In der Debatte zur kommunalen Verkehrswende und in der kommunalen Praxis dienen Städtevergleiche der Identifikation guter Beispiele oder auch dem Benchmarking. Städtevergleiche erfolgen meist auf der Basis von Kenngrößen des Verkehrsverhaltens der Wohnbevölkerung (Umweltbundesamt 2017; Agora Verkehrswende 2020; DLR 2021). Insbesondere in der (fach)öffentlichen Debatte über eine Mobilitäts- und Verkehrswende dienen immer wieder einzelne Städte ohne nähere Darstellung des städtischen Kontextes als Vorbilder. Städtevergleiche und Vorbilder benötigen aber einen Interpretationskontext in einer Typologie oder (weniger anschaulich) auf der Basis von Regressions- und Residuenanalysen. In diesem Beitrag wird ein typologisierender Ansatz verfolgt und dazu eine Studie von Klinger, Kenworthy und Lanzendorf (2013) repliziert. Es wird die Stabilität der dort entwickelten Typologie überprüft anhand eines aktualisierten und ergänzten Datensatzes für 44 deutsche Großstädte.
Zur Abbildung des stadtspezifischen Kontextes des Verkehrsverhaltens der Wohnbevölkerung dienen in anderen Analysen meist Gemeindegrößenklassen (z. B. Klinger/Kenworthy/Lanzendorf 2013; Holz-Rau/Scheiner 2020), regionalstatistische Raumtypologien (z. B. die RegioStaR-Typologie des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur1; Nobis/Kuhnimhof 2018: 22) oder – komplexer – die Kombination von Einwohnerzahl, Zentralität und Höhenunterschieden der Gemeinden (Gerike/Hubrich/Ließke et al. 2020: 20).
Mit Stadtgröße und Siedlungsdichte eng verbunden ist das Verkehrsangebot (z. B. verfügbare Systeme des öffentlichen Verkehrs, verkehrsmittelspezifische Reisezeiten, Tarife und Gebühren), das seinerseits mit Unterschieden im Verkehrsverhalten korrespondiert (Boltze/Specht/Friedrich et al. 2002; Wermuth 2005; Wittwer 2008; Wehmeier/Koch 2010; Klinger 2017). Es zeigen sich geringere Distanzen, geringerer Pkw-Besitz, geringere Pkw-Nutzung und häufigere Nutzung des öffentlichen Verkehrs in größeren Städten und städtischen Räumen (Nobis/Kuhnimhof (2018) für Deutschland, Rietveld/Daniel (2004) für die Niederlande und Santos/Maoh/Potoglou et al. (2013) für europäische Städte) sowie eine höhere Fahrradnutzung in weitgehend ebenen Städten (Gerike/Hubrich/Ließke et al. 2020). Raumstrukturelle Gegebenheiten sind also wichtige Rahmenbedingungen der Verkehrsnachfrage. Gleichzeitig bleibt bei gegebenen raumstrukturellen Rahmenbedingungen eine Bandbreite unterschiedlicher Verhaltensweisen festzustellen.
Differenzierend kommen bei Analysen des individuellen Verkehrsverhaltens sozioökonomische Merkmale wie Alter, Geschlecht, Berufstätigkeit, Bildungsabschlüsse und Haushaltseinkommen hinzu (Giuliano/Dargay 2006; Bühler/Kunert 2008; Holz-Rau/Scheiner/Sicks 2014; Nobis/Kuhnimhof 2018; Kuhnimhof/Nobis/Hillmann et al. 2019; Nobis/Kuhnimhof/Follmer et al. 2019). Diese lassen sich in Städtevergleichen beispielsweise durch den Anteil der über 65-Jährigen, der Studierenden, der Wählerinnen und Wähler bestimmter Parteien oder durch das durchschnittliche Haushaltseinkommen einbeziehen (Rietveld/Daniel 2004: 540; Klinger/Kenworthy/Lanzendorf 2013: 26; Santos/Maoh/Potoglou et al. 2013: 133–134).
Außerdem beeinflussen persönliche Werte, Einstellungen, Zufriedenheiten und Präferenzen das individuelle Verkehrsverhalten (Hunecke/Schweer 2006; Scheiner/Holz-Rau 2007; Prillwitz/Barr 2011; Götz/Deffner/Klinger 2016; Bojković/Petrović/Parezanović 2018: 178). Sie können beispielsweise durch durchschnittliche Noten zur Zufriedenheit mit dem Verkehrsangebot in Städtevergleiche einbezogen werden (Klinger/Kenworthy/Lanzendorf 2013; ADFC 2018; Nobis/Kuhnimhof 2018). Haustein und Nielsen (2016: 178–179) unterscheiden in einer psychologisch ausgerichteten Vergleichsstudie unter den damals 28 Mitgliedstaaten der EU sechs Mobilitätskulturen, die sie unter anderem auf das Umweltbewusstsein und auf pragmatische Gründe (Preis, Geschwindigkeit, Bequemlichkeit) zurückführen. Bamberg, Rollin und Schulte (2020: 3) identifizieren lokale normative Überzeugungen, die sie als „wahrgenommenen Konsens der Stadtgesellschaft“ über die weitere Planung und Entwicklung des Verkehrssystems bezeichnen.
Dabei folgen empirische Untersuchungen zwei unterschiedlichen Pfaden der Analyse: Bei regressionsanalytischen Studien steht die Frage nach Ursache-Wirkung-Zusammenhängen im Vordergrund. Die Analysen prüfen und quantifizieren Zusammenhänge zwischen vermutlich ursächlichen Größen (z. B. Verkehrsangebote und Stadtstrukturen) und den vermutlich abhängigen Größen des realisierten Verkehrsverhaltens. Daneben stehen Analysen, die nach relevanten Merkmalen gebildete Kategorien miteinander vergleichen. Typologisierende Untersuchungen, wie die hier vorgelegte, zielen auf die empirisch fundierte Bildung relevanter Kategorien bzw. Typen.
Als theoretisches Modell eignet sich der Ansatz städtischer Mobilitätskulturen (Deffner/Götz/Schubert et al. 2006). Diese definieren Mobilitätskulturen auf der Ebene von Städten als „Ganzheit der auf Beweglichkeit bezogenen materiell und symbolisch wirksamen Praxisformen“ (Deffner/Götz/Schubert et al. 2006: 16). Der Ansatz hebt die strikte Trennung zwischen unabhängigen Merkmalen (z. B. Siedlungsstruktur, ÖPNV-Angebot) sowie abhängigen Größen (z. B. Motorisierungsquote, Verkehrsmittelnutzung) auf und versteht diese als gegenseitig bedingt (Klinger/Kenworthy/Lanzendorf 2013: 22–24). So ist auf der einen Seite die Nutzung des öffentlichen Verkehrs in einer Stadt Folge des bestehenden Angebots. Auf der anderen Seite prägt aber auch die Nachfrage nach öffentlichem Verkehr das Angebot.
Dieser Beitrag repliziert die Studie von Klinger, Kenworthy und Lanzendorf (2013) anhand aktualisierter, für die Städte vereinheitlichter und ergänzter Daten. Die Indikatoren der Ausgangsstudie werden aufgrund des Literaturüberblicks um die Höhenunterschiede im Stadtgebiet, die Studentenquote, das politische Klima (Anteil der Partei Bündnis 90/DIE GRÜNEN an der Bundestagswahl 2017) und der Anteil der Carsharing-Haushalte ergänzt. Dabei ergänzen die Studentenquote, der Wähleranteil und der Anteil der Carsharing-Haushalte die in der Ausgangsstudie kaum abgebildeten Bereiche Planung und Politik sowie Lebensstile und Milieus.
