Lokale Konflikte um unterschiedliche Planungen, Vorhaben und Zukünfte gibt es bereits so lange wie die gesellschaftlichen Systeme, in die sie eingebettet sind. Aktuell treten Konfliktlinien auf lokaler Ebene, auch durch die Nutzung digitaler Räume, immer sichtbarer und schroffer zutage. Zugleich beobachten wir einen Paradigmenwechsel, nach dem Kritik, Protest und Konflikt als alltägliche Bestandteile des lokalen politischen Prozesses akzeptiert werden (Bertram/Altrock 2020: 199).
Welche Folgen diese Entwicklung für die plurale Demokratie hat, ist noch offen. Einerseits wird gemahnt, dass mit zunehmender Lagerbildung die Fähigkeiten und Möglichkeiten friedlicher Konfliktbearbeitung schwinden (Sager 2020). Auf der anderen Seite stehen Überlegungen der agonistischen Demokratietheorie (Mouffe 2000; Mouffe 2005), die Differenz, Dissens und daraus entstehenden Konflikt als konstitutiv für den politischen Prozess, also als potenziell ‚echte‘ demokratische Momente innerhalb einer ansonsten postpolitischen Gesellschaftsordnung, ausmachen (Kühn 2021). Sie helfen dabei, nicht zuletzt solche Konflikte, die im Rahmen der räumlichen Planung auftreten, nicht (nur) als ‚Problem‘ zu betrachten, das es zu ‚lösen‘ gilt, sondern als Chance dafür, dass überhaupt eine Auseinandersetzung zwischen zunächst antagonistischen gesellschaftlichen Positionen stattfindet (Pløger 2018).
So prominent, wie die agonistische Demokratietheorie aufgegriffen wird, so sperrig zeigt sie sich bezüglich ihrer Übersetzung in die Praxis. Das betrifft insbesondere die entscheidende Frage nach der Demarkationslinie zwischen einer produktiven und einer frakturierenden Konfliktbearbeitung – eine Unterscheidung, auf die wir im Folgenden noch genauer eingehen wollen. Insbesondere für die konkrete Praxis der Raumplanung, an deren Ende notwendigerweise eine Entscheidung steht, die manche Belange berücksichtigt, während sie andere zurückstellt, wird daher ihr praktischer Nutzen infrage gestellt (Roskamm 2015: 398).
Diesem Beitrag legen wir die Annahme zugrunde, dass die agonistische Demokratietheorie durchaus Anstöße und Orientierungspunkte für die Bearbeitung von lokalen Konflikten bereithält. Wie allein die Proklamation einer agonistischen Planungstheorie auf der Basis agonistischer Demokratietheorie zeigt (Kühn 2021), gilt dies insbesondere auch für den Bereich der räumlichen Planung bzw. für den Umgang mit örtlichen Planungskonflikten, die in diesem Beitrag vereinfachend als Teil des lokalen politischen Prozesses verstanden werden.1 Nach unserem Dafürhalten zeigt sich der praktische Wert, die ‚Nützlichkeit‘, zentraler Argumente der agonistischen Demokratietheorie nicht zuletzt in der Auseinandersetzung mit lokalistischen Diskursen und Praktiken im Rahmen der Bearbeitung von lokalen (Planungs‑)Konflikten, was wir im Folgenden an zwei Fallbeispielen skizzieren möchten: anhand eines migrationsbezogenen Konflikts im ländlichen Raum sowie anhand eines Konflikts um die Verkehrsberuhigung in einem urbanen Quartier. Mit diesen Fallskizzen möchten wir zeigen, wie lokalistische Diskurse und Praktiken zum einen in demokratietheoretisch instruktiver Weise rekonstruiert und untersucht werden können und wie sie zum anderen Konfliktparteien eine gemeinsame Sprache und gemeinsame Spielregeln an die Hand geben können, die ihnen helfen, ihre (konträren) Positionen wechselseitig anzuerkennen (die aber auch das Potenzial haben, bestehende Frakturen zu mobilisieren und zu vertiefen). Die nachfolgenden Fallskizzen werden also in vorwiegend illustrativer Absicht präsentiert; sie erheben nicht den Anspruch einer empiriebasierten Weiterentwicklung demokratietheoretischer Konzepte und Argumente.
In Kapitel 2 gehen wir zunächst noch etwas näher auf die für diesen Beitrag relevantesten Argumente der agonistischen Demokratie- und Planungstheorie ein. Daraufhin wird nachgezeichnet, wie in unterschiedlichen Debatten ein Zusammenhang zwischen Lokalismus und gesellschaftlichen Konfliktdynamiken hergestellt wird, und auf dieser Grundlage wird eine Heuristik für die demokratietheoretisch informierte Untersuchung lokaler Konflikte entwickelt (Kapitel 3). Diese Heuristik wird sodann auf zwei konkrete, empirische Konflikte angewandt (Kapitel 4), um Anknüpfungspunkte für eine im Sinne agonistischer Demokratietheorie produktive Konfliktbearbeitung ausfindig zu machen. Nach der Identifikation von drei für die Bearbeitung von lokalen Konflikten relevanten Dimensionen lokalistischer Diskurse und Praktiken wird abschließend sondiert, inwiefern die vorgeschlagene Heuristik nicht nur für die Rekonstruktion und Interpretation konkreter Konflikte, sondern gegebenenfalls auch für lokale Konfliktakteure hilfreich sein kann (Kapitel 5).
