© Van-Hametner; licensee oekom verlag 2021. This Open Access article is published under a Creative Commons Attribution 4.0 International License.
https://doi.org/10.14512/rur.98
Raumforschung und Raumordnung | Spatial Research and Planning (2021) 79/6: 557–573
rur.oekom.de

Beitrag / Article

Privatanleger als Beschleuniger urbaner Wohnkrisen. Bedeutung und Motive von Privatanlegern auf Wohnungsmärkten abseits der Metropolen am Beispiel Salzburg

Andreas Van-Hametner Contact Info ORCID

(1) Paris-Lodron-Universität Salzburg, Hellbrunnerstraße 34, 5020 Salzburg, Österreich

Contact InfoAndreas Van-Hametner 
E-Mail: andreas@van-hametner.at

Eingegangen: 30. März 2021  Angenommen: 17. September 2021  Online veröffentlicht: 13. Oktober 2021

Zusammenfassung  
Bislang wurde das verstärkte Aufkommen von Finanzanlagen auf Wohnungsmärkten vorwiegend in Metropolen oder auf nationaler Ebene untersucht. Der Fokus lag dabei zumeist auf institutionellen Akteuren. Die Untersuchung von Finanzanlagen in Wohnraum in Städten unterhalb der Metropolebene und durch Privatpersonen wurde bislang vernachlässigt. In vorliegender Untersuchung stelle ich deshalb die Manifestation von Finanzanlagen auf den Wohnungsmärkten in einer Stadt abseits der Metropolebene in den Mittelpunkt und setze dabei auf einen Mixed-methods-Ansatz aus quantitativer Grundbuch- und Datenanalyse sowie qualitativen Experteninterviews. Der Beitrag zeigt auf, dass abseits der Metropolen die Nutzung von Wohnraum in ein Investitionsobjekt vorwiegend von privaten Akteuren vollzogen wird. Diese investieren weniger aus Spekulation und in Erwartung von Wertsteigerung, sondern zur privaten und familiären Vorsorge und vor allem zur Wertsicherung. Auch diese Form von Finanzanlagen in Wohnraum hat folgenschwere Auswirkungen auf andere Marktakteure. Der gesamte Wohnungsmarkt richtet sich sukzessive auf diesen neuen Investorentypus aus. Immobilien sind somit zunehmend zu einer Anlageform von Vielen geworden.

Schlüsselwörter  Finanzialisierung – Privatanleger – Wohnungsmarkt – Salzburg


Household-level investments as accelerators of urban housing crises. Significance and motivation of private investors in housing markets outside the metropolises using the example of Salzburg
Abstract  
So far, the increased emergence of financial investments on the housing markets has mainly been examined in metropolises or on a national level. Research focused primarily on institutional actors. The investigation of financial investments in housing space in cities below the metropolitan level and by individuals has so far been neglected. In the present study, I therefore focus on the manifestation of financial investments of private investors in housing markets outside the metropolises using a mixed-method approach of quantitative land register and data analysis as well as qualitative expert interviews. The paper shows that apart from the metropolises, the utilization of housing into an investment object is mainly carried out by private actors. They invest less out of speculation and in the expectation of an increase in value, but rather for private retirement or family provision and, above all, to secure value. This form of investment in housing also leads to serious consequences for other market players. The entire housing market is gradually focusing on this new type of investor. Real estate has therefore increasingly become a form of investment for many.

Keywords  Financialisation – Private investors – Housing market – Salzburg


1  Einleitung

Die Bedeutungszunahme finanzieller Verwertungsstrategien auf Immobilienmärkten und die damit einhergehende Verschränkung von Finanz- und Immobilienmarkt wurde in den letzten Jahren intensiv diskutiert (Aalbers 2017: 546–549; Wijburg/Aalbers/Heeg 2018: 1099–1119). Vor allem seit der globalen Finanzkrise wurden Gewerbe- und zunehmend auch Wohnimmobilien zu einem Feld für Finanzanlagen. Wesentlich dazu beigetragen haben die Liberalisierung der internationalen Finanzmärkte, die Deregulierung der Wohnungsmärkte sowie der Rückzug des Staates aus dem Wohnungsmarkt in vielen Ländern. Zuletzt verstärkten die europäische Zinspolitik und die Politik der Europäischen Zentralbank der Quantiativen Lockerung (quantitative easing) mit der darauf folgenden Kapitalverlagerung in Vermögenswerte wie Immobilien diesen Prozess.

Diese stärkere Verschränkung des Finanz- und Immobilienmarktes ist zwar ein globales, aber kein global einheitliches Phänomen. So wie sich Wohnungsmärkte in der Ausprägung ihrer ordnungspolitischen Einfassung, Akteurstruktur, deren divergierender ökonomischer und politischer Machtverhältnisse sowie der konkreten Verteilung von Eigentumsrechten am Wohnraum (Schwartz/Seabrooke 2008: 248–255) unterscheiden, so variiert auch die Manifestation von Finanzanlagen auf diesen Wohnungsmärkten. Sie reflektieren dabei die gesellschaftlichen Kräfteverhältnisse (vgl. Kemeny 2006), die nicht nur auf nationaler, sondern auch auf regionaler Ebene unterschiedlich ausgeprägt sind (Fields/Uffer 2016; Lebuhn/Holm/Junker et al. 2017).

Bisherige Publikationen zur Bedeutungszunahme finanzieller Verwertungsstrategien auf Wohnungsmärkten adressieren zumeist die nationale Maßstabsebene (Gotham 2009; Coq-Huelva 2013; Waldron 2016; Byrne 2019) bzw. die Wohnungsmärkte von Metropolen. Vorwiegend wurde die Rolle institutioneller Akteure (Romainville 2017: 629–634; Wijburg/Aalbers/Heeg 2018: 1104–1107) und damit nur ein ausgewähltes Spektrum der Manifestation von Finanzanlagen am Wohnungsmarkt betrachtet. Denn neben institutionellen Investoren haben zunehmend auch Privatpersonen Wohnungen als Anlageobjekte identifiziert (Heeg 2013: 82–85). Deren Bedeutung, Verhalten und Motivation, im Besonderen in Städten unterhalb der Metropolebene, ist bislang aber noch wenig untersucht (ebenso ihre Rolle bei der globalen Finanzkrise; Rosenblatt/Sacco 2018: 94–95). Wegen dieses Mangels an regional differenzierter Betrachtung bleiben relevante Unterschiede oft verdeckt und nur eine bestimmte Manifestation von Finanzanlagen findet Eingang in die wissenschaftliche Diskussion.

Dies liegt auch an den bisherigen methodischen Herangehensweisen. Untersuchungen zu institutionellen Investoren auf Wohnungsmärkten konzentrieren sich beispielsweise auf qualitative Untersuchungen einzelner Projekte (Fields/Uffer 2016: 1490–1497; Wijburg/Aalbers/Heeg 2018: 1107–1113), Daten aus Firmendatenbanken und Baubewilligungen (Romainville 2017: 627–629), statistische Wohnungsmarktdaten auf nationaler Ebene (Fernandez/Aalbers 2016: 79–80) oder ein ausgewähltes Set an Transaktionen (z. B. zu Verkäufen großer öffentlicher Wohnportfolios; vgl. Holm 2008). Investitionen auf Haushaltsebene finden aber ersten Erkenntnissen nach vorwiegend in so genannte Anlage- bzw. Vorsorgewohnungen statt (Aigner 2020: 2) und müssen deshalb in einem anderen methodischen Setting untersucht werden. Deshalb geht dieser Beitrag der privaten Kapitalanlage Wohnraum mit einer Mischung aus quantitativen und qualitativen Methoden und einer Triangulation von Grund- und Firmenbuchanalysen, Sekundärdatenauswertungen und Experteninterviews auf den Grund. Dieser Mixed-methods-Ansatz bietet einen wesentlichen Erkenntnisgewinn zur Betrachtung der Ausprägung von Finanzanlagen durch Privatpersonen und ermöglicht die Beantwortung folgender Forschungsfragen:
– 
Wie drücken sich Finanzanlagen am Wohnungsmarkt in Städten unterhalb der Metropolebene aus?
– 
Welche Rolle spielen dabei Privatpersonen und mit welcher Aktivität und unter welcher Motivationslage agieren sie?
– 
Welche Auswirkungen ergeben sich dadurch für die Akteurinnen und Akteure der Angebots- und Nachfrageseite eines Wohnungsmarktes und welche Strategien entwickeln diese im Umgang mit den aktuellen Herausforderungen?