– | Ähneln sich die Faktorenstrukturen und Cluster beider Analysen? |
– | Wie integrieren sich die ergänzten Indikatoren? |
– | Sind die Faktorenstrukturen und Cluster schlüssig zu interpretieren? |
– | Welche Konstellationen städtischer Merkmale sind dabei typisch? |
– | Welche Schlussfolgerungen ergeben sich für die verkehrsplanerische und verkehrspolitische Debatte? |
– | Welche Rahmenbedingungen sollten bei Städtevergleichen und der Identifikation guter Beispiele berücksichtigt werden? |
– | Welche Rolle spielen Rahmenbedingungen, die sich durch Politik und Planung kaum verändern lassen? |
– | Welche Schlussfolgerungen ergeben sich daraus für die Handlungs- und Wirkungsspielräume kommunaler Verkehrsplanungen und -politiken? |
Es wird also nach den Kontexten der Verkehrsnachfrage in Städten und identifiziert typische Konstellationen städtischer Merkmale einschließlich des dort zu beobachtenden Verkehrsverhaltens gefragt. Der Beitrag trägt somit dazu bei, Städtevergleiche besser zu interpretieren, zuverlässiger zwischen besseren und schlechteren Beispielen zu unterscheiden und die lokalen Handlungsspielräume realistischer einzuschätzen. Dazu werden zunächst die Datengrundlagen und Untersuchungsmethoden dargestellt (Kapitel 2) und anschließend die Ergebnisse der Faktorenanalyse (Kapitel 3) und der Clusteranalyse (Kapitel 4) präsentiert. Der Beitrag schließt mit der Diskussion der Ergebnisse und gibt einen Forschungsausblick (Kapitel 5).
Klinger, Kenworthy und Lanzendorf (2013) führten in ihrer Untersuchung anhand von 44 Städten zunächst eine Faktorenanalyse durch. Diese verdichtete die 23 Variablen zu sieben Faktoren. Die anschließende Clusteranalyse, die methodisch unsauber auf der Basis der Ausgangsvariablen statt auf der Basis der Faktoren durchgeführt wurde, führte zu sechs Städtetypen. Diese wurden als voneinander abgegrenzte städtische Mobilitätskulturen interpretiert. Dieses Vorgehen wird im vorliegenden Beitrag mit einem aktualisierten Datensatz in ähnlicher Form wiederholt.
Nr. | Indikator | Beschreibung | Quelle | Jahr | Vergleich der Studiena |
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Gebaute Stadt | |||||
(1) | Bevölkerung | Anzahl der Einwohner | Statistische Ämter des Bundes und der Länder | 2018 | identische Variablen |
(2) | Siedlungsdichte | Einwohner je km2 bebaute Fläche | BBSR (INKAR)e | 2017 | identische Variablen |
(3) | Ein- und Zweifamilienhäuser | Anteil der Wohngebäude mit ein und zwei Wohnungen an Wohngebäuden [%] | BBSR (INKAR) | 2017 | identische Variablen |
(4) | Ebene Topografie | Anteil der Einwohner mit weitgehend ebenem Wohnumfeld (unter 5 % durchschnittliche Steigung in der 250m-Zelle und den direkt angrenzenden Zellen) [%] | MiD | 2017 | neue Variable |
Sozioökonomische Situation | |||||
(5) | Altersstruktur (Einwohner über 65 Jahre) | Anteil der Einwohner über 65 Jahre [%] | BBSR (INKAR) | 2017 | identische Variablen |
(6) | Einkommen | Durchschnittliches Haushaltseinkommen je Einwohner [€] | BBSR (INKAR) | 2017 | identische Variablen |
(7) | Arbeitslosigkeit | Arbeitslose je 1.000 Einwohner im erwerbsfähigen Alter | BBSR (INKAR) | 2017 | identische Variablen |
(8) | Haushaltsgröße (Singlehaushalte) | Anteil der Single-Haushalte an allen Haushalten [%] | Statistische Jahrbücher und Internetseiten der Städte | 2016-2020b | identische Variablen |
Lebensstile und Milieus | |||||
(9) | Studentenquote | Anzahl der Studierenden an Universitäten und Hochschulen je 1.000 Einwohner (Studierende am Studienort) | BBSR (INKAR) + Internetseiten der kreisangehörigen Städte Aachen, Hannover und Reutlingen | 2017 | neue Variable |
(10) | Politische Verhältnisse | Anteil der Zweitstimmen Bündnis90/Die Grünen bei der Bundestagswahl 2017 [%] | BBSR (INKAR) | 2017 | neue Variable |
(11) | Hochmotorisierte Pkw | Anteil Pkw mit 2.000 und mehr ccm Hubraum an allen Pkw [%] | Kraftfahrt-Bundesamt | 2020 | identische Variablen |
Infrastruktur und Verkehrsangebot | |||||
(12) | Schienengestützter ÖPNV | Straßenbahn, Stadtbahn, U‑Bahn vorhanden: ja/nein (S-Bahn nicht berücksichtigt) | BBSR (INKAR) | 2016 | modifizierte Variable |
(13) | Fahrradgeschäfte | Anzahl der fahrradbezogenen Einträge in den Gelben Seiten pro 1.000 Einwohner | Gelbe Seiten | 2020 | identische Variablen |
(14) | Autohandel und Autowerkstätten | Anzahl der autobezogenen Einträge in den Gelben Seiten pro 1.000 Einwohner | Gelbe Seiten | 2020 | identische Variablen |
Individuelle Bewertung der Verkehrssituation | |||||
(15) | Zufriedenheit mit der Verkehrssituation Fahrrad | Durchschnittsnote ‚Wie bewerten Sie die allgemeine Verkehrssituation bei Ihnen vor Ort für das Fahrrad?‘ | MiDc | 2017 | neue Variable |
(16) | Autod | Durchschnittsnote ‚Wie bewerten Sie die allgemeine Verkehrssituation bei Ihnen vor Ort für das Auto?‘ | MiDc | 2017 | neue Variable |
(17) | ÖPNVd | Durchschnittsnote ‚Wie bewerten Sie die allgemeine Verkehrssituation bei Ihnen vor Ort für den öffentlichen Nahverkehr?‘ | MiDc | 2017 | neue Variable |
(18) | zu Fuß | Durchschnittsnote ‚Wie bewerten Sie die allgemeine Verkehrssituation bei Ihnen vor Ort zu Fuß‘? | MiDc | 2017 | neue Variable |
(19) | Radfahren macht Spaß | Durchschnittswert auf der 6‑stufigen Skala von ‚Bei uns macht Radfahren Spaß‘ bis ‚…ist Radfahren Stress‘ | Fahrradklimatest ADFC | 2018 | identische Variablen |
(20) | Alle fahren Fahrrad | Durchschnittswert auf einer 6‑stufigen Skala von ‚Bei uns fahren alle Fahrrad – egal, ob alt oder jung‘ bis ‚fahren eher nur bestimmte Gruppen Fahrrad‘ | Fahrradklimatest ADFC | 2018 | identische Variablen |
Kurz- und mittelfristiges Verkehrsverhalten | |||||
(21) | Wegehäufigkeit im motorisierten Individualverkehr | Durchschnittliche Anzahl der mit dem motorisierten Individualverkehr zurückgelegten Wege pro Person und Tag (als Fahrer oder Mitfahrer) | MiD | 2017 | modifizierte Variable |
(22) | Wegehäufigkeit öffentlicher Verkehr | Durchschnittliche Anzahl der mit dem öffentlichen Verkehr zurückgelegten Wege pro Person und Tag | MiD | 2017 | modifizierte Variable |
(23) | Wegehäufigkeit Fahrrad | Durchschnittliche Anzahl der mit dem Fahrrad zurückgelegten Wege pro Person und Tag | MiD | 2017 | modifizierte Variable |
(24) | Wegehäufigkeit zu Fuß | Durchschnittliche Anzahl der zu Fuß zurückgelegten Wege pro Person und Tag | MiD | 2017 | modifizierte Variable |
(25) | Motorisierungsquote | Anzahl der privaten Pkw je 1.000 Einwohner | Kraftfahrt-Bundesamt und Statistische Ämter des Bundes und der Länder | 2018 | identische Variablen |
(26) | ÖPNV-Bindung | Anteil der Einwohner mit Monatsfahrkarte [%] | MiD | 2017 | modifizierte Variable |
(27) | Haushalte mit Carsharing | Anteil Haushalte mit Carsharing-Mitgliedschaft [%] | MiD | 2017 | neue Variable |
Klinger, Kenworthy und Lanzendorf (2013) verwendeten 23 Indikatoren für die Felder Raumstruktur, sozioökonomische Situation, Infrastruktur und Verkehrsangebote, mobilitätsbezogene Wahrnehmung und Bewertung sowie der realisierten Verkehrsnachfrage. Der dort verwendete Datenbestand basierte auf einer Vielzahl von Quellen verteilt über eine große Zeitspanne (1997 bis 2010). Die Daten der vorliegenden Analyse stammen dagegen aus weniger Quellen und sind zeitlich kohärenter (2017 bis 2020; vgl. Tabelle 1).