Durch die zumindest an der kommunikativen Oberfläche zunehmend konfliktive Austragung von Meinungsverschiedenheiten und Interessengegensätzen in lokalpolitischen Kontexten (z. B. Domann/Nuissl/Steinrücke 2021) scheinen tieferliegende gesellschaftliche Verwerfungen durch. Entgegen der vielfach bemühten, doch unklaren Diagnose einer multidimensionalen Polarisierung der Gesellschaft (vgl. Roose/Steinhilper 2022) verstehen wir diese Verwerfungen mit Mau (2019) als gesellschaftliche Frakturen. Dieser Begriff kommt ohne eine imaginierte Mitte aus, die in lokalen Konfliktkonstellationen ohnehin oft schwer identifizierbar ist. Zugleich lenkt er die Aufmerksamkeit auf örtliche Besonderheiten und Pfadabhängigkeiten, ohne die sich lokale Konflikte kaum verstehen lassen. Mau (2019: 13) führt Frakturen als soziale Bruchlinien auf ein Zusammenwirken von Positionen und Flugbahnen im sozialen Raum und biographischen wie alltagsweltlichen (Raum‑)Erfahrungen zurück, was er anschaulich an den Identifikations- und Positionsbestimmungen der Bewohnerinnen und Bewohner der Rostocker Großwohnsiedlung Lütten Klein ausführt. Damit zeigt er, wie im Lokalen kulturelle und ökonomische Faktoren zusammenwirken und Gruppenzugehörigkeiten produzieren, die zunächst jenseits klassischer Links/Rechts-Schemata zu verstehen sind. Eine frakturierte Gesellschaft, so die These, ist eine „anfällige“ und unter Spannung stehende Gesellschaft (Mau 2019: 17).
Die in Anlehnung an Mouffes ‚agonistischen Pluralismus‘ (2000) entwickelte agonistische Demokratietheorie geht davon aus, dass es keine abschließende Lösung von Konflikten durch Konsensfindung geben kann, sondern dass Differenz, Dissens und daraus entstehende Konflikte ebenso wie Machtasymmetrien konstitutiv für den politischen Prozess und für die Aushandlung und Herstellung räumlicher Strukturen sind (Kühn 2021). So geht es Mouffe (2005: 20) eher um die gegenseitige Anerkennung konträrer Positionen als um deren Lösung: „Although acknowledging that there is no rational solution to their conflict, nevertheless recognize the legitimacy of their opponents.“ Demnach sind Kompromisse zwar möglich, bleiben jedoch stets vorübergehend und unvollständig, da konträre Positionen einander niemals konsensual angenähert werden können. Konflikt wird daher nicht als etwas durch Kommunikation zu Behebendes verstanden, wohl aber als konstitutiv für den demokratischen Prozess: „Agonism is thus the permanent problematisation of hegemonies, legitimacy and decisions made by consensus or majority force“ (Pløger 2018: 272). Die besondere Stärke der agonistischen Demokratietheorie liegt darin, dass sie den Fokus zum einen auf Demokratie- und Partizipationsdefizite, zum anderen auf das Verhältnis von ‚Beteiligten‘ (z. B. lokalen Nutzerinnen und Nutzern, Initiativen, Protestgruppen) und ‚Beteiligenden‘ (Institutionen des lokalen Staates) lenkt (vgl. Gribat/Lutz 2018).
Agonistische Demokratietheorie wird derzeit breit rezipiert. Sie ist im Vergleich etwa zum kommunikativen Ansatz deutlich besser geeignet, um aktuelle gesellschaftliche Konfliktlagen einzuordnen, zu erklären und – zumindest allgemeine – Vorschläge zu ihrer Bearbeitung zu formulieren (Kühn 2021: 144). Gleichwohl stellt sich nicht zuletzt im Hinblick auf die räumliche Planung das Problem, dass sie nicht im engeren Sinne anwendungs- und praxisorientiert ist: „Agonism/antagonism theory does not work well for a positive planning theory. Or, to put it differently by referring to a well-known distinction, such a conception is appropriate for a theory about planning but less for a theory of planning“ (Roskamm 2015: 398; Hervorhebung im Original). Gegen eine ‚echte‘ praktische Relevanz agonistischer Argumente spricht im Fall der räumlichen Planung überdies, dass diese als Teil der öffentlichen Verwaltung in einer pluralistischen Demokratie ihrem Grundsatz nach konsensorientiert und ausgleichend sein muss (Kühn 2021:147). Genau das aber widerspricht denjenigen normativen Prinzipien, die aus der agonistischen Demokratietheorie abzuleiten naheläge. Nichtsdestotrotz dürfte auch eine politische bzw. planerische Praxis, die dem Primat einer wie auch immer gearteten Abwägung von Interessen und Positionen verpflichtet ist, zunehmend gefordert sein, nicht nur gesellschaftliche Frakturen auszuhalten, sondern – im Sinne antagonistischer Demokratie- und Planungstheorie – auch Situationen zu schaffen, in denen Begegnungen und Austausch über diese Frakturen hinweg möglich werden, um so bestehende Antagonismen über deren Sichtbarmachung und Anerkennung perspektivisch zu Agonismen zu ‚domestizieren‘ (Hillier 2002). Hierfür dürften insbesondere dort günstige Voraussetzungen bestehen, wo latent oder manifest miteinander konfligierende gesellschaftliche Gruppen über einen gemeinsamen Erfahrungs- und Handlungsraum verfügen, auf den sie in der gegenseitigen Auseinandersetzung Bezug nehmen und zu dem sie sich in Beziehung setzen können. Ein solcher Raum wiederum dürfte sich am ehesten im nahräumlichen, lokalen Maßstab finden oder herstellen lassen, wo sich verschiedene Lebenswelten und räumliche Strukturen miteinander verschränken – und dementsprechend richten sich, in Zeiten intragesellschaftlicher Spannungen, vielerlei Hoffnungen darauf, dass in lokalen Politikarenen die Formierung und Aushandlung unterschiedlicher Positionen in konstruktiver Weise gelingt.