Am Beispiel der Stadt Salzburg und ihrem angespannten Wohnungsmarkt zeige ich, dass abseits exponierter Metropolen die Nutzung von Wohnraum als Kapitalanlage vorwiegend von privaten Akteurinnen und Akteuren vorgenommen wird. Diese investieren weniger aus Spekulation und in Erwartung von Wertsteigerung, sondern zur privaten und familiären Vorsorge (vgl. Heeg 2013: 82–85) sowie vor allem zur Wertsicherung. Sie heben sich in Finanzierungsstruktur als auch Nachfragemuster von selbstnutzenden privaten Käuferinnen und Käufern ab. Der Wohnungsmarkt richtet sich sukzessive auf diesen neuen Investorentypus aus. Auch ohne institutionelle Investments und ausländisches Kapital findet eine stärkere Verknüpfung von Immobilien- und Finanzmarkt statt, die zu folgenschweren Auswirkungen für andere (Markt‑)Akteure führt. Die Bedeutung von Privatpersonen als Immobilieninvestorinnen und -investoren auf Wohnungsmärkten abseits der Metropolen mit ausreichend privatem Kapital wie Salzburg wird deshalb in den nächsten Jahren noch deutlich zunehmen.

Der vorliegende Beitrag ist in sechs Kapitel gegliedert. Im zweiten Kapitel wird die Verbindung von Finanz- und Immobilienmarkt als theoretisch-konzeptioneller Rahmen diskutiert und die bedeutende, bislang aber wenig untersuchte Rolle von Privatpersonen und ihrer Finanzanlagen am Wohnungsmarkt dargelegt. Kapitel 3 und 4 stellen das Forschungsdesign, die methodische Herangehensweise und das Untersuchungsgebiet vor. In Kapitel 5 werden die Erkenntnisse der empirischen Untersuchung zur Bedeutung und Motivation von Privatanlegerinnen und -anlegern auf dem Salzburger Wohnungsmarkt aufgezeigt. Im sechsten Kapitel fasse ich die Erkenntnisse zusammen und gebe einen Ausblick auf die zukünftige Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt durch die COVID-19-Krise.


2  Wohnen zwischen Nutzung und Anlage

Der Wohnungsmarkt weist einige Besonderheiten auf, die für seine sozioökonomische und politische Beurteilung Bedeutung entfalten. Zum einen hat Wohnraum eine lange Produktions- und Nutzungsdauer und bindet viel Kapital. Dies führt gemeinsam mit den Wohnungsmärkten inhärenter Intransparenz und ihrer räumlichen Segmentierung aufgrund der Standortgebundenheit des Wohnbaus zu einer geringen Angebotselastizität. Zum anderen ist Wohnraum gekennzeichnet von der gesellschaftlichen Konfliktlinie seiner Beurteilung als Werkzeug für ein schützenswertes Grundbedürfnis und wesentliche Säule des Wohlfahrtsstaates (Torgersen 1987; Kemeny 2006) einerseits und freier Ware bzw. Anlageobjekt andererseits (vgl. Musil 2019: 242–247). Deshalb wurden Wohnungsmärkte in Ländern mit deutlicher sozialstaatlicher Tradition wie Österreich lange Zeit stark ordnungspolitisch eingefasst (vgl. Schwartz/Seabrooke 2008: 243–248).

In den letzten Jahrzehnten jedoch wurden die Wohnungsmärkte vieler Länder durch den Rückzug der öffentlichen Hand einer starken Ordnungspolitik entzogen. Marktkräfte konnten sich durch die Liberalisierung der Finanzmärkte und Deregulierung der Wohnungsmärkte stärker entfalten. Dies führte zur Bedeutungszunahme finanzieller Verwertungsstrategien auf Immobilienmärkten. Damit einher ging eine Änderung der Akteurstruktur samt ihrer Handlungsweisen. Seit den 1980er-Jahren entwickeln sich Gewerbe- und mittlerweile auch Wohnimmobilien zu einem Feld für Finanzanlagen. Der Rückzug des Staates fand in vielen Ländern nicht nur durch eine ordnungspolitische Rücknahme statt, sondern auch durch die Privatisierung öffentlichen Wohnraums (vgl. für Österreich Streimelweger 2010; vgl. für Deutschland Voigtländer 2007: 748). Durch neue Finanzmarktinstrumente und der Bereitstellung von transparenten Marktinformationen durch spezialisierte Agenturen (Dörry/Heeg 2009: 175–181) wurden Immobilienbestände zu standardisierten Waren, die mit anderen assets und deren Rentabilität verglichen werden können. Dies erleichterte Investitionen in zunehmend globalisierten Immobilienmärkten. Immobilien verloren somit in finanzieller Hinsicht nach und nach ihre namensgebende Eigenschaft der Immobilität (Heeg 2004: 128–134; Scharmanski 2006: 2).

Diese ausgeweiteten Investitionsmöglichkeiten trafen ab den 1990er-Jahren auf steigende Mengen anlagesuchenden Kapitals, bedingt durch die Zunahme privater Verschuldung, der Errichtung kapitalgedeckter Altersversicherungssysteme und zuletzt der europäischen Zinspolitik bzw. der monetären Politik der Europäischen Zentralbank des quantitative easing. Dieses Kapital fand in den einzelnen Teilmärkten des Immobilienmarkts zunehmend eine relevante Senke (Harvey 2010). Das Resultat war eine starke Verknüpfung von Immobilien- und Finanzmarkt (finance-housing-nexus; Musil 2019: 305) und eine Bedeutungszunahme finanzieller Anlagestrategien, die Profite abseits realwirtschaftlicher Produktionsprozesse suchen (Krippner 2005: 173–177). Dies wird auch als Finanzialisierung bezeichnet (Aalbers 2017: 543), ein Begriff, der ob seiner breiten und teils diffusen Verwendung auch in der Kritik steht (Christophers 2015; Jacobs/Manzi 2020: 184–186). Auf den Wohnungsmarkt bezogen, bedeutet Finanzialisierung die „Schaffung von Anlagemöglichkeiten, wo vorher keine waren“ (Heeg 2013: 81) und die wachsende Dominanz von Investitionen in Wohnraum aus rein finanziellen anstatt (real)wohnungswirtschaftlichen Motiven durch Finanzakteure samt verstärkter Anwendung ihrer Praktiken und Narrative (Fernandez/Aalbers 2016: 71). Vor allem institutionelle Investoren, aber auch immer mehr Privatpersonen, haben Wohnungen als Anlageobjekte identifiziert (Heeg 2013: 82–85). Internationale Pensions- und Investmentfonds wie auch Versicherungen und Banken kaufen ganze Portfolios, wie beispielsweise komplette öffentliche Wohnungsbestände oder extra für sie errichtete Anlagen auf. In Bezug auf die Investitionsmotive durch institutionelle Investoren in Deutschland stellen Wijburg, Aalbers und Heeg (2018: 1101–1104) aber mittlerweile eine Transformation fest und weiten damit den Finanzialisierungsbegriff. Die Anfang der 2000er-Jahre vorherrschende pure Spekulation, welche sie als „Finanzialisierung 1.0“ bezeichnen, weicht allmählich dem Motiv des langfristigen Investments („Finanzialisierung 2.0“). Wohnraum wird dadurch als Investitionsobjekt „Veranlagungs-Mainstream“ (Wijburg/Aalbers/Heeg 2018: 1098).

