolregion München“ gegründet und damit der „Wirtschaftsraum Südbayern. Greater Munich Area e.V.“ und die „Initiative Europäische Metropolregion München“ zusammengeführt. Wenngleich die Regionalplanung in neun unterschiedlichen Teilräumen institutionalisiert ist, bildet immerhin der Kernraum der Stadt München mit seinem Umland eine eigene Planungsregion. Die Metropolregion München ist vor allem an regionalentwicklungspolitischen Themen ausgerichtet, insbesondere Wissen, Wirtschaft, Umwelt und Mobilität.
Die Metropolregion Nürnberg (vgl. Liebel 2005) wurde von Seiten des Landes als ‚Gegenstück‘ zur südbayerischen Metropolregion München forciert (Standecker 2016: 604). Bei ihrer Gründung 2005 waren zunächst vor allem die Gebietskörperschaften in einem Verein organisiert. Bemerkenswert ist auch ihre länderübergreifende Ausrichtung durch die Mitgliedschaft des Thüringer Landkreises Sonneberg. Mit der Strukturreform 2012 wurde die Wirtschaft durch einen eigenen Verein eingebunden. In der Metropolregion gelten insgesamt zehn Regionalpläne, einer davon in Thüringen. Allerdings ist der Kernraum der Region mit den Städten Nürnberg, Fürth und Erlangen durch einen Regionalplan abgedeckt.
In dieser Gruppe finden sich die Metropolregionen, in denen eine relativ starke Fragmentierung der Regionalplanung in den Kernräumen zu verzeichnen ist. Dies erklärt sich auch durch ihre bundesländerübergreifende Ausrichtung (vgl. Diller 2016). Etwas ausführlicher wird unten auf die Metropolregion Hamburg eingegangen, da sich an dieser auch die eingangs erwähnte Kritik von Preising (2013) festmacht.
Die Metropolregion Mitteldeutschland hatte von allen Metropolregionen sicherlich die schwierigste Entstehungsgeschichte. Nachdem Initiativen der Landesraumordnungen der Länder Sachsen (Sachsendreieck), Sachsen-Anhalt und Thüringen letztlich nicht zum Tragen kamen, führten Impulse aus der Wirtschaft 2014 zu tragfähigeren Strukturen (vgl. Egermann/Paßlick/Wiechmann 2016). Wenngleich die Metropolregion einen erheblichen Institutionalisierungsschub erfahren hat, wurde sie von wissenschaftlicher Seite aus vor noch nicht allzu langer Zeit als „Phantomregion“ (Baars/Schlottmann 2015) bezeichnet und ist verglichen mit älteren Metropolregionen fragiler; als einzige weist sie zudem noch keinen geschlossenen räumlichen Umgriff auf. Durch den bundesländerübergreifenden Charakter ist die Regionalplanung fragmentiert: Tangiert sind vier Planungsregionen in Sachsen-Anhalt, vier in Sachsen und drei in Thüringen. Zwar ist die größte Stadt Leipzig nur von einer Planungsregion umgeben. Der Blick in die Geschichte (Planungsverband für den Mitteldeutschen Industriebezirk in den 1920er-Jahren) zeigt jedoch, dass zumindest in raumstruktureller Hinsicht die Voraussetzungen einer intensiveren regionalplanerischen Integration im Kernraum Leipzig/Halle vorliegen (Kegler 2015).