Gegenwärtig lassen sich eine Reihe gesellschaftlicher Phänomene beobachten, die mit einer (Rück‑)Besinnung auf das lokale Umfeld einhergehen. Hierzulande deuten beispielsweise die Etablierung eines ökologisch motivierten Automobilitätsverzichts, die Vernetzung von städtischen Konsumentinnen und Konsumenten mit regionaler Landwirtschaft oder die Wiederentdeckung der Nachbarschaft in Form von Tausch- und Solidarpraktiken darauf hin, dass ‚das Lokale‘ in vielerlei lebensweltlichen Zusammenhängen eine Aufwertung erfährt (Fromm/Rosenkranz 2019; Winterberg 2020; Oltmanns/Knieling/Kretschmann 2022). Auch wenn eine breite gesellschaftliche Hinwendung zum Lokalen keinesfalls erstmalig diagnostiziert wird (Morris/Hess 1975) und auch wenn sich manche ihrer Spielarten möglicherweise als Ausdruck einer romantisierenden Idealisierung eines lebensweltlichen Nahraums (den es so schon lange nicht mehr gibt) und der Schaffung „systemisch irrelevante[r] Beruhigungsinseln“ (Meireis 2020: 196) seitens privilegierter Schichten interpretieren lassen, finden sich durchaus handfeste Hinweise auf eine in jüngerer Zeit manifeste Bedeutungszunahme, aber auch Indienstnahme lokaler Zusammenhänge: Sie zeigen sich etwa in der Anrufung von Nachbarschaften als regulatorische Instanzen zwischen gegenseitiger Nothilfe und sozialer Kontrolle im Zuge der Corona-Pandemie (Schnur 2020) oder von lokalen „sorgenden Gemeinschaften“ vor dem Hintergrund maroder Pflegesysteme (Laufenberg 2018). Auch tonangebende Unternehmen des digitalen Plattformkapitalismus präsentieren ihre Angebote zunehmend als Karte von Kauf- und Erlebnisoptionen, die sich rings um die Geolocation der Nutzenden ausbreitet.
Wir begreifen die rezenten – analogen, digitalen oder auch hybriden – Formen der Rückbesinnung auf das Lokale als „Neuen Lokalismus“. Neu sind dabei nicht unbedingt die Erscheinungsformen des Lokalismus, neu sind die gegenwärtig zu beobachtenden Lokalismen jedoch in dem Sinne, dass sie eine latente, vielfach auch explizite Abkehr von eingeübten, räumlich weitgehend entankerten spätfordistischen Mustern des Konsumierens und Wirtschaftens implizieren, wenn nicht gar – etwa im Kontext von Postwachstums-, aber auch populistischer Antiglobalisierungsdebatten – propagieren (vgl. Park 2013). Neu sind sie vielfach auch dahingehend, dass sie mithilfe digitaler Technologien und Medien (z. B. Nachbarschaftschatgruppen, Tauschplattformen) befördert oder sogar erst hergestellt werden und insofern in hybride Lebenswelten eingebunden sind (Becker/Schreiber/Göppert 2020). Auch wenn sich die Frage, ob der konstatierte Neue Lokalismus tatsächlich in dem Sinne neu ist, dass ihm ein tiefgreifender gesellschaftlicher Transformationsprozess zugrunde liegt, im Rahmen dieses Beitrags nicht erschöpfend diskutieren lässt, so kann festgehalten werden, dass lokalistische Diskurse und Praktiken derzeit eine gesellschaftliche und politische Resonanz finden, die vor nicht allzu langer Zeit noch schwer vorstellbar war.
Konzeptionell knüpft der Begriff des (Neuen) Lokalismus an vier Debattenstränge an. Bereits in den Globalisierungsdebatten der 1980er- und 1990er-Jahre wurde die Relevanz des Lokalen als gleichsam unterschätzte Ebene der Regulation, des Widerstands sowie als Ort von Rückbettungsprozessen hervorgehoben (Giddens 1990; Smith 1996; Swyngedouw 1996). Auf lokaler Ebene wären demnach zwar nicht Ursachen und/oder Lösungspotenziale für soziale Konflikte zu suchen, aber sie bietet sich als Einstiegspunkt an, um das multiskalare Entstehungsgefüge dieser Konflikte zu entschlüsseln und zu systematisieren (Miller 1997; Andresen 2020). In einem zweiten Debattenstrang findet der Begriff des Lokalismus explizit Verwendung. Er behandelt die Reorganisation neoliberaler Governance-Formen und fokussiert nicht zuletzt die Neubewertung lokaler Steuerungs- und Konkurrenzsysteme zur Bewältigung fiskalischer, demokratischer und moralischer Defizite der neoliberalen Transformation der westlichen Gesellschaften ab den späten 1970er-Jahren (Davoudi/Madanipour 2013; Cochrane 2016). Vor dem Hintergrund des britischen „Localism Act“ 2010/2011 entzündete sich in diesem Zusammenhang eine rege geführte Debatte zu den Hintergründen und Folgen des „localist turns“ (Hickson 2013) in Regierungshandeln und Raumplanung. Im Mittelpunkt solcher Debatten steht dabei insbesondere der politische Gehalt des Lokalismus, der als „fuzzy, political concept with many uses and meanings“ (Clarke/Cochrane 2013: 16) gedeutet wird (Clarke 2013; Deas 2013; Sturzaker/Shaw 2015; Wills 2015; Tait/Inch 2016; Wills 2016; Fitzpatrick/Pawson/Watts 2020). Drittens wird der Lokalismusbegriff genutzt, um Organisierungs- und Mobilisierungsstrategien sozialer Bewegungen ‚vor Ort‘ zu beschreiben, die sowohl progressiven (Stoker 2004; Featherstone/Ince/Mackinnon et al. 2012) als auch regressiven (Winter 2003; Barron/Frug 2005; Ince 2011; Park 2013) Charakter annehmen können. Schließlich wird, viertens, hinsichtlich der jüngeren Entwicklungen am rechten Rand des politischen Spektrums die Hoffnung artikuliert, dass lokalistische (im Sinne transparenter, kollaborativer und problemlösungsorientierter) Politik, die im Alltag erfahrbar ist, populistischer Agitation den ‚Wind aus den Segeln‘ nehmen kann (Katz/Nowak 2017; Chou 2020). Dieser Debattenstrang ist für unsere weiteren Überlegungen ein besonders wichtiger Referenzpunkt, da er auf dem Argument aufbaut, dass in Diskursen und Praktiken auf lokaler Ebene nicht nur Lösungen für gesellschaftliche Herausforderungen und Widersprüche aufscheinen, sondern auch gesellschaftspolitische Positionen verhandelt und zusammengeführt werden können. Lokalismus erscheint so als mögliches ‚Mittel‘ zum Zweck, Konflikte produktiv zu bearbeiten. Dabei verstehen wir weder ‚das Lokale‘ noch den Lokalismus als feststehende Entitäten, sondern als Produkte sozialer Auseinandersetzungen (deren Konstruiertheit ihnen jedoch nichts von ihrer gesellschaftlichen Wirkmächtigkeit nimmt) (Clarke 2013: 500). Die unterschiedlichen Lokalismen des sozialistischen Venezuelas mit denjenigen des konservativ regierten Großbritannien vergleichend, resümiert Massey (2013: 256): „‘the local’ and ‘localism’ in themselves have no political content, either progressive or reactionary. To believe they did would be to indulge in a form of spatial fetishism.“
Ob der Neue Lokalismus also tatsächlich die erhoffte integrative Kraft zu entfalten vermag, die an ihn herangetragen wird, ist eine offene Frage. So ist denkbar, dass lokal agierende (zivilgesellschaftliche) Initiativen, die vorwiegend von kosmopolitisch-diversen urbanen Milieus ausgehen und sozial-ökologische Ziele verfolgen, auch exkludierende Effekte haben können, da die Mitwirkung an diesen Initiativen typischerweise ein gewisses Maß an kulturellem, sozialem und nicht selten auch ökonomischem Kapital voraussetzt. Darüber hinaus gibt es auch zahlreiche Beispiele dafür, dass die Rückbesinnung auf das Lokale identitätspolitisch aufgeladen sein und zur Verhärtung gesellschaftlicher Konfliktlinien beitragen kann (Fitzgerald 2020). Offensichtlich wird dies dort, wo essenzialisierte Grenzen und lokale Identitäten gegenüber den ‚Anderen‘ ‚verteidigt‘ werden sollen (vgl. Miggelbrink/Mullis 2022).