Die privaten Haushalte wiederum sind durch die Krise 2008 von finanzmarktbasierten Kapitalanlagen verunsichert und auf der Suche nach anderen Anlageformen. Aufgrund der Niedrig- bzw. Nullzinssituation sind konservative Sparformen unattraktiv. Zudem sind viele Menschen, vor allem in konservativen Wohlfahrtsstaaten mit traditionell ausgeprägten sozialen Sicherungssystemen und umlagefinanzierter Altersversicherung wie Österreich, Deutschland oder auch Frankreich (vgl. Esping-Andersen 2013) in Bezug auf ihre Altersvorsorge verunsichert.1 Sie befürchten, dass diese nicht mehr für den Lebensunterhalt im Alter ausreicht und nehmen eine stärkere individuelle Verantwortung für die eigene Altersvorsorge (Heeg 2013: 82) wahr. Dies resultiert in mehr anlagesuchendem Kapital sowie in einer – auch durch staatliche Anreize verstärkten – Nachfrage nach privaten Vorsorgeprodukten und privaten Immobilieninvestitionen. Diese Investitionen manifestieren sich zum einen in der Nachfrage nach Immobilienfonds (diese erfuhren beispielsweise eine deutliche Zunahme in Österreich (vgl. Pöchel 2018: 36), zum anderen in der direkten Nachfrage nach Wohnungseigentum, um so die Altersvorsorge zusätzlich abzusichern).2 Das führt zu einer ganz spezifischen Nachfrage am Wohnungsmarkt, nämlich jener nach vorwiegend kleineren Eigentumswohnungen zur Vorsorge und Finanzanlage.

Da aber die finanziellen Möglichkeiten zum Erwerb von Immobilien ungleich verteilt sind, führt diese Entwicklung langfristig zu einer Polarisierung zwischen wenigen Mehrfacheigentümerinnen und -eigentümern und vielen eigentumslosen Mieterinnen und Mietern, sowie zu einem generationellen und demographischen Gap (Helbrecht/Geilenkeuser 2012).

Zwar treten institutionelle Investoren sowie Privatanlegerinnen und Privatanleger in unterschiedlichen Formen auf den Immobilienmärkten auf, gemeinsam ist ihnen jedoch, dass sie Wohnraum nicht durch die Brille der Bedürfnisbefriedigung betrachten, sondern um ihr Kapital anzulegen und zu vermehren. Immobilien sind somit zu einer Anlageform von Vielen geworden.

Diese Verschränkung von Finanz- und Immobilienmarkt ist zwar ein globales, aber kein global einheitliches Phänomen. Wohnungsmärkte variieren in der Ausprägung ihrer ordnungspolitischen Einfassung, Akteurstrukturen sowie Institutionen und deren divergierenden ökonomischen und politischen Machtverhältnisse sowie der konkreten Verteilung von Eigentumsrechten am Wohnraum (Schwartz/Seabrooke 2008: 244–245). Genauso wie sich Wohnungsmärkte unterscheiden, so variiert auch die Manifestation von Finanzanlagen auf diesen Wohnungsmärkten (beispielsweise stark zwischen globalem Norden und Süden (vgl. Heeg/Ibarra García/Salinas Arreortua 2020: 512)). Deren Intensität und Relevanz ist dabei abhängig von Einflussfaktoren auf unterschiedlichen Ebenen. Die nationale Ebene bildet einen wichtigen Rahmen mit seinem institutionellen und wirtschaftspolitischen Setting, doch die regionalen Wohnungsmärkte können sich hinsichtlich ihrer Institutionen, Akteurinnen und Akteure samt deren Motivation und Marktlogik sowie der Ausprägung einer spezifischen Nachfrage als auch in dem darauf abgestimmten Angebot deutlich absetzen. Die Wohnungsmärkte reflektieren dabei die generellen Kräfteverhältnisse einer Gesellschaft (vgl. Kemeny 2006: 15–16), die nicht nur auf nationaler, sondern auch auf regionaler Ebene unterschiedlich ausgeprägt sind (Fields/Uffer 2016: 1490–1497; Aalbers 2017; Lebuhn/Holm/Junker et al. 2017).


3  Forschungsdesign

Die oben skizzierte Verbindung von Finanz- und Immobilienmarkt ist trotz begrifflicher Kritik am Terminus Finanzialisierung (Christophers 2015; Jacobs/Manzi 2020: 184–186) breiter Konsens. Empirisch zeigen sich aber im Besonderen auf folgenden drei Ebenen Lücken (vgl. Aalbers 2017: 546):

Erste Lücke: Maßstab und Auswahl des Untersuchungsraumes. Die meisten Untersuchungen konzentrieren sich zum einen auf die nationale Ebene und Märkte, die entweder stark von der Krise 2008 betroffen waren (Gotham 2009; Coq-Huelva 2013; Waldron 2016), oder liberale Märkte mit starken Eigentümerquoten und hohen Hypothekenschulden (Byrne 2019) und zum anderen findet sich die Konzentration auf metropolitane Untersuchungsregionen und ihre Gewerbe- (Clark/Lund 2000; Dörry 2010; Musil/Reiner 2019) bzw. Wohnimmobilienmärkte (Fields/Uffer 2016; Romainville 2017; Morris 2018). Städte abseits der Metropolen werden nur selten untersucht, obwohl der finance-housing-nexus mittlerweile auch in regionalen Universitätsstädten, in kleineren Großstädten (z. B. Reutter 2012; Fehlberg/Mießner 2015; Bernt/Colini/Förste 2017; Mießner 2021) und sogar in Mittelstädten (Bůžek/Mießner 2021) seine Wirkung entfaltet. Wohnungsmärkte sind aber ausgeprägte regionale Märkte. Für das Verständnis der regional unterschiedlichen Manifestationen des finance-housing-nexus bedarf es der Untersuchung unterschiedlicher regionaler Kontexte, samt institutioneller Rahmenbedingungen, und variierenden Ausprägungen von Angebot und Nachfrage. Wegen des Mangels an regional und lokal differenzierter Betrachtung bleiben relevante regionale Unterschiede oft verdeckt.

Zweite Lücke: Auswahl der untersuchten Akteurinnen und Akteure. Durch den Fokus auf Großstädte der Metropolebene konzentrieren sich die empirischen Untersuchungen entweder auf die institutionelle Angebotsseite des Wohnungsmarktes und die Frage nach der Bedeutung von Finanzakteuren sowie finanzialisierten developern für die Stadtentwicklung (vgl. Romainville 2017: 629–634) oder auf institutionelle Investoren, wie z. B. REITs oder Private Equity Fonds als Nachfragende (vgl. Wijburg/Aalbers/Heeg 2018). Zwar wurden beispielsweise durch Heeg (2013) auch private Investorinnen und Investoren als Akteurinnen und Akteure und damit die zweite Komponente der Nachfrageseite neben institutionellen Käufern thematisiert, aber insgesamt nur selten (vgl. Aigner 2020; Hulse/Reynolds/Martin 2020) abseits sogenannter ultra-high-net-worth individuals (Hochvermögende; vgl. Rogers/Koh 2017) empirisch untersucht. Eine Ausnahme stellen hier die Untersuchungen zu mortgaged home ownership (hypothekbelastetes Wohneigentum) und des Phänomens buy-to-let (Kauf zur Vermietung) in Großbritannien dar (Gibb/Nygaard 2005). Diese Forschungslücke bezüglich der Bedeutung von privaten Investitionen stellen Rosenblatt und Sacco (2018: 94–95) auch für die Subprime-Krise (Hypotheken-Krise durch geringe Bonität) 2007 in den USA fest. Im vorliegenden Beitrag werden vor allem diese direkten Immobilieninvestitionen von Privatpersonen betrachtet.

Dritte Lücke: Auswahl der betrachteten Prozesse. Strukturen und Prozesse privater Immobilieninvestitionen (vgl. Trouillard 2013: 67–68) unterscheiden sich von jenen institutioneller Investoren und können deshalb nicht mit demselben methodischen Setting untersucht werden. Investitionen auf Haushaltsebene finden ersten Erkenntnissen zufolge vorwiegend in sogenannte Anlage- bzw. Vorsorgewohnungen statt (Aigner 2020: 2). Deren empirische Untersuchung steht jedoch noch aus. Für die langfristige politische und ökonomische Beurteilung dieses Phänomens ist deshalb offenzulegen, wer diese Anlegerinnen und Anleger konkret sind, und mit welcher Motivation sie in Wohnimmobilien investieren (vgl. Hulse/Reynolds/Martin 2020).

Interessant für die Beantwortung der oben aufgezeigten Forschungsfragen ist zudem die Frage der methodischen Herangehensweise. Generell besteht bei immobilienwirtschaftlichen Untersuchungen oftmals das Problem fehlender Qualität und mangelnder Vergleichbarkeit von Daten – besonders bei regionalen Untersuchungen (vgl. Mundt/Wagner 2017: 42–43). Diese Untersuchung setzt deshalb auf eine methodische Verschränkung von Grundbuch- und Firmenbuchauswertungen sowie qualitativer Experteninterviews als einem neuen methodischen Setting für die bestehende Toolbox zur Analyse von Finanzanlagen auf Wohnungsmärkten. Zusätzlich analysiere ich unterschiedliche Sekundärquellen und fasse bestehende regionale Untersuchungen zusammen.