Die Ursprungsstudie wird ergänzt um einen Indikator der Topografie (Raumstruktur), der Bedeutung der Hochschulen (Sozioökonomie), der Carsharing-Mitgliedschaft (Verkehrsverhalten) und der politischen Dimension (Anteil der Partei Bündnis 90/DIE GRÜNEN bei der Bundestagswahl 2017).5 Außerdem werden auf der Basis der MiD 2017 die Indikatoren Zufriedenheit mit den Verkehrsmitteln zu Fuß, Fahrrad, Auto und öffentlicher Verkehr sowie zwei Fragen des Fahrradklimatests (ADFC 2018) verwendet. Klinger, Kenworthy und Lanzendorf (2013: 24) nutzten hierzu die fahrradbezogene Zufriedenheit des ADFC-Fahrradklimatests der Jahre 2003 und 2005 sowie die Bewertungen der Qualität des Straßennetzes und des ÖV-Systems aus einer Untersuchung der Unternehmensberatung McKinsey aus dem Jahr 2005. Als Indikatoren der Verkehrsmittelnutzung werden in der vorliegenden Analyse statt des prozentualen Modal Splits die absoluten Wegehäufigkeiten je Person und Tag verwendet.6 Die übereinstimmenden Indikatoren sind aktualisiert.7
In der vorliegenden Untersuchung ausgeschlossen wurden die Mitgliederzahlen des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs, da sie nicht verfügbar waren und gleichzeitig einen relativ geringen Erklärungswert bei Klinger, Kenworthy und Lanzendorf (2013: 25) hatten. Ausgeschlossen wurden auch die Preise der ÖPNV-Jahreskarte, da diese aufgrund unterschiedlicher Tarifmodelle schlecht vergleichbar sind. Die zwei dichotomen Variablen zu Bus und Straßenbahn werden durch die Variable Schienengestützter ÖPNV ersetzt.
Die Daten der MiD 2017 wurden anhand enthaltener Gewichtungsfaktoren auf die Bevölkerungsstruktur hochgerechnet. Ausgeschlossen wurden Personen mit mindestens einem Weg ab 100 Kilometer Entfernung, da der Schwerpunkt auf der kommunalen Verkehrsnachfrage und auf den kommunalen Einflussmöglichkeiten liegen soll.8
Im Datensatz (44 von 81 deutschen Großstädten) sind Städte der alten Bundesländer, große Großstädte und damit verbunden Städte mit hoher Siedlungsdichte überrepräsentiert. Die Arbeitslosigkeit ist unterdurchschnittlich, das durchschnittliche Haushaltseinkommen entsprechend überdurchschnittlich. Die Stichprobe der vorangehenden Studie weist ebenfalls relevante Verzerrungen auf (Klinger/Kenworthy/Lanzendorf 2013: 25). Die Städte auf Basis der MiD 2017 haben einen wohlhabenden, süddeutschen Schwerpunkt. Die Städteauswahl von Klinger, Kenworthy und Lanzendorf (2013) war besonders auf Nordrhein-Westfalen orientiert.
Ebenso wie die Indikatorenauswahl wird die Methodik der Typologisierung an Klinger/Kenworthy/Lanzendorf (2013) angelehnt.
2.2.1 Faktorenanalyse – Hauptkomponentenanalyse mit Varimax-Rotation
Mittels einer explorativen Faktorenanalyse werden zur Daten- und Dimensionsreduktion stärker korrelierte Variablen zu Faktoren zusammengefasst (Backhaus/Erichson/Plinke et al. 2016: 386). Durch die Hauptkomponentenanalyse mit Varimax-Rotation wird die Datenstruktur durch möglichst wenige Faktoren angenähert (Backhaus/Erichson/Plinke et al. 2016: 413). Die Eignung der Variablenzusammenhänge wird anhand des Kaiser-Meyer-Olkin (KMO)-Kriteriums geprüft.9
Auf der Grundlage der Hauptkomponentenanalyse ist die Anzahl der zu interpretierenden Faktoren festzulegen. Die Anzahl der Faktoren wird anhand der Grafik des Screetests festgelegt (Bortz/Schuster 2010: 415). Die Faktorladungen zeigen an, wie stark der jeweilige Faktor durch die entsprechenden Variablen bestimmt wird (Backhaus/Erichson/Plinke et al. 2016: 417). Es werden nur die Variablen dargestellt, deren absolute Faktorladung mindestens 0,4 beträgt.
2.2.2 Clusteranalyse
Durch eine hierarchische Clusteranalyse nach Ward werden die Städte anhand der Nähe ihrer Faktorwerte schrittweise zusammengefasst (Backhaus/Erichson/Plinke et al. 2016: 484). Als Distanzmaß dient die quadrierte Euklidische Distanz. Die Anzahl der Cluster wird anhand des Elbow-Kriteriums festgelegt (Backhaus/Erichson/Plinke et al. 2016: 495).
Im Anschluss an die hierarchische Clusteranalyse wird eine Clusterzentrenanalyse (K-Means-Clusteranalyse) mit gleicher Clusteranzahl durchgeführt. Diese führt in Einzelfällen zur nachträglichen Umgruppierung von Städten (Backhaus/Erichson/Plinke et al. 2016: 512). Das statistische Verfahren der Clusteranalyse sucht eine Gruppierung, in der die Abweichungen der Faktorwerte der Städte innerhalb der Cluster möglichst gering und zwischen den Clustern möglichst groß sind. Dabei kommt es zu Zuordnungen einzelner Städte, bei denen die Werte eines oder sogar mehrerer Faktoren deutlich vom Durchschnittswert des jeweiligen Clusters abweichen. Trotzdem ähneln in der Gesamtbetrachtung aller Faktoren diese Städte dem Mittelwert des Clusters eher als den Mittelwerten der anderen Cluster.