Aus dem Schema lassen sich vier Merkmalsbereiche ableiten, in die sich lokalistische Diskurse und Praktiken einordnen lassen. Während die dort einander diagonal gegenüberstehenden Begriffe „identitätsorientiert“ (diskursive Introversion) und „partizipationsorientiert“ (praktizierte Extraversion) selbsterklärend sein dürften, müssen die beiden anderen Begriffe näher bestimmt werden, zumal sie selbst umkämpft sind. So wird seit einiger Zeit ein Auseinanderbrechen der Gesellschaft entlang einer politisch-kulturellen Dimension diskutiert, deren Pole Kosmopolitismus und Kommunitarismus markieren (Merkel 2017; Decker 2019). Ersteren verstehen wir in Anlehnung an Reckwitz (2017: 341) als diskursive Extraversion eines Wertesets, das sich einerseits an Singularität, andererseits an Globalismus orientiert, also sowohl Individualität und Authentizität als auch Toleranz und Offenheit betont. Anders als etwa Petzold (2016) gehen wir davon aus, dass sich kosmopolitische Motive tatsächlich auch in lokalistischen Diskursen wiederfinden lassen. Zugleich wollen wir den Gegenpol zum Kosmopolitismus nicht als sesshafte Provinzialität verstehen, die per se exkludierend sein muss (vgl. Reese-Schäfer 2019). Denn die Gegenüberstellung von „inklusivem Kosmopolitismus“ und „exklusivem Kommunitarismus“ „[…] übersieht […], dass es vielen Kommunitaristen primär um Gewährleistung sozialer Sicherheit und Anerkennung geht oder um die Bewahrung beherrschbarer lokaler Lebenswelten und nicht um menschenverachtende Identitätspolitik“ (Meyer 2017: 40). Damit verstehen wir Kommunitarismus im hier betrachteten Zusammenhang als praktizierte Introversion, die sich zwar in erster Linie an eine autochthon vorgestellte Gemeinschaft richtet, jedoch auch Solidar- und Teilhabepraktiken beinhalten kann.
Wir gehen davon aus, dass sich spezifische Lokalismen in Debatten und Praktiken nicht immer trennscharf den vier skizzierten Merkmalsausprägungen zuordnen lassen. Diese sind vielmehr als idealtypische Zuspitzungen zu verstehen – als „sensitizing concepts“ (vgl. Thornberg 2012: 255), mit deren Hilfe wir im Folgenden versuchen möchten, empirische Erscheinungsformen des Lokalismus zu beschreiben, einzuordnen und hinsichtlich ihres Potenzials, eine produktive Konfliktbearbeitung zu befördern, zu beurteilen.
Die im vorherigen Abschnitt eingeführte Heuristik möchten wir im Folgenden nutzen, um erste empirische Befunde eines Forschungsprojektes zu lokalen Konflikten zu interpretieren. Dabei beschränken wir uns auf zwei (der vier im Projekt untersuchten) Fälle: a) einen mobilitätsbezogenen Konflikt im Wrangelkiez, einer Nachbarschaft im Berliner Ortsteil Kreuzberg, und b) migrationsbezogene Auseinandersetzungen in der ländlich gelegenen Kreisstadt Seelow und ihrer Umgebung im Osten Brandenburgs. Der Kontextgebundenheit und der nicht zwangsläufig voraussetzbaren Übertragbarkeit unserer Befunde sind wir uns bewusst. Die Präsentation zweier unterschiedlicher Fallskizzen soll folglich auch keine Zuspitzung des Arguments durch einen Vergleich darstellen, sondern unterschiedliche Ausprägungen des Neuen Lokalismus vor dem Hintergrund agonistischer Demokratietheorie illustrieren. Davon, sie in den Kontext international geführter demokratietheoretischer Debatten zu stellen, erhoffen wir uns vor allem Anregungen zur Konkretisierung der in diesen Debatten vorgebrachten Argumente, weniger deren empiriegeleitete Ausdifferenzierung oder Weiterentwicklung.
Während sich das Forschungsprojekt auf eine Vielzahl empirischer Methoden stützt (Presseanalysen, ethnographische Feldforschungen und diskursive Interviews), werden für die nachfolgenden Fallskizzen in erster Linie Experteninterviews herangezogen. Befragt wurden Kommunalpolitikerinnen/-politiker, Planerinnen und Planer, Journalistinnen/Journalisten sowie Konfliktberaterinnen und -berater aus beiden Untersuchungsgebieten. Durchführung und Auswertung der Expertengespräche folgten der von Gläser und Laudel (2009) vorgeschlagenen fallübergreifenden qualitativen Inhaltsanalyse. Anhand der dabei gewonnenen Einsichten wurde mithilfe der vorgeschlagenen Heuristik angestrebt, die Rolle des Neuen Lokalismus im Rahmen der untersuchten Konfliktverläufe im Allgemeinen und dessen Beitrag zu einer produktiven Konfliktbearbeitung im Besonderen zu rekonstruieren.