Dem Grundbuch und den Immobilienkaufverträgen lassen sich wesentliche Informationen über das effektive Marktgeschehen entnehmen. Unter anderem können damit Preise, Käufer- und Verkäuferstrukturen (Rechtspersönlichkeit, Herkunft) und die Struktur der verkauften Immobilien (Art, Größe, Zusammensetzung) bestimmt werden. Diesen Vorteilen steht die umständliche Handhabung und Auswertung des Grundbuchs gegenüber. Zwar besteht in Österreich die Möglichkeit der Grundbucheinsicht, allerdings ist der Zugang kostenpflichtig und eingeschränkt.

Über das Portal Immoservice Austria3 steht für diese Untersuchung ein Datensatz mit allen im Gerichtsbezirk Salzburg (umfasst die Stadt Salzburg und die meisten angrenzenden Umlandgemeinden) grundbücherlich erfassten Transaktionen zu Eigentumswohnungen, Häusern (Einfamilien- und Reihenhäuser aber auch Mehrparteienhäuser) oder Baulandgrundstücken des Zeitraums Jänner 2016 bis Oktober 2018 zur Verfügung. Angereichert sind diese zusätzlich mit Informationen aus den Kaufverträgen, sodass der Datensatz unterschiedliche Parameter zu Lage, Größe, Ausstattung, Alter und Substanz der Immobilien, die Verkaufspreise sowie Informationen zu Käuferinnen und Käufern sowie Verkäuferinnen und Verkäufern (Name, Meldeadresse, steuerliche Behandlung der Transaktion, allfällige Verwandtschaftsverhältnisse, Auslandstransaktionen4) vereint.

Mithilfe des Datensatzes können die Kaufenden in juristische und natürliche Personen unterteilt werden. Für eine genauere Analyse der beteiligten juristischen Personen wurden aus dem Firmenbuch (respektive kostenloser darauf zurückgreifender Online-Portale) zusätzliche Informationen über die Struktur der Unternehmen (Herkunft, Gesellschaftsform, Eigentümerstruktur, Branche/wirtschaftliche Kerntätigkeiten per NACE-Zuordnung5) abgerufen. Die Information der wirtschaftlichen Kerntätigkeiten ermöglicht eine Klassifizierung der Unternehmen in folgende Akteurtypen bzw. Mischformen und damit eine grobe Einschätzung der Rolle dieser Unternehmen am Markt und ihrer Motive und Strategien:
– 
IMMO: Unternehmen des Immobiliensektors, deren Geschäftszweck mit der Planung, Produktion, Verwaltung und Vertrieb zu einem wesentlichen Teil verbunden ist.
– 
FIN: Unternehmen, deren geschäftliche Hauptbetätigung im Finanzsektor angesiedelt ist.
– 
SONST: Unternehmen, deren Hauptgeschäftsfelder weder unter IMMO noch unter FIN fallen, also beispielsweise Gastronomie- oder Handwerksbetriebe.
– 
Mischformen wurden den Kategorien FIN und SONST zugerechnet, um die Kategorie IMMO auf reine Immobilienunternehmen zu beschränken.

Neben den kodifizierten Transaktionen ist das Markt- und Erfahrungswissen von Immobilienexpertinnen und -experten für die Beurteilung von Marktprozessen eine zentrale Erkenntnisquelle für diese Untersuchung. Deshalb wurden 14 leitfadengestützte Interviews (im Folgenden als I1 bis I14 abgekürzt) mit Vertreterinnen und Vertretern der gesamten Wertschöpfungskette (vgl. Ambrose 1991: 94-99) des Salzburger Wohnungsmarktes und langjähriger Erfahrung (mit Schwerpunkt auf Immobilieneigentum) durchgeführt. Sie wurden zur Zusammensetzung der Nachfrage nach Immobilieneigentum in Salzburg, zur Motivation und Finanzierung von Immobilienkäufen sowie nach ihrer Einschätzung der Marktdynamik der letzten Jahre und der zukünftigen Entwicklung befragt.


4  Der Wohnungsmarkt der Stadt Salzburg
Untersuchungsgebiet für diesen Beitrag ist die Stadt Salzburg, die stellvertretend für kleinere Großstädte abseits der Metropolebenen ohne globale Funktionen, aber mit angespanntem Wohnungsmarkt steht (vgl. Zeller/Van-Hametner/Smiegiel et al. 2018: 605–607) (vgl. Tabelle 1). Salzburg weist ein geringes Bevölkerungswachstum (2001-2017: +6,8 %), aber ein dynamisches Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) pro Kopf auf (2001-2017: +56 %).6
Tabelle 1 Fakten zum Wohnungsmarkt Salzburg

Einwohnerinnen und Einwohner (Hauptwohnsitze)

154.820

2017

Wohnungen

88.749

2017

Rechtsgrund der Wohnungsbenützung

Wohnungs- bzw. Hauseigentum

41,99 %

2011

(Haupt‑)Miete

49,21 %

Sonstiges

8,80 %

Eigentumsverhältnisse der Wohnungen

Privatpersonen

67,24 %

2017

Gebietskörperschaften

3,92 %

Gemeinnützige Bauvereinigungen

21,44 %

Sonstige juristische Personen

7,40 %

Quelle: Stadt Salzburg (2018: 11, 25)

Der Salzburger Immobilienmarkt war, wie in den meisten Städten Österreichs, lange Zeit relativ stabil. Dazu trug Österreichs Konstitution als korporatistischer Wohlfahrtsstaat mit stark ausgeprägten Institutionen und Regularien am Wohnungsmarkt wesentlich bei (Zeller/Van-Hametner/Smiegiel et al. 2018: 600–603). Im Verhältnis zum ‚roten Wien‘ und zu anderen Landeshauptstädten war Salzburgs Wohnungsmarkt allerdings nie stark durch kommunalen Wohnbau oder starke gemeinnützige Akteure geprägt. Seit Anfang der 2000er-Jahre und im Besonderen seit 2008 (Finanzkrise) wich die Stabilität einer deutlich intensiveren Entwicklung durch einen Nachfrageboom, dem Auftreten neuer Akteurinnen und Akteure und dem Rückzug des Staates, beispielsweise durch Privatisierungen (Zeller/Van-Hametner/Smiegiel et al. 2018: 600–603). Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern wie Spanien und Irland, in denen der letzte globale Immobilienboom seinen Ausgang nahm und die dadurch große wirtschaftliche Probleme erlitten (Byrne 2019: 1–2), liegt in Österreich wie auch in Deutschland ein Post-Krisen-Immobilienboom vor. Das gesamte Investitionsvolumen in den Immobilienstandort Österreich legte von 2010 bis 2018 deutlich zu (+84 %). Im Besonderen betraf dies die größeren Ballungsräume.7 Neben heimischen Investoren treten auch immer häufiger institutionelle Investoren aus dem Ausland – vorwiegend Deutschland – auf. War es vor 2008 in Österreich noch eine Besonderheit, kommt es seit der globalen Finanzkrise auch zu einer Ausweitung privater kreditfinanzierter Anlagen am Immobilienmarkt, vielfach in Form von Anlage- bzw. Vorsorgewohnungen (Oesterreichische Nationalbank 2019: 7–11).

Das sind Wohnungen, welche Privatpersonen erwerben, aber nicht, um darin selbst zu wohnen, sondern als Wertanlage und zur Vorsorge. Diese Wohnungen werden entweder ausschließlich mit Vermietungsabsicht, mit Vermietungsabsicht und anschließender Selbstnutzungsperspektive (in der Pension) oder ausschließlich als Anlage mit der Spekulation auf einen gesteigerten Wohnungswert gekauft (Van-Hametner/Lang 2019: 34–36). Ihre Funktion ähnelt dem in Großbritannien verbreiteten buy-to-let (vgl. Gibb/Nygaard 2005). Ihre Verbreitung ist aber nicht im Bestehen eines Hypothekarprodukts, sondern in zinsbedingten Kapitalverschiebungen und der Ausnutzung steuerlicher Vorteile begründet. Anlage- bzw. Vorsorgewohnungen sind meist Neubauten, teilweise wird ein Rundumangebot aus Produkt und Dienstleistung wie Vermietung und Betreuung zum Verkauf angeboten (Aigner 2020: 11). Zahlreiche Indizien deuten darauf hin, dass es in den letzten Jahren in Österreich zu einem Boom von Angebot und Nachfrage nach diesem Anlageprodukt kam. Regional differenzierte Marktstudien liegen aktuell nur für Wien vor und zeigen einen deutlichen Nachfrageanstieg (EHL Immobilien 2018).