Die Metropolregion Hamburg (vgl. Wacker 2016) weist eine hohe administrative Komplexität auf. Sie ist mittlerweile die einzige Metropolregion, die sich über die Grenzen von vier Bundesländern erstreckt. Sie entwickelte sich aus der bereits seit den 1960er-Jahren betriebenen Gemeinsamen Landesplanung der Kernstadt mit ihren Nachbarländern. Sie ist auch als historische Alternative zum intensiv diskutierten, aber nicht vollzogenen Nordstaat zu sehen. Im Zuge ihrer räumlichen Ausdehnung (vgl. Hardt 2015) und thematischen Diversifizierung wurde die Metropolregion sukzessive aus dem Verantwortungsbereich der Landesplanungen entlassen (von Löwis 2012). In der Metropolregion Hamburg sind nicht nur vier Länder und über 20 kommunale Gebietskörperschaften vertreten. In ihr finden sich auch fast alle Trägerschaftsmodelle der Regionalplanung: Stadtstaat Hamburg, Landkreise in Niedersachsen, Planungsverband in Mecklenburg-Vorpommern und die rein staatliche Regionalplanung in Schleswig-Holstein. Um dieser extremen Fragmentierung der Regionalplanung entgegenzuwirken, wurde bereits in den 1980er-Jahren das Modell eines eigenen Regionalverbandes für den engeren Verflechtungsraum um Hamburg oder zumindest eines einheitlichen Raumordnungsplans für den Kernraum wie in Berlin-Brandenburg diskutiert (vgl. Holtmann 2005). Dieses Modell wurde aber verworfen und auch jahrelang nicht als Korrektiv zur räumlichen Erweiterung der Metropolregion erörtert. Eine zumindest partielle Verringerung der regionalplanerischen Fragmentierung wurde 2014 dadurch erzielt, dass die drei schleswig-holsteinischen Planungsräume der Metropolregion zu einem zusammengefasst wurden. Wenngleich auch innerhalb der fragmentierten Regionalplanungsstrukturen gesamtregionale Ansätze des regionalen Flächenmanagements entwickelt wurden, machte dennoch vor Kurzem eine Studie (OECD 2019: 16) die Defizite deutlich: Neben der im Vergleich zu süddeutschen Räumen mangelnden ökonomischen Performance der Metropolregion Hamburg wurden auch die fragmentierten Raumplanungsstrukturen als ein zentrales Defizit der Metropolregion benannt. Diese führten dazu, dass einerseits der Flächenverbrauch in der Region hoch bleibe, aber dennoch kein adäquates Wohnungsangebot geschaffen werden könne, auch weil Innenentwicklungsstrategien nicht konsequent verfolgt würden. Dezidiert wird in der Studie die Gründung eines zentralen regionalen Planungsverbandes vorgeschlagen, der einen Regionalplan für die gesamte oder einen wesentlichen Teil der Region aufstellen könnte (OECD 2019: 16). Die Studie nimmt also die von Preising (2013) formulierte Kritik an einer zurückgehenden Bedeutung der Raumordnung der Metropolregion Hamburg auf. Die Forderung nach einer gemeinsamen Regionalplanung bzw. einem Regionalverband für den Kernraum wurde jedoch von den Verantwortlichen der Metropolregion abgelehnt. Allerdings wurde im Jahr 2021 immerhin zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein ein informeller Koordinierungskreis eingerichtet und es wird ein Raumstrukturkonzept auf der Metropolregionebene erstellt.
Ähnlich der Metropolregion Hamburg entwickelte sich die Metropolregion Nordwest aus länderübergreifenden Landesplanungen. Sie wurde aber bereits zu Beginn der 2000er-Jahre stärker in die Verantwortung der Kommunen und der Interessenverbände der Wirtschaft gegeben. Zentrales Element ist ein Verein mit einer eigenen Geschäftsstelle. Die Themenpalette besteht sowohl aus Elementen der wirtschaftlichen Profilierung als auch der Raum- und Infrastruktur (vgl. Baumheier 2007). Die Regionalplanung ist in dieser Region allerdings institutionell stark fragmentiert, sie liegt alleine in der Verantwortung der einzelnen Gebietskörperschaften, daher gibt es in der Region 16 Regionalpläne. Auch für den Kernraum gibt es keinen einheitlichen Regionalplan.
Ein weiterer Indikator für eine mögliche Fragmentierung der raumordnerischen Steuerung auf der regionalen Ebene in den Metropolregionen ist die Regulierungsintensität der Regionalpläne. Im Kontext des Forschungsvorhabens „Der Einfluss der Raumplanung auf die Siedlungsentwicklung in Deutschland und der Schweiz: Eine vergleichende Analyse von Steuerungsfähigkeit und -wirkungen“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) wurden unter anderem für Deutschland alle rechtsgültigen Regionalpläne und regionalen Flächennutzungspläne sowie Landesentwicklungspläne zum Stand 31. Dezember 2017 einer Inhaltsanalyse in Bezug auf ihre Aussagen zur Steuerung der Wohnsiedlungsentwicklung unterzogen. Vorgaben aus Landesentwicklungsplänen wurden dann berücksichtigt, wenn im Regionalplan keine entsprechende Vorgabe vorhanden ist. Nicht analysiert wurden Flächennutzungspläne, die gleichzeitig auch die Aufgabe eines Regionalplanes übernehmen, wie dies in den Stadtstaaten Bremen und Hamburg sowie den kreisfreien Städten in Niedersachsen der Fall ist.
Im Ergebnis lassen sich Gruppen bilden, die weitgehend den in Kapitel 3.1 gebildeten Gruppen der institutionellen Verankerung der Regionalplanung entsprechen:
Gruppe 1: In den Metropolregionen Rheinland, Ruhr, Rhein-Neckar und Frankfurt/Rhein-Main ist die Varianz der Regulierungsintensität der einzelnen Regionalpläne relativ gering und zudem die Regulierungsintensität relativ hoch.