Rotierte Komponentenmatrix (Faktorladungen >= |0,4|) | ||||||
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Indikator | Faktor 1 | Faktor 2 | Faktor 3 | Faktor 4 | Faktor 5 | |
Metropolitane Prägung | Fahrradklima | Wohlstand | Studentische Prägung | Orientierung am Privat-Pkw | ||
(26) | ÖPNV-Bindung | 0,888 | ||||
(22) | Wegehäufigkeit ÖV | 0,873 | ||||
(25) | Motorisierungsquote | -0,785 | ||||
(3) | Ein- und Zweifamilienhäuser | -0,748 | ||||
(2) | Siedlungsdichte | 0,735 | ||||
(17) | Zufriedenheit ÖPNV | 0,73 | ||||
(12) | Schienengestützter ÖPNV | 0,689 | ||||
(21) | Wegehäufigkeit MIV | -0,66 | -0,439 | |||
(1) | Bevölkerung | 0,646 | ||||
(27) | Haushalte mit Carsharing | 0,625 | -0,529 | |||
(20) | Alle fahren Fahrrad | 0,951 | ||||
(15) | Zufriedenheit Fahrrad | 0,932 | ||||
(23) | Wegehäufigkeit Fahrrad | 0,902 | ||||
(19) | Radfahren macht Spaß | 0,831 | ||||
(4) | Ebene Topografie | 0,708 | ||||
(13) | Fahrradgeschäfte | 0,681 | ||||
(18) | Zufriedenheit zu Fuß | 0,680 | ||||
(11) | Hochmotorisierter Pkw | 0,838 | ||||
(6) | Einkommen | 0,836 | ||||
(7) | Arbeitslosigkeit | -0,753 | ||||
(10) | Politische Verhältnisse | 0,582 | 0,547 | |||
(5) | Altersstruktur (Einwohner über 65 Jahre) | -0,548 | ||||
(9) | Studentenquote | 0,823 | ||||
(8) | Haushaltsgröße (Singlehaushalte) | 0,406 | 0,757 | |||
(24) | Wegehäufigkeit zu Fuß | 0,684 | ||||
(14) | Autohandel und -werkstätten | 0,721 | ||||
(16) | Zufriedenheit Auto | -0,413 | 0,668 | |||
Eigenwerte der rotierten Faktoren | 6,226 | 5,661 | 3,291 | 2,997 | 1,958 | |
Eigenwerte der Hauptkomponentenanalyse | 7,785 | 5,786 | 3,037 | 2,102 | 1,423 |
Der erste Faktor zeigt positive Korrelationen zwischen den Indikatoren ÖPNV-Bindung und Wegehäufigkeit im ÖV, des ÖPNV-Angebots (Zufriedenheit mit der Verkehrssituation im ÖPNV, schienengestütztes ÖPNV-Angebot), den Merkmalen der Stadtgröße (Siedlungsdichte, Bevölkerung) und der Carsharingquote. Diese sind negativ korreliert mit dem Anteil der Ein- und Zweifamilienhäuser, der Motorisierungsquote und der Wegehäufigkeit im motorisierten Individualverkehr. Der Faktor wird als „Metropolitane Prägung“ bezeichnet. Innerhalb des Faktors lassen sich die Einwohnerzahl, ein schienengestütztes ÖPNV-Angebot, eine hohe Siedlungsdichte und ein geringer Anteil der Ein- und Zweifamilienhäuser als stadtstrukturelle Erklärungsgrößen der Indikatoren des Verkehrsverhaltens bzw. der Einstellungen zu den Verkehrsmitteln interpretieren.
In den Analysen von Klinger, Kenworthy und Lanzendorf (2013: 25) verteilten sich die Indikatoren dieses Faktors auf zwei unabhängige Faktoren, den Faktor 2 (Dichte und ÖPNV-Orientierung: Eigenwert vor Rotation: 5,29) sowie den Faktor 4 (Metropolitane Prägung: Eigenwert vor Rotation: 1,59), die beide den Modal-Split-Anteil des öffentlichen Verkehrs enthielten.10
Der zweite Faktor umfasst die Indikatoren des Radverkehrs (starke Übereinstimmung der Bewertungen im Fahrradklima-Test 2018 und der Fahrradnutzung nach MiD 2017) und stellt diese in einen negativen Zusammenhang mit dem motorisierten Individualverkehr (MIV-Nutzung) sowie in einen positiven Zusammenhang mit der Zufriedenheit zur Verkehrssituation im Fußverkehr. Der Faktor wird als „Fahrradklima“ bezeichnet und umfasst die Variable Topografie, die als wichtige stadtstrukturelle Erklärungsgröße der Fahrradnutzung anzusehen ist. Der Faktor Fahrradklima überschneidet sich mit dem als Fahrradfreundlichkeit bezeichneten Faktor 3 von Klinger, Kenworthy und Lanzendorf (2013: 25) und übersteigt dessen Eigenwert von 3,60 deutlich.
Im dritten Faktor dominieren Indikatoren des materiellen Wohlstands. Positive Ladungen haben der Anteil hochmotorisierter Autos11, das Haushaltseinkommen pro Kopf und das Wahlergebnis der Partei Bündnis 90/DIE GRÜNEN (hoher Stimmenanteil unter wohlhabenden Akademikerinnen und Akademikern). Negativ laden die Anteile der Arbeitslosen, älterer Personen und die Zufriedenheit mit der Verkehrssituation für das Auto. Der Faktor wird als „Wohlstand“ bezeichnet. Klinger, Kenworthy und Lanzendorf (2013: 25) identifizieren einen fast identisch strukturierten Faktor (ohne Berücksichtigung des Wahlergebnisses), der mit 5,219 den höchsten Eigenwert ihrer sieben Faktoren aufweist. Dieser Faktor deckt Korrelationen zwischen den sozioökonomischen Indikatoren auf, weist aber keine hoch ladenden Variablen der Verkehrsnachfrage auf.
Die stärkste Ladung im vierten Faktor weist die Studentenquote auf, jeweils positiv verbunden mit dem Anteil der Single-Haushalte als Aspekt studentischen Wohnens, der Wegehäufigkeit zu Fuß und ebenfalls mit dem Wahlergebnis der Partei Bündnis 90/DIE GRÜNEN (hoher Stimmenanteil unter Studierenden). Der Faktor „Studentische Prägung“ ist gegenüber der Ursprungsstudie neu, da diese die Studentenquote und die Wahlergebnisse nicht berücksichtigte. Eine höhere Ladung verkehrsbezogener Variablen besteht in der Wegehäufigkeit zu Fuß. In diesem Faktor kann vor allem die Studentenquote als erklärende Größe der weiteren Indikatoren interpretiert werden.
Der fünfte Faktor fasst drei Indikatoren zusammen, die sich auf den Pkw beziehen: die Anzahl der Werkstätten und Autohändler, die Zufriedenheit mit der Verkehrssituation des Autoverkehrs und negativ ladend der Anteil der Haushalte mit Carsharing-Mitgliedschaft. Der Faktor wird als „Orientierung am Privat-Pkw“ bezeichnet. Indikatoren des realisierten Verkehrsverhaltens liegen unter der Schwelle von einer Ladung von 0,4. Im Vergleich zu Klinger, Kenworthy und Lanzendorf (2013) sind die Indikatoren zur Zufriedenheit mit der Verkehrssituation des Autos und zum Carsharing neu. Entsprechend tritt dieser Faktor dort nicht auf.
Umgekehrt führen Klinger, Kenworthy und Lanzendorf (2013: 25) drei Faktoren auf, die den Screetest nicht bestehen und daher hier nicht behandelt werden.