In der im dünn besiedelten Osten Brandenburgs gelegenen, etwa 6.000 Einwohnerinnen und Einwohner zählenden Kreisstadt Seelow spitzte sich im Sommer 2018 ein Konflikt zu, als der Kreistag die Absicht bekannt gab, in einem Wohnblock der kommunalen Wohnungsgesellschaft einen Wohnverbund für Geflüchtete einzurichten. Bereits seit anderthalb Jahren waren dort 22 der über 100 Wohneinheiten mit Städtebaufördermitteln hergerichtet worden. Nach Bekanntwerden dieser Entscheidung formiert sich umgehend ein zunächst anonymes „Bürgerbündnis Seelow sagt Nein zum Ghetto“, das als erst online agitierende, bald aber auch auf Veranstaltungen auftretende ‚Pressure Group‘ agiert, von der angenommen wird, dass sie „AfD-gesteuert“ ist (Interview_S_02)2. Auf dem Flugblatt des „Bürgerbündnis“ werden zwar eher nationalistische und völkische, also überlokale Bilder bedient, aber auch das Lokale spielt insofern eine wichtige Rolle, als dass es als dörfliches Idyll, als Gegenpol zur kosmopolitischen Großstadt imaginiert wird. Mit dem Bild des „Ghettos“ werden „Verhältnisse vorhergesagt, die katastrophal sind“ (Interview_S_02). Mit seiner Kampagne verfolgt das „Bürgerbündnis“ eindeutig das Ziel, Deutungshoheit über Fragen der lokalen Zugehörigkeit zu erlangen, um auf diesem Weg unerwünschte Gruppen zu exkludieren. Damit lässt sie sich einem Diskurs zuordnen, den wir als identitätsorientierten Lokalismus verstehen.3
Die rasche und massive Mobilisierung gegen die Pläne der Kreisverwaltung kann nicht ohne den Hintergrund der langen Geschichte radikal rechter Organisierung, Gewalt und teilweiser Meinungshoheit in der Region verstanden werden: Das Erbe der ‚Baseballschlägerjahre‘ in der Region trägt ein rechtes Gewaltpotenzial in sich, das im Zuge der flüchtlingsfeindlichen Proteste und der Etablierung der AfD in den 2010er-Jahren wieder auflebt (vgl. Botsch/Schulze 2021; BOrG 2022). Nicht zuletzt die gerade volljährigen Kinder der in den 1990er-Jahren aktiven Neonazis seien es, die nun gegen Minderheiten und Andersdenkende vorgehen (Interview_S_03).
Auch seitens der in Seelow ansässigen Kreisverwaltung dominierte lange eine eher abwehrende Haltung gegenüber der internationalen Fluchtmigration. So wurden die dem Landkreis aufgetragenen Aufnahmequoten unter anderem mit der Begründung angefochten, dass der Kreis bereits viele Bürden zu tragen habe (Fischer 2013). Hinzu kommt die regelmäßige und routinierte Distanzierung von den ‚Entscheidungszentren‘ in Potsdam und Berlin, deren Weisungen in der Regel nur nach zähen Verhandlungen und Zugeständnissen nachgekommen wird. Mit dieser Erzählung korrespondiert eine Sichtweise der lokalen administrativen Praxis als Aufgabenfeld, das die Interessen der ‚lokalen Gemeinschaft‘ gegenüber externen Ansprüchen zu verteidigen hat und das insofern einem kommunitaristisch einzuordnenden Lokalismus verpflichtet ist. Diese Sichtweise resoniert in weiten Teilen der Seelower Bevölkerung – teils unabhängig davon, wie die Einzelnen zur Aufnahme von Geflüchteten konkret stehen (Interview_S_01).
In Opposition zur ablehnenden Haltung gegenüber einer verstärkten internationalen Zuwanderung auf Seiten der Kreisverwaltung sowie weiter Teile der Zivilgesellschaft (einschließlich der radikalen Rechten) entwickelten sich auf Gemeinde- und Nachbarschaftsebene unterschiedliche Aktivitäten mit dem Ziel, das Ankommen in der Region zu erleichtern. Dazu gehören beispielsweise mehrere Willkommenskreise, aber auch die Initiative der nahe Seelow gelegenen Gemeinde Golzow, deren Verwaltungsspitze junge Familien mit Fluchtgeschichte willkommen hieß, nicht zuletzt um die für die Offenhaltung der Dorfschule notwendige Zahl an Schülerinnen und Schüler zu erreichen (Interview_S_01; vgl. auch die Langzeitdokumentation „Die Kinder von Golzow“4). Gemeinsam sind diesen Initiativen Erzählungen des Lokalen als problembehaftet und krisengeschüttelt; sie begreifen Zuwanderung jedoch nicht als autoritär durchgesetzte, zusätzliche Belastung, sondern als Ressource zur Stabilisierung und Entwicklung der Region. Dass hier inkludierende lokale Praxen zivilgesellschaftlicher Gruppen, aber auch kleinerer Gemeinden zu beobachten sind, verstehen wir als Ausdruck eines partizipationsorientierten Lokalismus, der jedoch bis 2018 eher ein Nischenphänomen blieb.
Im Zuge der Auseinandersetzungen um die Wohnungen für Geflüchtete kommt es schließlich zu einer Diskursverschiebung, die dazu führte, dass auch der bis dahin gleichsam hegemoniale abwehrende Umgang mit Fluchtmigration ein Stück weit relativiert wird. Kipppunkt scheint hierbei eine hitzig verlaufende Bürgerinformationsveranstaltung gewesen zu sein, zu der die rechte ‚Pressure Group‘ zuvor im Netz und auf der Straße mobilisiert hatte. So kam es sowohl zu einer AfD-Kundgebung vor sowie organisierten rechten Wortergreifungen während der Veranstaltung. Neben mit rassistischem Unterton vorgebrachten Befürchtungen wurde hier insbesondere das Bild einer zunehmenden Ghettoisierung der Kleinstadt vorgetragen und eine aggressive Ablehnung der politischen Elite beschworen. „Es ist ja nu’ kein rein deutscher Block mehr“ heißt es in einem Mitschnitt, in dem auch die exkludierende Dimension des identitätsorientierten Lokalismus zutage tritt: „Uns hat in Seelow keiner gefragt. Wir sind das Volk […]“.5 Einer der an der Durchführung der Veranstaltung Beteiligten schildert die Situation als so einschüchternd und bedrohlich, dass außer den Offiziellen sich niemand getraut habe, gegenüber den organisierten Rechten das Wort zu ergreifen (Interview_S_02).