Gruppe 2: In den Metropolregionen Hannover-Braunschweig-Göttingen-Wolfsburg und Stuttgart ist die Varianz der Regulierungsintensität der einzelnen Regionalpläne etwas höher als in Gruppe 1. Die Regulierungsintensität ist aber insgesamt als hoch zu bewerten. Von einer Fragmentierung kann daher nicht gesprochen werden. Für die Metropolregion Berlin-Brandenburg sind aufgrund fehlender Plandaten keine exakten Planaussagen möglich. Sie kann dennoch dieser Gruppe eingeordnet werden, da mit dem Landesentwicklungsplan für das direkte Umland um Berlin einheitliche Planaussagen mit einer gewissen Regulierungsintensität formuliert wurden.
Gruppe 3: In diese Gruppe fallen die beiden bayerischen Metropolregionen München und Nürnberg. Die Regulierungsintensität der Pläne ist sehr niedrig, allerdings auf einem metropolregionsweit einheitlichen Niveau. Von einer Fragmentierung kann zwar nicht gesprochen werden, da in den Kernräumen der beiden Metropolregionen jeweils ein Regionalplan maßgeblich ist. Es fällt jedoch auf, dass in den Kernräumen die Regulierungsintensität der Regionalpläne nicht höher ist als in den ländlichen Teilen der Metropolregionen. Im bundesweiten Vergleich ist die Steuerungsschwäche in den Kernräumen der beiden Metropolregionen auffallend.
Gruppe 4 enthält die Metropolregionen, bei denen von einer Fragmentierung der Regionalpläne gesprochen werden kann. Denn auch im Kernraum der Metropolregion treffen Regionalpläne mit unterschiedlicher Regulierungsintensität zusammen. Die Fragmentierung hält sich in der kleineren Metropolregion Mitteldeutschland noch im Rahmen, ist in der Metropolregion Nordwest höher und am höchsten in der Metropolregion Hamburg. Zwar weist auch im Kernraum kein Regionalplan eine sehr hohe und eine sehr niedrige Regulierungsintensität auf, jedoch sind die Regulierungsintensitäten der Planungsräume aus Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern auch im Kernraum der jeweiligen Metropolregion unterschiedlich.
Für die nachfolgenden Ausführungen wird auf die Definition des nachhaltigen Flächenmanagements von Elgendy und Wilske (2015: 14) eingegangen: „Nachhaltiges Flächenmanagement ist ein Prozess zur nachhaltigen Siedlungsentwicklung und zur Eindämmung der Flächenneuinanspruchnahme unter Einbezug der hierfür relevanten öffentlichen und privaten Akteure. Dazu gehören Schaffen und Wahren der Flächenübersicht über Siedlungsflächenpotenziale, periodische Erarbeitung einer Lagebeurteilung und darauf aufbauend die Ableitung einer räumlichen Strategie mit Schwerpunktsetzung, Umsetzung von spezifischen Maßnahmen zur Mobilisierung von Innenentwicklungspotenzialen und ein Monitoring.“ Diese Definition umfasst also deutlich mehr als die in Kapitel 3 vorgestellten formellen Instrumente der Regionalplanung, denn es sind auch informelle Instrumente enthalten. Ausgehend davon wurde eine Analyse der Internet-Auftritte der Metropolregionen vorgenommen und herausgearbeitet, welche Aktivität über die formale Regionalplanung hinaus vorzufinden ist. Diese Betrachtung gibt jedoch nur Aufschlüsse darüber, inwieweit in den Metropolregionen explizit unter dem Etikett „Metropolregion“ Maßnahmen des regionalen Flächenmanagements betrieben werden, in der Regel in Form von Facharbeitsgruppen oder spezifischen Leitprojekten. Es werden hier auch informelle Instrumente der regionalen Freiraumentwicklung, wie insbesondere Regionalparks, als ein Element des regionalen Flächenmanagements betrachtet, da es hier dezidiert um Alternativen zur Siedlungsentwicklung geht. Im Unterschied zu den Analysen in Kapitel 3 wird jedoch hier nicht ermittelt, inwieweit außerhalb des Etiketts „Metropolregion“ in den einzelnen Planungsregionen derartige Geschäftstätigkeiten für Teilräume der Metropolregion betrieben werden, etwa durch einzelne Regionalplanungsinstitutionen für ihre Wirkungsbereiche. Insofern ergibt diese Analyse nur einen ersten Eindruck. Es lassen sich zwei Gruppen bilden:
Gruppe 1: In dieser Gruppe finden sich die Metropolregionen, deren Themenagenda zwar gemäß der Grundausrichtung der Metropolregionen insgesamt auf alle Aspekte der Regionalentwicklung ausgerichtet ist. Jedoch existieren hier auch mehr oder minder starke Anstrengungen des regionalen Flächenmanagements. Eine feinere Differenzierung des Aktivitätsniveaus der einzelnen Metropolregionen ist auf der Basis der Informationen nicht möglich. In der Metropolregion Nordwest werden in der Verantwortung des Kommunalverbundes Bremen Niedersachsen verschiedene Projekte, etwa zur Koordinierung der Ausweisung von Einzelhandelsflächen oder der „Grüne Ring Bremen“, betrieben. Hervorzuheben sind auch die Bemühungen um ein einheitliches Rauminformationssystem für alle Regionalplanungen der Metropolregion.7 Auch in der Metropolregion Hamburg wird das Thema Siedlungsentwicklung kontinuierlich auf Metropolregionsebene im Rahmen der Arbeitsgruppe Siedlungsentwicklung durch Leitprojekte behandelt. Grundsätzlich vorgesehen ist die Erarbeitung eines regionalen Siedlungsstrukturkonzepts, als second best-Lösung für die unterbliebene Institutionalisierung eines einheitlichen Regionalplans im Kernraum. Die Metropolregion Rhein-Neckar beschränkt die regionale Siedlungssteuerung nicht nur auf den flächendeckenden Regionalplan, sondern hat auch das Thema des regionalen Flächenmanagements als Daueraufgabe etabliert. Dabei kommt auch dem Regionalplan hohe Bedeutung zu. In der Metropolregion Mitteldeutschland ist die Themenagenda zwar eindeutig regionalpolitisch ausgerichtet, es gibt jedoch Maßnahmen des Flächenmanagements. Hier sind die Projektgruppe Gewerbeflächen und das Leitprojekt Gewerbeimmobiliendatenbank hervorzuheben. In der Metropolregion München steht mittlerweile das Thema Regionalpark auf der Agenda. Bemerkenswert ist weiterhin, dass auch das Thema Baukultur seit Längerem im regionalen Maßstab angegangen wird. Aktuell wird das Thema einer Internationalen Bauausstellung in der Metropolregion München diskutiert. In der Metropolregion Berlin-Brandenburg werden Fragen der regionalen Siedlungsentwicklung auch in kommunalen Nachbarschaftsforen thematisiert. Ferner sind Regionalparks seit Längerem etabliert. Im Kontext der Metropolregion Nürnberg ist das Fachforum Verkehr und Planung zu erwähnen, in dem auch Themen der Siedlungsentwicklung abgestimmt werden.
In der Gruppe 2 finden sich Metropolregionen, in denen keine Aktivität des regionalen Flächenmanagements unter dem Etikett der Metropolregion zu erkennen ist. Im Falle der Metropolregionen Rheinland und Ruhr finden sich dennoch solche Handlungen; sie sind jedoch nicht erkennbar mit dem Etikett „Metropolregion“ verbunden. Im Falle der Metropolregionen Hannover-Braunschweig-Göttingen-Wolfsburg und Stuttgart ist die Diskrepanz intensiver Aktivitäten des regionalen Flächenmanagements in den Kernräumen einerseits (z. B. Regionalparks beim Verband Region Stuttgart) und fehlender Aktivität in dieser Richtung unter dem Etikett der Metropolregion andererseits am deutlichsten.
Die vier Leitfragen lassen sich wie folgt abschließend diskutieren und es lassen sich daraus Perspektiven formulieren.
Literatur
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Fußnoten
1 | Vgl. https://deutsche-metropolregionen.org/#das-sind-wir (24.03.2022). |
2 | Vgl. https://deutsche-metropolregionen.org/#das-sind-wir (24.03.2022). |
3 | Vgl. https://www.region-frankfurt.de/Unsere-Themen-Leistungen/Metropolregion/ (24.03.2022). |
4 | Vgl. auch https://www.region-stuttgart.org/aufgaben-und-projekte/metropolregion-stuttgart/?noMobile=1 (24.03.2022). |
5 | Vgl. https://metropolregion.de/metropolregion (24.03.2022). |
6 | Für eine detaillierte Beschreibung der Methodik vgl. Pehlke/Siedentop (2021). |
7 | Siehe https://www.statistik-bremen.de/Regionalmonitoring/RegionalmonitoringAufGemeindeebene.html (29.03.2022). |