In den Faktoren mit hohen Eigenwerten ähnelt die neue Faktorenstruktur den Ergebnissen von Klinger, Kenworthy und Lanzendorf (2013: 25) und ergänzt diese um zwei weitere, im Screetest bestätigte Faktoren. Durch die Einbeziehung der Studentenquote und des Anteils der Partei Bündnis 90/DIE GRÜNEN ergibt sich der zusätzliche Faktor „Studentische Prägung“. Die ebenfalls zusätzlich berücksichtigte Topografie stellt eine wichtige erklärende Größe im Faktor „Fahrradklima“ dar. Die Variable zum Carsharing fügt sich schlüssig in die Faktoren „Metropolitane Prägung“ und „Orientierung am Privat-Pkw“ ein.
Cluster | Faktor 1 | Faktor 2 | Faktor 3 | Faktor 4 | Faktor 5 | zugehörige Städte | |
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Metropolitane Prägung | Fahrradklima | Wohlstand | Studentische Prägung | Orientierung am Privat-Pkw | |||
I | Metropolen mit geringer Orientierung am Privat-Pkw | 1,39 | -0,29 | 0,66 | -0,07 | -1,19 | Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart |
II | Privat-Pkw-orientierte größere Großstädte | 0,44 | -0,11 | -0,63 | -0,22 | 0,77 | Düsseldorf, Leipzig, Dortmund, Essen, Dresden, Hannover, Nürnberg, Bielefeld, Mannheim, Augsburg, Kassel, Offenbach am Main, Fürth, Bremerhaven |
III | Kleinere Großstädte mit negativem Fahrradklima | -0,82 | -1,20 | 0,38 | 0,00 | -0,17 | Wuppertal, Wiesbaden, Aachen, Ulm, Heilbronn, Pforzheim, Reutlingen, Koblenz |
IV | Kleinere Großstädte mit positivem Fahrradklima und geringer universitärer Prägung | -0,93 | 0,78 | -0,38 | -1,15 | -0,69 | Bremen, Lübeck, Ludwigshafen am Rhein, Oldenburg, Leverkusen, Ingolstadt |
V | Universitätsstädte mit positivem Fahrradklima | -0,23 | 0,81 | 0,41 | 1,05 | 0,18 | Bonn, Münster, Karlsruhe, Freiburg im Breisgau, Potsdam, Heidelberg, Darmstadt, Regensburg, Würzburg, Erlangen |
Für die Clusterbildung (vgl. Tabelle 3) als besonders wichtig erweisen sich die Faktoren „Metropolitane Prägung“ ((sehr) deutliche Abweichungen der durchschnittlichen Faktorwerte von 0 in den Clustern I, III und IV)14, „Fahrradklima“ ((sehr) deutlich für Cluster III, IV und V), „Studentische Prägung“ (sehr deutlich für Cluster IV und V) und „Orientierung am Privat-Pkw“ (sehr deutliche für Cluster I, II und IV). Der Faktor „Wohlstand“ hat in der Faktorenanalyse zwar einen hohen Eigenwert. Der Einfluss auf die Typisierung ist dagegen relativ gering (nur Cluster I und II deutlich von 0 abweichend). Damit sind die fünf Cluster wie folgt charakterisiert:
Typologie nach Faktoren- und Clusteranalyse (5 Typen) | Pkw je | Wegehäufigkeit (Wege/Personentag) | Distanzen (km/Personentag) | ||||||||||
---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|---|
TEW | gesamt | MIV‑F | MIV‑M | ÖV | Rad | Fuß | gesamt | MIV‑F | MIV‑M | ÖV | Rad | Fuß | |
Cluster I: Metropolen mit geringer Orientierung am Privat-Pkw | |||||||||||||
Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart | 322 | 3,18 | 0,77 | 0,29 | 0,74 | 0,51 | 0,87 | 23,2 | 8,9 | 3,5 | 7,6 | 1,9 | 1,3 |
Cluster II: Privat-Pkw-orientierte größere Großstädte | |||||||||||||
Düsseldorf, Leipzig, Dortmund, Essen, Dresden, Hannover, Nürnberg, Bielefeld, Mannheim, Augsburg, Kassel, Offenbach am Main, Fürth, Bremerhaven | 384 | 3,20 | 1,06 | 0,37 | 0,49 | 0,43 | 0,85 | 22,4 | 10,9 | 3,4 | 5,2 | 1,6 | 1,3 |
Cluster III: Kleinere Großstädte mit negativem Fahrradklima | |||||||||||||
Wuppertal, Wiesbaden, Aachen, Ulm, Heilbronn, Pforzheim, Reutlingen, Koblenz | 425 | 3,08 | 1,15 | 0,47 | 0,41 | 0,23 | 0,82 | 23,9 | 11,7 | 4,9 | 5,0 | 1,0 | 1,3 |
Cluster IV: Kleinere Großstädte mit positivem Fahrradklima und geringer universitärer Prägung | |||||||||||||
Bremen, Lübeck Ludwigshafen am Rhein, Oldenburg, Leverkusen, Ingolstadt | 406 | 3,19 | 1,00 | 0,36 | 0,42 | 0,70 | 0,72 | 22,8 | 10,6 | 3,7 | 5,1 | 2,4 | 1,1 |
Cluster V: Universitätsstädte mit positivem Fahrradklima | |||||||||||||
Bonn, Münster, Karlsruhe, Freiburg im Breisgau, Potsdam, Heidelberg, Darmstadt, Regensburg, Würzburg, Erlangen | 376 | 3,33 | 0,95 | 0,35 | 0,45 | 0,71 | 0,88 | 24,2 | 11,0 | 3,6 | 6,0 | 2,4 | 1,3 |
absolute Spannweite | 103 | 0,25 | 0,38 | 0,18 | 0,33 | 0,48 | 0,16 | 1,8 | 2,8 | 1,4 | 2,7 | 1,5 | 0,3 |
relative Spannweite (% des Mittelwertes) | 29 % | 8 % | 41 % | 54 % | 56 % | 96 % | 18 % | 8 % | 28 % | 40 % | 42 % | 80 % | 22 % |
44 Großstädte in Deutschland | 359 | 3,19 | 0,92 | 0,33 | 0,59 | 0,50 | 0,85 | 23,1 | 10,0 | 3,6 | 6,4 | 1,8 | 1,3 |
Die Cluster der Großstädte unterscheiden sich in Motorisierungsquoten und der Verkehrsmittelnutzung deutlich. Die deutlichsten Unterschiede betreffen die Fahrradnutzung (Spanne zwischen Cluster III und V bei Wegehäufigkeiten 96 % des Mittelwerts, bei Distanzen 80 %). Die Spanne der Motorisierungsquoten beträgt zwischen den Metropolen und den kleineren Großstädten mit negativem Fahrradklima 29 %, in der Wegehäufigkeit im motorisierten Individualverkehr sogar 41 % des Mittelwertes. Bei insgesamt nur geringen Unterschieden in den Gesamtdistanzen sind die Unterschiede in den klimarelevanten MIV-F-Distanzen mit 28 % deutlich geringer als bei der MIV-F-Wegehäufigkeit. Zu den Clustern im Einzelnen:
In Cluster I „Metropolen mit geringer Orientierung am Privat-Pkw“ korrespondieren die geringste Motorisierungsquote und MIV-Nutzung mit der höchsten ÖV-Nutzung (jeweils Wegehäufigkeit und Distanzen). Die Gesamtdistanzen entsprechen dem Mittelwert aller betrachteten Städte, bei geringeren Distanzen mit dem motorisierten Individualverkehr und höheren im öffentlichen Verkehr. In diesem Cluster finden sich die sechs größten Städte Deutschlands, die zumindest teilweise als Beispiele eines guten ÖPNV gelten.