In Reaktion auf diese Bedrohungserfahrung von rechts organisierte die lokale Elite rund um den Bürgermeister, einige Gewerbetreibende und Vereine eine diskursive Offensive, die die Toleranz der Stadtgemeinschaft und das Potenzial von Zugezogenen für das Lokale betont. Hierbei kam es auch zu einer teilweisen Neuerzählung der internationalen Zuwanderung, in der die Erfolge des lokalen Fußballvereines, bei dem inzwischen auch die Kinder der nach Seelow geflüchteten Familien spielen, hervorgehoben wurden. Aber auch die besondere „soziale Verantwortung, die sich die Kreisstadt Seelow auf die Fahne geschrieben hat“ – und damit das Deutungsmuster eines kosmopolitischen Lokalismus – wurde (hier vom Geschäftsführer der kommunalen Wohnungsgesellschaft) hervorgehoben.6
Die Initiative „Wrangelkiez Autofrei!“ setzt sich seit 2017 dafür ein, den Berliner Wrangelkiez für motorisierte Fahrzeuge zu sperren und damit „solidarisch, klimafreundlich und lebenswert“ umzugestalten,8 stößt dabei vor Ort allerdings auch auf erheblichen Widerstand. Der Kiez grenzte als östlichster Teil Kreuzbergs an die Berliner Mauer und galt auch nach dem Mauerfall bis in die späten 1990er-Jahre als ‚lands end‘. Aufgrund der bis in die 2000er-Jahre hinein weithin maroden Bausubstanz (Wohnungen mit Ofenheizungen und mangelhaften Sanitäranlagen) zogen seit den 1960er-Jahren überwiegend Familien aus der Türkei und aus arabischsprachigen Ländern zu, die auf günstigen Wohnraum angewiesen waren (Baur 2014: 98). Die „Kreuzberger Mischung“, das Nebeneinander von Arbeiterinnen und Arbeitern, Studierenden, Künstlerinnen und Künstlern, Kriegsdienstverweigerern, Aussteigerinnen und Aussteigern aus aller Welt, prägt auch heute noch das Quartier.
Mit der Ausweisung des Wrangelkiezes als „Gebiet mit besonderem Entwicklungsbedarf“ im Jahr 1999 wurden soziale Problemlagen wie Armut und Lohnarbeitslosigkeit, Sprach- und Bildungsprobleme, aber auch bauliche Maßnahmen und Leerstandsmanagement von Ladenräumen im Rahmen des Programms „Soziale Stadt“ erstmals planerisch bearbeitet (Baur 2014: 99). Dies geschah zu einem Zeitpunkt, als in innerstädtischen Lagen die Nachfrage nach Wohnraum (auch) durch besserverdienende Bevölkerungsgruppen wieder signifikant zugenommen hatte. Die damit einhergehende Bevölkerungsfluktuation geht vor allem auf die Abwanderung türkischer Bewohnerinnen und Bewohner und einen überproportionalen Zuzug einkommensstärkerer Haushalte zurück. Die Arbeitslosigkeit im Quartier nimmt stetig ab und die mittleren Haushaltsnettoeinkommen steigen, auch wenn die soziale Struktur des Quartiers (bislang noch) als gemischt mit stark postmigrantischem Charakter beschrieben werden kann: Über die Hälfte der Anwohnerinnen und Anwohner haben einen Migrationshintergrund, 18 % mit deutscher und 33 % mit ausländischen Staatsangehörigkeiten (Schwedes/Roderer/Uppenkamp et al. 2022: 8). Die Anwohnerinnen und Anwohner im Alter von 15 bis 65 Jahren sind zu 44 % sozialversicherungspflichtig beschäftigt, zu 6,8 % lohnarbeitslos und zu 16,8 % abhängig von Transferleistungen (Schwedes/Roderer/Uppenkamp et al. 2022: 8); 17 % verfügen über ein eigenes Auto (Wildermann 2021: 12). Während das Quartier aufgrund seiner sozialen Problemlagen lange Zeit von Investorinnen und Investoren vernachlässigt wurde, zeichnet es sich seit einigen Jahren durch kostenintensive Modernisierungen, hochpreisige Neuvermietungen und eine fortschreitende Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen aus (Schwedes/Roderer/Uppenkamp et al. 2022: 9).
Aus der Entwicklung der letzten Jahre lässt sich ein Gentrifizierungsprozess ablesen, der nicht auf eine Verbesserung der sozialen Lage der Anwohnerschaft zurückgeht, sondern auf einen partiellen Austausch der Bevölkerung (Schwedes/Roderer/Uppenkamp et al. 2022: 9). Damit verändert sich auch das kulturelle Kapital im Quartier grundlegend. Neue Konsummuster führen zu einer verstärkten Ansiedlung von Restaurants und neuen Läden, deren Zielpublikum neben Anwohnerinnen und Anwohnern sowie z. B. Touristen und Touristinnen auch die Beschäftigten der in den letzten beiden Dekaden angesiedelten Betriebe der Kreativwirtschaft sind (Voigt 2012; Landry 2015).