Der österreichische Markt für Wohnimmobilien boomt so sehr, dass die Analysten der österreichischen Nationalbank von einer Überbewertung ausgehen (Oesterreichische Nationalbank 2019: 6). Ist diese Entwicklung bereits Ausdruck einer deutlichen Bedeutungszunahme finanzieller Anlagestrategien am Immobilienmarkt? Wijburg und Aalbers (2017: 976–980) folgend charakterisiere ich die Verschränkung von Finanz- und Immobilienmarkt in Österreich als bislang schwach ausgeprägt. Sie setzte sich über verschiedene Prozesse und in Abhängigkeit von historischen Entwicklungen und politisch-gesellschaftlichen Kräfteverhältnissen sowie bestehender institutioneller Pfade in zwei Phasen um. Die erste Phase fand Anfang der 2000er-Jahre durch die Privatisierung von Bundeswohnungen statt. Die zweite Phase begann 2008 und ist durch das Auftreten großer Fonds (vorwiegend in Wien) sowie der boomenden Nachfrage nach Mietwohnhäusern und Anlage- bzw. Vorsorgewohnungen gekennzeichnet (vgl. Zeller/Van-Hametner/Smiegiel et al. 2018: 600–603).

Resultat dieser Entwicklung ist, dass hohe Immobilienpreise und steigende Wohnkostenbelastungen mittlerweile auch in Österreich eine Schlüsselherausforderung geworden sind (Oesterreichische Nationalbank 2019). Salzburg steht dafür repräsentativ und ist bei Neubauwohnungen und Häusern die teuerste Großstadt (vgl. Abbildung 1). Die Preise für neu errichtete Wohnungen stiegen in Salzburg von 2001 bis 2018 (und besonders stark seit der Krise 2008) um 71,5 %, der Bestandsmarkt verzeichnete im selben Zeitraum sogar ein Plus von 92 %.8 Auch die Mieten stiegen deutlicher als die Einkommens- und allgemeine Preisentwicklung.
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Abbildung 1 Preise für Baugrund, Eigentumswohnungen und Einfamilienhäuser in den österreichischen Landeshauptstädten (und Wien), 2018
Quelle: Eigene Darstellung anhand des Immobilienpreisspiegels 2002–2019 der WKO Immobilien- und Vermögenstreuhänder

Im folgenden Kapitel stelle ich nun die empirischen Erkenntnisse aus den durchgeführten Grund- und Firmenbuchauswertungen sowie den qualitativen Experteninterviews vor. Dabei lege ich die Bedeutung von Privatanlegerinnen und Privatanlegern für die Dynamik des Salzburger Wohnungsmarktes, deren Motivation und Finanzierung von Wohneigentum und im Besonderen der Ausprägung des oben skizzierten Phänomens der Anlage- bzw. Vorsorgewohnungen dar.


5  Bedeutung und Motive von Privatanlegerinnen und -anlegern auf Wohnungsmärkten abseits der Metropolen am Beispiel Salzburg
5.1  Boomende Nachfrage

Im Verhältnis zu den vergleichbar großen Landeshauptstädten Graz, Innsbruck und Linz liegt die Marktdynamik in Salzburg zwar im Mittelfeld9, doch stieg die Anzahl der Transaktionen von 2013 auf 2016 um über 50 % und deren Volumen sogar um 83 % (auf über 1,2 Milliarden Euro). Zuletzt sanken zwar Volumen und Transaktionen wieder (Hölzl & Hubner 2019: 6–7), aber nicht wegen gesunkener Nachfrage, sondern aufgrund mangelnden Angebots (Van-Hametner/Lang 2019: 39–47). Am meisten Transaktionen gab es gleichzeitig mit dem Auftreten der stärksten Preissteigerungen – Zeichen eines Booms.

Bisherigen Branchenberichten zufolge ist das Marktgeschehen von Transaktionen einzelner Häuser und Wohnungen (Hölzl & Hubner 2019: 6–7) überwiegend von der Nachfrage nach kleineren Wohnungen mit einem bis zwei Zimmer geprägt.10 Der Verkauf ganzer Wohnimmobilienprojekte an institutionelle Investoren findet hingegen kaum statt, auch deshalb, da im Gegensatz zu deutschen Städten in Salzburg kaum öffentliche Wohnungsbestände privatisiert wurden (I3, I4). Das Marktsegment der Zinshäuser weist hingegen eine relativ hohe Dynamik auf. Aber auch hier handelt es sich eher um kleinere Transaktionen.11

Im Untersuchungszeitraum 2016 bis 2018 wurden im Gerichtsbezirk Salzburg 4333 Verkäufe von Wohnungen, Häusern und Baugrundstücken durchgeführt (vgl. Tabelle 2). 81 % dieser Transaktionen entfallen auf Eigentumswohnungskäufe und dabei aus mehreren Gründen in zunehmendem Maße auf den Sekundärmarkt. In Salzburg findet wenig Neubau statt, die Preise für Neubauwohnungen sind aufgrund teurer Grundstücke und Errichtungskosten sowie starker Nachfrage sehr hoch (I1-I14). Bei Bestandswohnungen spielt zudem der rent-gap, also die Möglichkeit, durch die Investition die potenziell erzielbaren Mieteinnahmen einer Immobilie deutlich zu steigern, eine Rolle (I7; vgl. Smigiel/Hof/Kautzschmann et al. 2020: 168–169). Für die gesamte Bandbreite an Bestandswohnungen – von Garçonnièren in schlechteren Lagen bis zu hochwertigen Familienwohnungen – besteht deshalb eine starke Nachfrage. Der daraus resultierende Nachfrageüberhang hat zu massiven Preissteigerungen geführt (I3, I5). Nur im hochpreisigen Segment sind die Nachfrage und damit auch die Preisentwicklung etwas schwächer ausgeprägt. „Bei Wohnungen bis 500.000 ist eine sehr starke Nachfrage, […] ab 1 Million wird die Nachfrage schon sehr viel geringer“ (I13).

Mit rund 15 % folgt das breitgefächerte Segment der Häuser. Hierunter fallen sowohl Einfamilien- und Reihenhäuser als auch Mehrparteienhäuser. Den mit Abstand kleinsten Sektor bilden mit 5 % die Baulandtransaktionen, welche in vorliegender Untersuchung nicht weiter analysiert werden.
Tabelle 2 Datensatz Grundbuch: Überblick über alle erfassten und ausgewerteten Transaktionen im Gerichtsbezirk Salzburg in den Jahren 2016–2018

Nach Transaktionsjahr

2016

2017

2018*

Gesamt

Anzahl

1318

1624

1391

4333

Nach Nutzungsart

Baugrund

Wohnungen

Häuser

Gesamt

Anzahl

200

3488

645

4333

Wert (in Mio. Euro)

93

910

449

1453

Anteil (Anzahl)

4,6 %

80,5 %

14,9 %

100 %

Anteil (Wert)

6,4 %

62,6 %

30,9 %

100 %

* = Januar bis Oktober 2018
Quelle: https://www.immoservice-austria.com/produkt/kaufpreisimmo (18.08.2021); eigene Erhebung
5.2  Wer kauft Wohnimmobilien?