Im Cluster II „Privat-Pkw-orientierte größere Großstädte“ sind die Motorisierungsquote und die MIV-F-Nutzung deutlich höher als im Cluster I und höher als im Durchschnitt der untersuchten Städte. Die ÖV-Nutzung fällt dagegen deutlich ab und liegt kaum höher als in den beiden folgenden Clustern überwiegend kleinerer Städte. Das Fahrrad spielt eine leicht unterdurchschnittliche Rolle.
In den Städten des Clusters III „Kleinere Großstädte mit negativem Fahrradklima“ ist die Fahrradnutzung topografisch erschwert und mit Abstand am geringsten. Umgekehrt sind die Motorisierungsquote sowie die Wegehäufigkeiten und Distanzen mit dem motorisierten Individualverkehr am höchsten.
Cluster IV „Kleinere Großstädte mit positivem Fahrradklima und geringer universitärer Prägung“ grenzt sich gegenüber den Clustern I bis III durch die hohe Fahrradnutzung ab. Wie bei kleineren Städten zu erwarten, ist die Motorisierungsquote höher als in den größeren Städten der Cluster I und II. Gleichzeitig sind die Motorisierungsquote, die Anzahl der Wege mit dem motorisierten Individualverkehr und zu Fuß geringer als im Cluster III (ebenfalls kleinere Großstädte). Die Städte dieses Clusters sind überwiegend eben, aber nicht universitär geprägt.
Das Cluster V „Universitätsstädte mit positivem Fahrradklima“ ähnelt in der Fahrrad‑, MIV- und ÖV-Nutzung dem Cluster IV. Die Anzahl der Fußwege ist aber höher und die Motorisierungsquote deutlich geringer. Der motorisierte Individualverkehr (Motorisierungsquote, Wegehäufigkeit, Distanz) spielt eine größere Rolle als in den Metropolen, aber eine geringere Rolle als in den Clustern II und III. Die Anzahl der Wege und die Distanzen pro Person und Tag sind geringfügig höher als in den anderen Clustern. In diesem Cluster finden sich fast alle kleineren Städte, die in Deutschland als gute Beispiele des Radverkehrs oder des Verbundes von Fuß‑, Rad- und öffentlichem Verkehr gelten.
Die vorliegende Untersuchung repliziert anhand eines aktualisierten und teilweise ergänzten Datensatzes die Studie von Klinger, Kenworthy und Lanzendorf (2013), die sich an das theoretische Modell der Mobilitätskulturen (Deffner/Götz/Schubert et al. 2006) anlehnte. Kapitel 5.1 diskutiert die Stabilität der Faktoren und Cluster sowie die Bedeutung der ergänzten Variablen. Darauf gestützt werden Schlussfolgerungen für die Verkehrsplanung und Verkehrspolitik gezogen. Kapitel 5.2 gibt einen Forschungsausblick.
Die Replikation der Studie von Klinger, Kenworthy und Lanzendorf (2013) mit einem weitgehend parallelen und aktualisierten, teilweise ergänzten Datensatz führt zu einer ähnlichen Faktorenstruktur. Beobachtete Abweichungen sind gut nachvollziehbar. Die Faktoren „Wohlstand“ und „Fahrradklima“ beider Untersuchungen stimmen weitgehend überein. Die Variablen der Faktoren „Dichte und Orientierung am Öffentlichen Verkehr“ sowie „Metropolitaner Charakter“ von Klinger, Kenworthy und Lanzendorf (2013: 25) finden sich hier verbunden im Faktor „Metropolitane Prägung“.
Die neue Variable der Carsharing-Haushalte fügt sich in den Faktor „Metropolitane Prägung“ ein, die Variable der Topografie in den Faktor „Fahrradklima“. Der Faktor „Wohlstand“ wird ergänzt durch die neue Variable Stimmenanteil der Partei Bündnis 90/DIE GRÜNEN. Diese gehört gemeinsam mit der neuen Variablen der Studentenquote zusätzlich zum neuen Faktor „Studentische Prägung“. Für den ebenfalls neu gebildeten Faktor „Orientierung am Privat-Pkw“ spielt die ergänzte Variable der Carsharing-Haushalte eine Rolle. Diese fünf Faktoren sind nach dem Screetest belastbar und gleichzeitig schlüssig zu interpretieren.
Die neuen Analysen ergeben eine schlüssige Faktorenstruktur mit ähnlichen Ergebnissen für die drei stärksten Faktoren und zwei plausibel zu interpretierende weitere Faktoren. Die Faktorenanalyse beschreibt die quantitativen Zusammenhänge zwischen den Variablen aus den sechs Feldern Gebaute Stadt, Sozioökonomische Situationen, Lebensstile und Milieus, Infrastruktur und Verkehrsangebot, Individuelle Bewertung der Verkehrsangebote sowie kurz- und mittelfristiges Verkehrsverhalten im Sinne des theoretischen Ansatzes der Mobilitätskulturen (Deffner/Götz/Schubert et al. 2006). Dabei weisen drei der fünf Faktoren auf plausible Kausalketten zwischen Merkmalen der gebauten Stadt und der sozioökonomischen Situation sowie den vermutlich abhängigen Merkmalen des kurz- und mittelfristigen Verkehrsverhaltens hin: Die Einwohnerzahl im Faktor „Metropolitane Prägung“ erklärt eine höhere ÖV-Nutzung und eine geringere MIV-Orientierung. Dabei liegt eine vermittelt kausale Interpretation nahe. Die Einwohnerzahl bildet die Basis einer höheren Siedlungsdichte und damit die Basis für weniger Raum im Pkw-Verkehr und für bessere ÖPNV-Angebote. Diese führen zu höheren Wegehäufigkeiten mit dem öffentlichen Verkehr und zu Fuß sowie einer geringeren Motorisierungsquote und MIV-Nutzung. Im Faktor „Fahrradklima“ erklärt die ebene Topografie eine höhere Fahrradnutzung und gegenläufig einen schwächeren motorisierten Individualverkehr. Im Faktor „Studentische Prägung“ hängen hohe Studentenquote und höhere Wegehäufigkeiten zu Fuß zusammen, erneut gegenläufig zum motorisierten Individualverkehr. Im Faktor „Wohlstand“ verbinden sich die sozioökonomischen Variablen dagegen nicht mit der Verkehrsmittelnutzung oder der Motorisierungsquote, dafür aber mit der Größe der genutzten Pkw (bei höherem Wohlstand mehr Pkw mit größerem Hubraum). Dies sollte den Blick auf die höheren Energieverbräuche und Emissionen großer Fahrzeuge lenken, die in der auf die Verkehrsmittelnutzung fokussierten Debatte leicht übersehen werden. Der Faktor „Orientierung am Privat-Pkw“ weist zusätzlich auf einen Zusammenhang zwischen eingeschränkten Bedingungen für den Privat-Pkw und einer höheren Akzeptanz des Carsharings hin.