In dieses lokale Setting wird nun die Vision einer Verkehrsberuhigung eingebracht, die durch eine Machbarkeitsstudie der Technischen Universität Berlin wissenschaftlich begleitet wird (Schwedes/Roderer/Uppenkamp et al. 2022). Das detaillierte Verkehrsberuhigungskonzept der Initiative „Wrangelkiez Autofrei!“ sieht in erster Linie eine Minimierung des Autoverkehrs zugunsten einer höheren Verkehrssicherheit insbesondere für vulnerable Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer sowie eine Reduktion der Parkflächen mit dem Ziel der Neuverteilung des öffentlichen Raums zugunsten von Frei- und Grünflächen vor. Es sieht sich damit als Pilotprojekt für Kreuzberg mit Leuchtturmfunktion.9 Die hinter dem Projekt stehende Initiative hat die Umsetzung der Maßnahmen in drei Phasen geplant. Phase 1 dient der Vorbereitung und Planung der Konzeptumsetzung, einer Befragung der Anwohnerinnen, Anwohner und Gewerbetreibenden als Grundlage für das Verkehrskonzept. Zudem setzte sie erste bauliche Verkehrsberuhigungsmaßnahmen in Form von Diagonalsperren an zwei zentralen Kreuzungen im Kiez durch Poller um. Phase 2 sieht weitere bauliche Maßnahmen, insbesondere Sperrungen der Zufahrten in den Kiez und eine Erprobungsphase der Parkflächenreduzierung vor, bevor dann in Phase 3 permanente bauliche Maßnahmen wie der Rückbau von Pkw-Stellplätzen umgesetzt werden sollen.10
Das Konzept wurde bei mehreren Informationsveranstaltungen im Wrangelkiez vorgestellt und bei Runden Tischen, die durch das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg organisiert wurden, diskutiert. Es wird unter anderem von der Partei Bündnis 90/Die Grünen unterstützt, deren lokale Abgeordnete bei Partizipationsveranstaltungen als Fürsprecherinnen und Fürsprecher auftraten. Auch wenn 64 % der ansässigen Bevölkerung das Konzept befürworten (Wildermann 2021: 12), formierte sich aus dem Kiez heraus Widerstand. 43 % der Gewerbetreibenden stimmten in der Machbarkeitsstudie gegen die Verkehrsberuhigung (Wildermann 2021:14). Unter dem Namen „Mobilitätswende Richtig!“ hat sich eine Gruppe aus (überwiegend türkischen) Gewerbetreibenden sowie ‚alteingesessener‘ Bewohnerschaft formiert, die gegen die Vorschläge zur Verkehrsberuhigung im Wrangelkiez ankämpft. Dabei richten sich die Argumente dieser Gruppe zunächst auf Fragen des Verkehrs: Es wird infrage gestellt, dass das lokale Gewerbe nach der Umsetzung der Verkehrsberuhigung noch hinreichend gut erreichbar bleibt. Des Weiteren wird argumentiert, dass die private Pkw-Nutzung notwendig sei, um Familienmitglieder, die an den Stadtrand verdrängt worden seien, aufzusuchen und den mit Unsicherheitsgefühlen verbundenen öffentlichen Personennahverkehr zu meiden (Interview_K_01). Neben diesen alltagsbezogenen Sorgen problematisiert das widerständige Lager als weitergehende Implikationen der Verkehrsberuhigung, dass diese einer Verdrängung der Anwohnerinnen und Anwohner durch Tourismus und steigende Mieten Vorschub leiste. Die kritischen Stimmen berufen sich dabei auf Aufwertungsprozesse infolge von Verkehrsberuhigungsmaßnahmen und Superblock-Initiativen in anderen Großstädten. Auch auf Lärmbelästigungen infolge von Verkehrsberuhigungsmaßnahmen und neu geschaffenen Aufenthaltsräumen am benachbarten Lausitzer Platz wird verwiesen (Wildermann 2021). Damit interpretieren sie die geplanten Maßnahmen – durchaus im Einklang mit wichtigen Beiträgen zur aktuellen Stadtforschungsdebatte – als Teil einer grünen Gentrifizierung und damit einer neoliberalen Agenda (Interview_K_01).
Die beiden im Fallbeispiel Wrangelkiez identifizierten Konfliktparteien rekurrieren auf zwei übergeordnete Diskurse. Die Befürworterinnen und Befürworter der Verkehrswende orientieren sich an einer sozial-ökologischen Transformation. Sie verbinden ihre Interessen an der Verkehrssituation im Kiez insofern explizit mit global bestehenden gesellschaftlichen Herausforderungen. Ferner wird, durchaus sendungsbewusst, die Signalwirkung des Projektes betont. Mit der Darstellung des Singulären (Wrangelkiez) als eingebunden in eine globale Herausforderung (Reduktion von Emissionen) erscheint ihre Diskursarbeit als kosmopolitischer Lokalismus. Das Bild des Lokalen, das die Kritikerinnen und Kritiker des Konzeptes zeichnen und das die Spezifik der Bedarfe und Bedürfnisse der gegenwärtigen Bewohnerinnen und Bewohner der Nachbarschaft betont, kann als identitätsorientiert gelten. Bemerkenswert ist allerdings, dass die Kritikerinnen und Kritiker der Verkehrsberuhigung ihre damit erkennbare Binnenorientierung im Konfliktverlauf mit ‚kosmopolitischen‘ Argumenten (kritischer Stadtdiskurse) flankieren. Indem auch die Kritikerinnen und Kritiker für sich in Anspruch nehmen, sich in ihrem Einsatz für das Singuläre („Kreuzberger Mischung“) einem problematischen universellen Trend (Gentrifizierung) entgegenzustellen und somit erkennbar auf einen kosmopolitischen Lokalismus Bezug nehmen, entsteht eine gemeinsame ‚Sprache‘ und wird ein Austausch zwischen den beiden Lagern möglich.
Der gegenseitige Austausch wird im Rahmen partizipativer Formate vollzogen, die – vor allem getragen von den Befürworterinnen und Befürwortern der Verkehrsberuhigung – die zentralen Arenen der zeitweilig stagnierenden, zeitweilig eskalierenden Konfliktaustragung bilden. In Anbetracht der lokal-politischen Allianzen der Verkehrswendebefürworterinnen und -befürworter und ihrer damit einhergehenden hegemonialen Position sowie der gegenwärtigen Umsetzung der zweiten Phase des Konzeptes lässt sich die Frage stellen, inwiefern die Einwände aus dem Lager der Kritikerinnen und Kritiker in Form von Kompromisslösungen in der weiteren Umsetzung berücksichtigt werden. So könnte es gelingen, die dominanten Bezugnahmen auf kosmopolitische Diskurse und die wiederkehrenden kommunitaristischen Bezugnahmen im Verlauf des Konfliktes in partizipationsorientierte Praktiken zu überführen (vgl. Abbildung 3).