Der Wohnungsmarkt ist in Salzburg käuferseitig stark von natürlichen Personen geprägt. Sie kauften knapp 95 % aller 3488 Eigentumswohnungen und 77 % aller 645 Häuser (vgl. Tabelle 3) Dabei handelt es sich vorwiegend um Personen mit Lebensmittelpunkt in der Region oder zumindest aus dem Bundesland Salzburg. Nur bei einem geringen Anteil der Käuferinnen und Käufer findet sich eine ausländische Meldeadresse in den Grundbuchdaten. Bei Wohnungen ist dies bei 2,6 % (n=91), bei Häusern bei 2,5 % (n=16) der Fall. Die Nachfrager aus dem Ausland sind überwiegend Personen mit deutscher Meldeadresse (n=71). Von außerhalb der EU kamen nur zehn Käuferinnen bzw. Käufer. Personen mit ausländischer Meldeadresse erwarben tendenziell teureres Wohneigentum. Dies bestätigen auch die interviewten Marktakteurinnen und Marktakteure. „[…] Ab 1 bis 1,5 Millionen Euro Kaufpreis […] lässt der lokale Markt aus […] da sind es dann […] internationale Käufer, […] die sich in Salzburg permanent niederlassen, als Alterssitz, oder berufsbedingt hier sind“ (I3). Der Markt für Wohnimmobilien in Salzburg ist also im Wesentlichen von regionaler Nachfrage geprägt. Der Rest verteilt sich vor allem auf Käuferinnen und Käufer aus dem angrenzenden Oberösterreich und der Hauptstadt Wien, wobei diese oft eine persönliche Bindung zur Region aufweisen (I5).

Unternehmen stellen die zweite, ungleich kleinere Nachfragegruppe. Sie erwarben im Untersuchungszeitraum 5 % der Wohnungen bzw. 22 % der Häuser. Bei den im Untersuchungszeitraum am Markt aktiven 130 Unternehmen dominieren Unternehmen aus der Immobilienbranche (IMMO). Am Eigentumswohnungsmarkt sind sie für 56 % aller Unternehmenskäufe mit 60 % des Marktwerts (28 Millionen Euro) verantwortlich, gefolgt von den Unternehmen aus dem Finanzsektor einschließlich Mischformen (vgl. Kapitel 3) mit 27 % aller Transaktionen in Höhe von 23 % des Gesamtwerts aller Unternehmenskäufe (11 Millionen Euro). Sonstige Unternehmen (z. B. Handwerksbetriebe) kauften im Untersuchungszeitraum 31 Wohnungen im Gesamtwert von 8 Millionen Euro. Am Häusermarkt stellen die Unternehmen der Immobilienbrache 76 % aller Käufe. Bei den Häusern handelt es sich zum einen um Grundstücke mit Altbestand (zum Abriss), Gebäude, die einer unternehmerischen Verwertung zugeführt werden sollen, oder Investitionsobjekte wie Zinshäuser (I8). Dadurch vollzieht sich eine kontinuierliche Änderung der Eigentumsstrukturen, da die Verkäufe überwiegend von Privatpersonen und die Käufe überwiegend von Firmen getätigt werden.12

Das Marktgeschehen ist nicht durch einzelne große Unternehmen geprägt. Die ‚TOP 3‘ je Marktsegment erwarben zusammen nur 19 Wohnungen bzw. 15 Häuser. Die Unternehmen sind zumeist als Kapitalgesellschaft organisiert und wirtschaftlich eigenständig. Die große Mehrheit (79 % aller Transaktionen) hat ihren Unternehmenssitz in Salzburg. Die restlichen Käuferunternehmen kommen aus anderen österreichischen Bundesländern, allen voran Oberösterreich und Tirol. Ausländische Unternehmen spielen nur eine sehr marginale Rolle. Lediglich ein Unternehmen mit deutschem Unternehmenssitz kaufte ein Wohnhaus, eine vereinsrechtliche Gesellschaft aus Luxemburg kaufte eine Eigentumswohnung. Prinzipiell wirken Image und wirtschaftliches Umfeld Salzburgs anziehend auf internationales Investmentkapital. Dennoch treten institutionelle Investoren nur selten als Käufer auf. Einerseits sind die Renditen für eine Fondsperformance zu niedrig, andererseits bieten sich wenige große Objekte zum gewünschten En-bloc-Verkauf an (I3). Mehrere der befragten Expertinnen und Experten bestätigen trotzdem regelmäßige Anfragen durch institutionelle deutsche Investoren nach größeren Anlageobjekten (I4, I5). Vereine und Stiftungen, die als mögliche Vehikel eines anlagedominierten Eigentumserwerbs dienen können, spielen ebenso nur eine unbedeutende Rolle. Aktuell sind es vor allem regionale und nationale mittelständische Unternehmen, die am Salzburger Wohnimmobilienmarkt aktiv sind.
Tabelle 3 Wohnungsmarkt Großraum Salzburg – Struktur der Käufer

Status Käufer

Wohnungen

(N = 3488)

Häuser

(N = 645)

Natürliche Personen

3296

94,5 %

498

77,21 %

Unternehmen

186

5,33 %

141

21,86 %

Vereine

3

0,09 %

1

0,16 %

Gebietskörperschaften

2

0,06 %

Stiftungen

1

0,03 %

3

0,47 %

Gemeinnützige Bauvereinigungen

2

0,31 %

Nachfrage aus dem Ausland*

91

2,61 %

16

2,48 %

* Käufe durch natürliche und juristische Personen mit Meldeadresse bzw. Firmensitz außerhalb Österreichs
Quelle: https://www.immoservice-austria.com/produkt/kaufpreisimmo; eigene Erhebung (18.08.2021)
5.3  Motivation privater Käuferinnen und Käufer

Private Käuferinnen und Käufer können grundsätzlich unterschieden werden in jene, die für den eigenen Wohnbedarf erwerben (zur Eigennutzung), und private Anlegerinnen und Anleger. Alleine aus dem Grundbuch geht nicht (eindeutig) hervor, welche Motivation hinter dem Eigentumserwerb steht. Zwar wird in manchen Analysen die steuerliche Behandlung aus den Kaufunterlagen als Unterscheidungskriterium herangezogen (EHL Immobilien 2018), dies ist aber nicht eindeutig genug, denn oftmals wird eine Wohnung auch als Anlageobjekt gekauft, ohne die Umsatzsteuer geltend zu machen (vgl. Prantner/Rosifka/Peinbauer et al. 2018: 10). Deshalb greife ich auf die Einschätzung von Marktexpertinnen und -experten zurück. Laut einer Befragung von ImmobilienScout24 (2015)13 teilen sich die Käufe von Eigentumswohnungen in Österreich in etwa vier Fünftel zur Eigennutzung und ein Fünftel als Anlage. Für den Salzburger Immobilienmarkt bestätigen die befragten Expertinnen und Experten einen Anlageanteil von allen Käufen von 20 % bis zu einem Drittel, wobei dieser Anteil stark von Bauträger, Projekt und Lage abhängig ist (I2, I4, I6, I8, I10, I12, I13, I14). Erst die globale Finanzkrise bzw. deren Niederschlag in einem anhaltenden Zinstief haben zur Entstehung des neuen Kundensegments der privaten Einzelinvestorinnen und -investoren in Salzburg geführt. Es gab sie zwar auch davor, doch hat ihre Bedeutung in den letzten zehn Jahren stark zugenommen (I1, I5, I13). Diese Anleger/-innen bilden keine homogene Gruppe (vgl. Gibb/Nygaard 2005: 323–324), doch haben sie gemeinsam, dass sie den Finanzmärkten kein Vertrauen schenken und klassische Anlageformen ihnen keine Veranlagungsalternative bieten.

Die Mehrheit sind regionale, oftmals ortsansässige Personen, ein kleinerer Anteil ist aus dem Rest Österreichs und nur wenige aus dem angrenzenden Deutschland. Anlagen in der Nähe des eigenen Wohnorts bevorzugen sie deshalb, weil diese den psychologischen Vorteil einer scheinbaren Kontrolle über die eigene Wertanlage vermitteln und als Alterssitz oder als Vorsorge für Familienangehörige dienen können (I9; Van-Hametner/Lang 2019). Denn die Anlegerinnen und Anleger aus der Region sind sich der Angespanntheit und Knappheit des regionalen Wohnungsmarktes bewusst und versuchen, Eigentum für eine mögliche zukünftige familiäre Wohnnutzung zu schaffen, die bei Bedarf in Liquidität umgewandelt werden kann (I11, I13). „Was […] zugenommen hat, ist der Einzelinvestor. Also der ganz normale Salzburger Bürger, der sagt, ich habe mir 100.000 oder 150.000 Euro gespart. Fonds oder so etwas, ist für ihn keine Alternative mehr und dann kauft er eine Wohnung, finanziert sich 100.000 und vermietet sie halt. Meistens mit dem Doppelgedanken […], nicht Anlage alleine, sondern auch fürs Enkerl oder Kind […]. Veranlagung und Vorsorge in einem Thema. [….] [D]ieser Typus Kunde war früher nicht da“ (I2).