Die Clusteranalyse führt zu einer ähnlichen Typologie wie bei Klinger, Kenworthy und Lanzendorf (2013: 25). Die Abweichungen sind gut nachvollziehbar. Das Cluster „Metropolen mit geringer Orientierung am Privat-Pkw“ stimmt mit dem Cluster „ÖV-Metropolen“ der Ausgangsstudie weitgehend überein. Die neue Variable der Studentenquote führt zur Aufteilung des Clusters „Fahrradstädte“ der Ursprungsstudie in die Cluster „Kleinere Großstädte mit positivem Fahrradklima und geringer universitärer Prägung“ sowie „Universitätsstädte mit positivem Fahrradklima“ (ähnlich bei Aldred/Jungnickel (2014) sowie Scheiner/Witte (2013)). Das Cluster „Pkw-orientierte Städte“ der Ursprungsstudie ähnelt dem Cluster „Kleinere Großstädte mit negativem Fahrradklima“. Die Städte der jeweiligen Cluster weisen in beiden Studien stärkere Höhenunterschiede auf. Obwohl Klinger, Kenworthy und Lanzendorf (2013) die Topografie nicht berücksichtigt haben, bildet sich dieses Cluster entlang der Variablen des Radverkehrs.
Die übrigen Cluster unterscheiden sich zwischen den Studien, nicht zuletzt durch die abweichende Methodik.16 So ist die neue Typologie aufgrund der differenzierteren Faktorenstruktur infolge ergänzter Indikatoren und einer methodisch konsequenteren Clusteranalyse schlüssiger abgegrenzt. Es ergibt sich eine Typisierung deutscher Großstädte, die die Verknüpfung zahlreicher verkehrsrelevanter Merkmale berücksichtigt und die in Deutschland vorhandenen Konstellationen identifiziert. Die Ähnlichkeit mehrerer Cluster in beiden Studien weist auf eine weitgehende Stabilität einer solchen Typologie deutscher Großstädte hin:
In den Metropolen (Cluster I) ist der öffentliche Verkehr ein starker Konkurrent des motorisierten Individualverkehrs, dessen Fläche gleichzeitig deutlich beschränkt ist. Da die meisten Metropolen in Deutschland weitgehend eben sind, ist das Fahrrad für kürzere Wege eine gute Alternative. In den Privat-Pkw-orientierten größeren Großstädten (Cluster II) ist der öffentliche Verkehr dagegen deutlich schwächer als in den Metropolen, ohne dass die Flächen für den motorisierten Individualverkehr so eingeschränkt sind. Das Fahrrad ist etwas schwächer, teils topografisch bedingt, teils aufgrund geringerer Einschränkungen des motorisierten Individualverkehrs. Obwohl die Großstädte der Cluster III bis V deutlich kleiner sind als in Cluster II, nimmt die Bedeutung des öffentlichen Verkehrs nur noch leicht ab. In den topografisch bewegten kleineren Großstädten mit negativem Fahrradklima dominiert der MIV‑F am stärksten. Das Fahrrad hat nur geringe Bedeutung. Dagegen kann das Fahrrad in den überwiegend ebenen Großstädten mit positivem Fahrradklima (Cluster IV und V) die geringe Bedeutung des öffentlichen Verkehrs teilweise auffangen. Dies gilt insbesondere für die Universitätsstädte des Clusters V.
Dabei gehören die meisten der in Deutschland diskutierten Beispiele guter Verkehrsplanung zu nur zwei Clustern: Die vorrangigen Beispiele eines guten ÖPNV (Berlin, Hamburg und München) befinden sich im Cluster I der Metropolen mit geringer Orientierung am Privat-Pkw. Die weiteren häufig diskutierten Beispiele befinden sich im Cluster V „Universitätsstädte mit positivem Fahrradklima“. Sie zeichnen sich durch einen starken Radverkehr (vor allem Münster) oder durch einen starken Radverkehr und öffentlichen Verkehr aus (Bonn, Freiburg im Breisgau, Heidelberg, Karlsruhe).
Im Hinblick auf das Thema Verkehrswende bilden geringe MIV-F-Distanzen den Leitindikator guter Beispiele. Diese unterscheiden sich zwischen den Clustern aber deutlich weniger als die Wegehäufigkeiten mit öffentlichem Verkehr und Fahrrad und auch weniger als die Wegehäufigkeiten im MIV‑F (relative Spannweite zwischen Cluster I und Cluster III 28 % des Mittelwertes der MIV-F-Distanzen gegenüber 41 % der MIV-F-Wegehäufigkeit). Dabei stellen Einwohnerzahl, Topografie und Studentenquote weitgehend unverrückbare Rahmenbedingungen der kommunalen Verkehrsplanung und -politik dar. Die Typisierung verdeutlicht, wie wichtig für die Diskussion über die möglichen Wirkungen kommunaler Verkehrspolitiken daher die vorherige Einordnung der jeweiligen Städte in eine solche Typologie ist. Effekte kommunaler Verkehrsplanung und -politik zeigen sich eher zwischen den Städten innerhalb eines Clusters als zwischen den Clustern (vgl. Kapitel 4.2).
Gleichzeitig regen die hier identifizierten Cluster (z. B. „Metropolen mit geringer Orientierung am Privat-Pkw“ oder „Universitätsstädte mit positivem Fahrradklima“), aber auch die Konstellationen, die sich unter deutschen Großstädten nicht beobachten lassen (z. B. Metropolen mit starken Höhenunterschieden, Metropolen geringer Dichte oder eine kleinere ÖPNV-geprägte Großstadt) die Frage nach jeweils spezifischen Konzepten an: für Städte mit Höhenunterschieden, für kleinere Großstädte, für Metropolen oder auch für Städte mit einer studentisch geprägten Bevölkerung, die möglicherweise MIV-einschränkende Konzepte eher akzeptiert.
Die vorgestellte Typologie städtischer Mobilitätskulturen fasst auf der Basis der MiD 2017 und weiterer Daten einander ähnliche Großstädte zu Clustern zusammen. An die Unterschiede zwischen diesen Typen schließt sich die Frage nach Unterschieden innerhalb dieser Typen an. Ein solcher Vergleich kann den kommunalen Beitrag zur Verkehrswende besser einordnen und eventuell bisher unerkannte Beispiele erfolgreicher Verkehrspolitik in den Clustern II und III mit schwierigen Rahmenbedingungen identifizieren. In anschließenden Analysen kann auch überprüft werden, ob sich Unterschiede im Verkehrsverhalten der Bevölkerung in unterschiedlichen Städten gleicher Cluster aus differenzierteren Merkmalen des ÖPNV-Angebots (z. B. Netzlänge, Takt, Tarif), des motorisierten Individualverkehrs (z. B. Parkgebühren) oder des Radverkehrs (z. B. Netzlänge hochwertiger Radverkehrsanlagen) erklären lassen.
Der hier vorgestellte typisierende Ansatz lässt sich auf der Grundlage des gleichen Datensatzes durch Regressionsanalysen oder Strukturgleichungsmodelle ergänzen. Als unabhängige Variablen können die Variablen dienen, die innerhalb der Faktoren als Einflussgrößen auf die Verhaltensindikatoren interpretiert wurden (Einwohnerzahl, Studentenquote, Topografie, aber auch andere wie die Siedlungsdichte und die ÖPNV-Systeme). Anschließende Ausreißeranalysen können die Einordnung von Städten zu guten oder schlechten Beispielen weiter absichern. In diesem Kontext lohnt es sich auch, die Analysen der MiD um Analysen der Erhebung Mobilität in Städten (SrV)17 zu ergänzen.18 Zeigen sich auf der Datenbasis der SrV in den Regressionsanalysen ähnliche Zusammenhänge? In beiden Datenbeständen ist die Analysetiefe aber durch die geringe Fallzahl stark begrenzt. Analysen der Motorisierungsquote sind dagegen auf der Grundlage aller deutschen Kommunen möglich.