Die Fallskizzen zeigen, dass Formen des Lokalismus in kommunalen Konflikten in drei Hinsichten zu einer produktiven Konfliktbearbeitung beitragen können: Erstens können lokalistische Bezüge geteilte „symbolische Räume“ (Mouffe 2005: 20) eröffnen, die in (Planungs‑)Konflikten eine gemeinsame, agonistische Auseinandersetzung ermöglichen. Zweitens können lokalistische Diskurse und Praktiken als Kitt für die Formierung temporärer Allianzen fungieren, die sich im Konfliktverlauf herausbilden. Im Lokalismus können sich, drittens, globale Großnarrationen artikulieren und manifestieren und so als Orientierung und Motivation in konkreten, lokalen Konflikten dienen, womit ein von Mouffe (2005: 38) eher verworfener Aspekt in den Fokus rückt. Diese drei Beobachtungen sollen in den folgenden Abschnitten näher ausgeführt werden, bevor wir abschließend diskutieren, welche Implikationen sie für eine produktive Konfliktbearbeitung haben könnten.
Aus der Perspektive agonistischer Demokratietheorie betrachtet, können Konflikte als Positionskämpfe beobachtet werden, die postpolitische Ordnungen grundsätzlich infrage stellen, indem neue hegemoniale Deutungen produziert und institutionalisiert werden (Pløger 2018: 268). Damit treten auch Akteure hinzu, die lokale Konflikte professionell begleiten und die Arenen für die Aushandlung widerstreitender Akteurpositionen aktiv mitgestalten.
Mittels der in diesem Beitrag skizzierten Fallstudien haben wir versucht zu zeigen, inwiefern lokalistische Diskurse und Praktiken in diesem Zusammenhang Ansatzpunkte bieten, antagonistische Gegensätze in eine agonistische Konfliktbearbeitung zu überführen (was nicht zuletzt in einer Zeit, in der rechts-nationalistische Gesellschaftskonzepte um sich greifen, wichtig erscheint, um diese Diskurse und Praktiken nicht der radikalen Rechten und ihrer ‚Heimatfixierung‘ zu überlassen). Dabei bestätigte sich, dass lokalistische Diskurse und Praktiken über unterschiedliche Positionen hinweg einen gemeinsamen Referenzrahmen, einen Diskursraum eröffnen können, in dem es den Konfliktbeteiligten gelingt, unterschiedliche Position(ierung)en zunächst einmal (an-) zu erkennen, konstruktiv über Verfahren zur Konfliktbearbeitung zu streiten (ohne dass dafür zwangsläufig die Bildung eines Konsens’ als Ziel ausgegeben werden müsste) und im günstigen Fall auch – zumindest temporär – einen Konsens zu bilden. Andererseits zeigte sich aber auch das Potenzial des Lokalismus, gruppenbezogen-menschenfeindliche Positionen zu verschleiern und auf diese Weise in der lokalen Debatte zu normalisieren.
Wenn das vorgeschlagene Schema dabei helfen kann, lokalistische Praktiken und Diskurse zu entwirren und differenzierter darzustellen und damit auch für Planerinnen und Planer sowie die professionelle Konfliktbearbeitung besser greif- und handhabbar zu machen, ist viel gewonnen. Doch die Betrachtung der konkreten Konflikte zeigt auch: Es gibt kein Patentrezept dafür, über Formen des Lokalismus eine plural-demokratische lebendige Debatte anzustoßen oder zu befördern. Daneben braucht es auch klare Haltung, etwa gegenüber rechtsradikaler Agitation, sowie den politischen Willen, aufziehenden Konflikten Raum und Zeit zur Austragung zu geben.
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Fußnoten
1 | Hier soll in keiner Weise in Abrede gestellt werden, dass die als eigener gesellschaftlicher Funktionsbereich gesetzlich und administrativ institutionalisierte räumliche Planung mit ihren spezifischen Akteuren und Instrumenten nicht gleichzusetzen ist mit den politischen Willensbildungsprozessen rund um die Institutionen der repräsentativen Demokratie auf lokaler Ebene. Für die Herausarbeitung der Spezifika raumplanerischer Konflikte, Willensbildungs- und Entscheidungsprozesse fehlt uns in diesem Beitrag zum einen jedoch der Raum. Zum anderen sind wir davon überzeugt, dass die wesentlichen Argumente, die sich hinsichtlich der Relevanz der agonistischen Demokratietheorie für die politische Praxis formulieren lassen, auch für die planerische Praxis instruktiv sind. |
2 | Der Interviewschlüssel gibt neben der fortlaufenden Nummerierung der geführten Gespräche auch die entsprechende Fallstudie an, wobei K für Berlin-Kreuzberg und S für Seelow und Umgebung steht. |
3 | An dieser Stelle ist es wichtig zu betonen, dass Lokalismus in der Analyse nicht anstelle von Ideologien betrachtet werden soll. Insbesondere gruppenbezogen-menschenfeindliche Ideologien müssen als existenzielle Bedrohung sichtbar bleiben; der vorgeschlagene Fokus auf Lokalismus darf den Blick auf sie nicht verstellen. Die ‚Lokalismus-Perspektive‘ kann allerdings helfen zu erklären, weshalb sich diese rechtsradikalen Gruppen so effektiv in die lokalpolitische Debatte einkuppeln können. |
4 | https://www.rbb-online.de/doku/f-g/golzow/grosse-retrospektive-im-rbb-die-kinder-von-golzow.html (22.03.2023). |
5 | https://www.facebook.com/watch/?v=1949056401806688 (18.04.2019). |
6 | https://www.facebook.com/watch/?v=1949056401806688 (18.04.2019). |
7 | Die Abbildungen 2 und 3 illustrieren die Dynamik und Bewegungsrichtung der untersuchten Konflikte unter besonderer Berücksichtigung lokalistischer Diskurse und Praktiken; sie stellen kein systematisches ‚Mapping‘ von Konfliktverläufen dar. |
8 | http://www.autofreierwrangelkiez.de/vision.pdf (22.03.2023). |
9 | http://www.autofreierwrangelkiez.de/vision.pdf (22.03.2023). |
10 | http://www.autofreierwrangelkiez.de/vision.pdf (22.03.2023). |