Oft handelt es sich dabei um wohlhabendere Personen aus der Mittel- und Oberschicht, in der Altersgruppe über 50, zunehmend aber auch jüngere Menschen. Deren Motive sind wie dargestellt vielfältig und selten eindeutig abgrenzbar (I11). Kadi, Hochstenbach und Lennartz (2020: 8–11) folgend, können wir auch in Salzburg Kauf zur Vermietung, Wertsteigerung sowie unterschiedliche Vorsorge- und Sicherheitsaspekte als zugrunde liegende Motive ausmachen.

Die klassische Rendite aus der Vermietung einer Anlagewohnung stellt in Salzburg ein wichtiges, aber nicht dominantes Kaufmotiv dar. Sie dient bei der durchschnittlichen privaten Anlage einerseits zur Absicherung vor inflationsbedingten Verlusten bzw. wird auch zur Refinanzierung der Kreditraten verwendet. Als alleine entscheidendes Kaufmotiv reicht die niedrige Rendite aus der Vermietung nicht aus. Rein spekulativer Leerstand findet trotzdem nur in Ausnahmefällen statt, wie Expertinnen und Experten bestätigen: „[D]ie Anleger, die wir seit sechs, sieben Jahren versorgen, da kann ich mich nicht erinnern, dass die irgendwo eine Wohnung leer stehen haben“ (I8).

Neben der Möglichkeit der Vermietung ist die weitere Wertentwicklung ein weiteres Investitionsmotiv. Die starke Preisentwicklung am Salzburger Wohnungsmarkt in den letzten zehn bis 15 Jahren lässt Anlegerinnen und Anleger auch für die Zukunft auf Steigerung des Objektwertes hoffen (I1, I4). Das sind insbesondere jene wohlhabenderen Personen, die in teure Lagen investieren und dafür ihr Kapital aus anderen langfristigen Wertanlagen abziehen. Für sie spielen Mieteinnahmen eine untergeordnete Rolle und die Spekulation auf Wertsteigerungen steht im Vordergrund des Investments. Diese Objekte werfen aufgrund des Verhältnisses von hohem Kaufpreis und begrenzter Miete nur eine geringe Rendite (1‑1,5 %) ab und sind aufgrund der eingeschränkten Nachfrage deutlich schwieriger zu vermieten. Direkt nach Ausbruch der globalen Finanzkrise (2008) wurde teilweise auch überhastet in solche Immobilien investiert – was zu Leerstand führte (I11).

Für viele kleine, private Anlegerinnen und Anleger ist die Sicherheit ihrer Anlage in Verbindung mit der Vorsorge für sich selbst oder die Familie das entscheidende Kriterium. Angesichts der relativ niedrigen Renditen in Salzburg wurde die Sicherheit der Anlage mitunter sogar als das wichtigste Motiv genannt. Gerade bei älteren und risikoaverseren Personen spielt dies eine zentrale Rolle (I2, I3, I4, I8, I9, I10). Auch in Salzburg ist die Skepsis bezüglich der Tragfähigkeit des staatlichen Pensionssystems groß. 75 % der Salzburger erwarten, ihren Lebensstandard – im Besonderen durch steigende Mieten – mit einer staatlichen Pension alleine nicht halten zu können.14 Durch die Vorsorge- bzw. Anlagewohnung und ihre Mieterträge soll das zukünftige Einkommen im Ruhestand aufgebessert werden oder im Alter zur Eigennutzung zur Verfügung stehen. Bis dahin soll über die laufende Vermietung die Finanzierung bezahlt werden. Ähnlich wichtig ist ihnen die familiäre Vorsorge für Kinder oder Enkelkinder.

Zumeist ist die Immobilieninvestition privater Anlegerinnen und Anleger durch eine Kombination unterschiedlicher Motivlagen begründet. Die Beurteilung von Vorsorgewohnungen als rein spekulativer Anlage zur Wertsteigerung (Springler/Wöhl 2020: 170) kann die vorliegende Untersuchung nicht bestätigen. Persönliche und familiäre Vorsorge und vor allem die Kapitalsicherung stellen ebenso wesentliche Investitionsmotive dar. Da in Salzburg vorwiegend Privatpersonen investieren, sind die Investitionsentscheidungen oftmals nicht nur rational begründet.

5.4  Finanzierung von Wohneigentum

Die Finanzierung von Wohnungseigentum unterscheidet sich in Salzburg deutlich zwischen Eigennutzerinnen und Eigennutzern sowie Privatanlegerinnen und Privatanlegern. Die Gruppe der Eigennutzenden ist zwar heterogen, in der Regel verfügt sie aber nur über beschränktes Eigenkapital. Ihre Eigenmittelquote nimmt zudem trotz relativ stabiler Sparquote aufgrund der stark steigenden Kaufpreise kontinuierlich ab (I5, I7, I8, I11-I14). Konkret nehmen die befragten Expertinnen und Experten einen deutlichen Rückgang auf immer häufiger nur 10 % des Kaufpreises wahr (I7, I14). Für Menschen mit geringem Einkommen und junge Familien ohne finanziellen familiären Rückhalt ist der Aufbau von ausreichendem Eigenkapitel nicht mehr möglich. „Früher hatte man noch 30-35 % [Eigenkapitalquote] und heute eben weniger. Aber nicht, weil die Leute weniger sparen […], sondern weil der Preis höher ist“ (I14).

Generell kommt es auch in Salzburg, dem Bundestrend folgend, in den letzten Jahren zu einer Zunahme von Fremdfinanzierungen, vor allem von langjährigen Fixzinsdarlehen, da die Eigennutzer/-innen kein Vertrauen in konstant niedrige Zinsen haben (I1, I3, I7). „[D]ie Zinssituation [nivelliert] die Preise gerade etwas [...]. Allerdings mit dem Risiko, dass man nicht weiß, wie sich die Zinsen weiter entwickeln“ (I13).

Zwar machen die aktuell niedrigen Zinsen viele Immobilienfinanzierungen erst möglich, die steigende Verschuldung birgt besonders für diejenigen mit hohen Fremdkapitalquoten, die ihre Immobilie selbst nutzen, bei variablen Verzinsungen ein Zinsrisiko. Reichen die Eigenmittel für das notwendige Mindestmaß einer Wohnraumfinanzierung nicht aus, bleibt oft nur die Miete als Alternative (Stichwort generation rent; vgl. McKee/Moore/Soaita et al. 2017). „[Jemand, der] sich gerade mit Familiengründung beschäftigt und um die 30 ist, wo soll der die Eigenmittel herhaben? Außer man hat reich geheiratet oder wurde reich geboren“ (I11).

Ohne familiäre Schenkung oder (vorgezogenes) Erbe – nach Auskunft von Expertinnen und Experten bei bis zu zwei Drittel der Kaufenden anzutreffen – bleibt die Eigentumsbildung immer öfter unfinanzierbar (I2, I3, I5, I9). „Also […][diese] familiäre[n] Hilfe, ist eigentlich das, was den […] Salzburger Immobilienmarkt trägt“ (I3).

Oftmals wird dabei bestehendes familiäres Immobilienvermögen, welches durch die Preisentwicklung stark im Wert gestiegen ist, weitergegeben und zur Finanzierung des Wohnungserwerbs verkauft. Die Abhängigkeit von familiärem ‚Fremdkapital‘ bringt aber auch eine langsamere Entscheidungsfähigkeit bei Kaufentscheidungen, was bei bestehendem Nachfrageüberhang einen Nachteil gegenüber flexibleren Anlegerinnen und Anlegern darstellt.