Die Vergleiche der Cluster zeigen eine deutliche Parallelität von Motorisierungsquote (Datenbasis Kraftfahrt-Bundesamt) und Verkehrsmittelnutzung (Datenbasis MiD), aber im Vergleich der beiden fahrradfreundlichen Cluster IV und V bei ähnlicher Verkehrsmittelnutzung deutliche Unterschiede der Motorisierung. Daran anschließend sehen wir offene Forschungsfragen und Analysemöglichkeiten zur Höhe und Entwicklung der Motorisierungsquote ohne die stichprobenbedingte Beschränkung auf ausgewählte Großstädte. Denn die Daten des Kraftfahrt-Bundesamtes bieten auf kommunaler Ebene und aggregierbar zu Regionen weitgehend stabile Zeitreihen der Grundgesamtheit für alle Städte und Gemeinden. So lassen sich unter Berücksichtigung von Kontrollvariablen Städte und Gemeinden oder Regionen suchen, die eine auffallend geringe Motorisierung aufweisen oder deren Entwicklung von der allgemeinen Motorisierungszunahme entkoppelt ist. Gleichzeitig können diese Daten zeigen, ob und wie sich Entwicklungen in Kernstädten und umgebenden Regionen unterscheiden – und dies jeweils ohne die Stichprobenbegrenzungen der sonst genutzten Haushaltsbefragungen.
Am Ende betonen wir zwei Punkte: Die hier vorgestellte Typisierung unterstreicht aus unserer Sicht, dass ‚verkehrsexterne Faktoren‘ für die Verkehrsnachfrage der Wohnbevölkerung von Städten eine sehr wichtige Rolle spielen. Dagegen tendieren deskriptive Städtevergleiche dazu, die Wirkungsmöglichkeiten kommunaler Verkehrspolitik erheblich zu überschätzen. Andererseits kann die Orientierung an einer solchen Typologie ein ganz anderes Gegenargument zu Vergleichen entschärfen: „Bei uns ist alles anders!“ So ist wahrscheinlich die Gegenüberstellung von Leverkusen und Ingolstadt instruktiver als der Vergleich von Leverkusen mit Berlin oder Münster.
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Fußnoten
1 | https://www.bmvi.de/SharedDocs/DE/Artikel/G/regionalstatistische-raumtypologie.html (23.09.2021). |
2 | Auf dieser Grundlage wählt Klinger (2017) Städte mit verschiedenen Mobilitätskulturen für eine Befragung von Personen aus, die zwischen Städten unterschiedlicher Mobilitätskulturen umgezogen sind. |
3 | In Deutschland gibt es 81 Großstädte mit mindestens 100.000 Einwohnern (vgl. https://www.destatis.de/DE/Themen/Laender-Regionen/Regionales/Gemeindeverzeichnis/_inhalt.html; 27.09.2021). In 45 dieser Städte liegt der Stichprobenumfang der Befragung „Mobilität in Deutschland“ (MiD) bei über 500 Personen. Aufgrund einer zu geringen Anzahl an Antworten auf die Fragen nach der Zufriedenheit mit der Verkehrssituation verschiedener Verkehrsmitteln in der MiD 2017 wird die Stadt Rostock aus der Analyse ausgeschlossen. |
4 | Vgl. http://www.mobilitaet-in-deutschland.de/ (27.09.2021). |
5 | Zum Vergleich parallel durchgeführte Faktorenanalysen zeigten nur für den Anteil der Partei DIE GRÜNEN interpretierbare Faktorladungen. Dies ist plausibel, da die verkehrspolitischen Positionen dieser Partei deutlich von den Positionen der anderen Parteien abweichen. |
6 | Die absoluten Wegehäufigkeiten nach Verkehrsmitteln beschreiben die realisierte Nachfrage besser als der prozentuale Modal Split (Holz-Rau/Zimmermann/Follmer 2018). In vergleichenden Faktorenanalysen führt die Verwendung der verkehrsmittelspezifischen Wegehäufigkeiten pro Person und Tag statt des prozentualen Modal Splits zu einem Anstieg des Kaiser-Meyer-Olkin-Kriteriums von 0,564 auf 0,607. Dieser Anstieg bei einem Austausch von nur vier der 27 Variablen unterstreicht die bessere Eignung der absoluten Wegehäufigkeiten. |
7 | Die Variablen ‚Einkommen‘, ‚Politische Verhältnisse (Anteil DIE GRÜNEN)‘ und ‚Anteil hochmotorisierter Pkw‘ liegen nur auf Kreisebene vor. Dies führt in der StädteRegion Aachen, in der Region Hannover und im Landkreis Reutlingen zu Abweichungen gegenüber den städtischen Werten. Die übrigen 41 Untersuchungsstädte sind kreisfrei. |
8 | Außerdem empfiehlt sich eine Analyse von Fernreisen, die sicher eine weitere Dimension von Mobilitätskulturen darstellen, aufgrund geringer Fallzahlen auf der Ebene der einzelnen Städte weder mit dem Datensatz der Stichtage noch mit dem Zusatzmodul der Fernreisen. |
9 | Bei Werten > 0,5 gilt das Indikatorenset als verwendbar (Backhaus/Erichson/Plinke et al. 2016: 398–399). |
10 | In der Veröffentlichung von Klinger/Kenworthy/Lanzendorf (2013) sind die Eigenwerte der Faktoren nicht berichtet und wurden im Rahmen dieser Studie neu berechnet. Der zusätzlich von uns durchgeführte Screetest bestätigte für die Vorgängerstudie nur drei Faktoren. |
11 | Aufgrund der Kfz-Entwicklung wäre statt der Grenzziehung anhand des Hubraums der Anteil der Oberklassefahrzeuge aus einer anderen Kategorisierung des Kraftfahrt-Bundesamtes wahrscheinlich noch besser geeignet. Dieser liegt uns aber nicht auf Gemeindeebene vor. Die hohe Korrelation der Variablen hochmotorisierte Fahrzeuge und Einkommen unterstreicht aber den weiter bestehenden, deutlichen Zusammenhang und damit die Eignung der Indikatoren an dieser Stelle. |
12 | Hierarchische Clusteranalyse mit anschließender Clusterzentrenanalyse (k-means). |
13 | Infolge der Clusterzentrenanalyse wird die Stadt Bremen vom zweiten in das vierte Cluster, Münster vom vierten und Würzburg vom dritten in das fünfte Cluster verschoben. |
14 | Als sehr deutliche Abweichungen werden Faktorwerte bei einem Absolutwert von mindestens 1,0, als deutliche Abweichungen Absolutwerte ab 0,5 bis unter 1,0 bezeichnet. |
15 | Wichtig zum Verständnis ist nochmals der Hinweis, dass einzelne Städte in einzelnen Faktoren teils deutlich von den mittleren Faktorwerten des Clusters abweichen können. So ist im Cluster 1 der Faktor „Fahrradklima“ leicht unterdurchschnittlich, in der zugehörigen Stadt Stuttgart aber deutlich negativ. |
16 | Die Cluster wurden in der Studie von Klinger, Kenworthy und Lanzendorf (2013) auf Basis der 23 Ausgangsvariablen und nicht auf Basis der sechs Faktoren gebildet. Damit war die Voraussetzung der Unabhängigkeit der zugrunde liegenden Variablen für eine Clusteranalyse nicht gewährleistet. |
17 | https://www.srv2018.de/ (27.09.2021). |
18 | Ob trotz methodischer Unterschiede zwischen MiD und SrV die gleichzeitige Verwendung beider Datenbestände sinnvoll ist, bedarf einer Prüfung. |