Private Anlegerinnen und Anleger verfügen in der Regel mit 20-30 % des Kaufpreises über eine bessere Eigenkapitalquote als Personen, die zur Eigennutzung erwerben (I8, I9, I10, I11, I13). Dies liegt daran, dass Anlegerinnen und Anleger im Gegensatz zu Eigennutzerinnen und Eigennutzern Größe und Qualität und damit Preis der Wohnung nach dem verfügbaren Eigenkapital und den generellen Finanzierungsmöglichkeiten in Abhängigkeit der erwartbaren Mieteinnahmen auswählen können. Für Eigennutzerinnen und Eigennutzer sind die Finanzierungseinschränkungen relevanter – geht es um den Erwerb des eigenen Wohnsitzes. Anleger nehmen Fremdkapital mit deutlich kürzeren Laufzeiten (rund 20 Jahre) als Eigennutzer (30-35 Jahre) auf, sodass die Mieteinnahmen mindestens die Annuitäten decken (I13). Im Luxusbereich wird zum Teil auch rein mit Eigenkapital finanziert bzw. nur aus steuerlichen Erwägungen fremdfinanziert. So können günstige variable Finanzierungen attraktiver sein als das Investieren des gesamten verfügbaren Eigenkapitals (I3, I5).

„Die großen Anleger haben ja das Kapital. Am Salzburger Markt ist […] ausreichend Geld vorhanden[.] [D]a ist es eher ein steuerliches Thema, […] [f]inanziert er es überhaupt, und wenn ja, zu welchem Prozentsatz[.]“ (I5). Auch für Anlegerinnen und Anleger ist die Weitergabe von Familieneigentum, häufig in Form von Immobilien, eine tragende Säule der Finanzierung.

5.5  Auswirkungen der Nachfrage für Privatanlagen

Die starke Nachfrage nach Wohnraum als Kapitalanlage für Privatpersonen führt neben dem deutlichen Preisanstieg für Wohnraum und Grundstücke zu einer Anpassung des produzierten Wohnraums, zu geänderten Akteurstrukturen am Wohnungsmarkt, einer kontinuierlichen Verdrängung der Eigennutzerinnen und Eigennutzer (vgl. Aigner 2020), einem Rückgang der Mietrendite sowie zu einer Überhitzung des regionalen Wohnungsmarktes (vgl. Van-Hametner/Zeller 2018).

Seit der globalen Finanzkrise und dem verstärkten Auftreten von Privatanlegerinnen und Privatanlegern bis 2017 nahm der Eigentumswohnbau in der Stadt Salzburg (+29,5 %) im Verhältnis zum Mietwohnbau (+13,2 %) deutlich stärker zu (Stadt Salzburg 2018: 24–49). Die Dynamik des Eigentumswohnbaus wird vor allem von einem Boom des freifinanzierten Wohnbaus in Salzburg getragen, der in ganz Österreich feststellbar ist (vgl. Bauer 2018). Freifinanzierte Mietwohnungen sind die Ausnahme. Gewerbliche Bauträger und ihr freifinanzierter Wohnbau sind weniger von den stark gestiegenen Grundstückspreisen in ihren Handlungsmöglichkeiten eingeschränkt wie ihre den Mietmarkt dominierenden gemeinnützigen und geförderten Gegenparts. Diese sind aufgrund des Fördersystems eingeschränkter und zudem von der generell langsamen Ausdünnung des gemeinnützigen wohnungswirtschaftlichen Systems in Österreich (Zeller/Van-Hametner/Smigiel et al. 2018: 601–603) betroffen.

Auch die Größe der errichteten Wohnungen passt sich an die spezifische Nachfrage nach Anlage- bzw. Vorsorgewohnungen an. Der Wohnungsbau durch private Bauträger war bis 2010 stark von sehr großen Wohnungen (90m2 und mehr) geprägt. Diese in den Experteninterviews als „Penthouseblase“ bezeichnete Entwicklung nahm 2011 abrupt ein Ende (I3, I13). Mit dem Einsetzen der Nachfrage von Privatanlegerinnen und Privatanlegern setzen die privaten Bauträgerunternehmen planungsbedingt zeitversetzt stärker auf kleine bis mittlere Wohnflächen, um damit auf die sinkende Leistbarkeit der Eigennutzung und auf die Anforderungen von Anlegern zu reagieren (I13). Beide Gruppen fragen verstärkt kleinere Wohnungen nach – Eigennutzerinnen und Eigennutzer, weil größere Wohnungen zunehmend nicht mehr finanzierbar sind, Anlegerinnen und Anleger suchen kleine Wohnungen in zentralen Stadtteilen, vorzugsweise Neubauten oder generalsaniert, weil diese leichter finanziert und aufgrund der hohen Nachfrage besser vermietet werden können und so kontinuierlichere Mieteinnahmen garantieren (I5, I9). Hier treten sie deutlich in Konkurrenz zu jenen Salzburger Haushalten, die den Wunsch nach Wohnungseigentum zur Deckung des eigenen Wohnbedarfs haben. Größere Wohnungen werden fast ausschließlich von Eigennutzerinnen und Eigennutzern erworben. Finanzschwächere oder renditefokussiertere Investoren weichen auf den Sekundärmarkt aus (I3, I10).

Durch die Zunahme privater Anlegerinnen und Anleger ändert sich auch die Konstellation am Mietmarkt. Salzburg war schon bislang schwach von sozial gebundenem Wohnraum durch gemeinnützige und kommunale Wohnbauträger geprägt und gekennzeichnet von Eigentum und Privatvermietung. Die stärkere Dynamik im Eigentumswohnbau und die Nachfrage durch veranlagende Privatinvestorinnen und -investoren führte dazu, dass der Wohnungsmarkt noch stärker durch Privatvermietung geprägt wird. Denn in der Regel geht der private Anlagekauf mit einer Vermietungsabsicht einher. Im Besonderen private Anlagekäuferinnen und Anlagekäufer, die mit Renditeorientierung und geringerer Kapitalausstattung Wohnungen zur Vorsorge und als Sicherheit erwerben wurden, haben eine Vermietungsnotwendigkeit aus Finanzierungserwägungen (I2, I4, I6, I8, I9). Favorisiert werden zudem konventionelle langfristige Vermietungen statt Kurzzeitvermietungen über AirBnB, welche in Salzburg vorwiegend von professionellen Akteuren getragen werden (vgl. Smigiel/Hof/Kautzschmann et al. 2020).

Die zusätzliche Nachfrage nach Wohnraum zur Anlage erzeugt einen Nachfrageüberhang (I3, I5). Diese Schieflage von Angebot und Nachfrage führte gemeinsam mit den bestehenden Preissteigerungen von Grundstücken und Baukosten in den letzten Jahren zu hohen Preisen für Eigentumswohnungen in Salzburg. Im Jahr 2007 kostete eine durchschnittliche Bestandswohnung (80m2) 4,9 durchschnittliche Jahreseinkommen (brutto), zehn Jahre später bereits 8,4 durchschnittliche Jahreseinkommen (brutto). Für Neubauwohnungen stieg der Wert im selben Zeitraum von 8,8 auf 12,3 durchschnittliche Jahreseinkommen (brutto). Die Leistbarkeit von gebrauchten wie neu errichteten Wohnungen hat sich somit für immer mehr Personen reduziert. „Wir haben ja mittlerweile ein Preisniveau, dass auch der so genannte Mittelstand, der ja doch eine der Säulen unserer Gesellschaft ist, sich schwertut, Eigentum zu finanzieren“ (I5).

Eigennutzerinnen und Eigennutzer sind gezwungen, sich mit höheren Wohnkosten zu belasten, kleinere Wohnungen zu kaufen, weit ins Umland zu ziehen oder in Miete zu verbleiben (Statistik Austria 2019).15 Deshalb sinkt die Nachfrage zum Erwerb für Eigennutzung sukzessive. Im Gegensatz dazu können Anlegerinnen und Anleger friktionsfreier die Struktur der Nachfrage nach dem aktuellen Stand ihrer finanziellen Möglichkeiten ausrichten. Dies führt zu einem allmählichen Verdrängungsprozess am Eigentumsmarkt. „Weil die Endkunden, die sich eine Wohnung leisten können, immer weniger werden. Wir verkaufen deswegen nicht weniger, aber es verschiebt sich halt mehr in Richtung Anleger und weniger Eigennutzer“ (I8). Dieser Prozess führt zu einem Rückgang der Eigentumsquote16 und zu gesellschaftlichen Konfliktlinien zwischen Mehrfachbesitz, Alteigentum (was eine enorme Wertsteigerungsrendite erhielt) sowie Mieterinnen und Mietern mit langfristigen Mietverträgen einerseits und neu Wohnungssuchenden andererseits.

Eigentumspreise stiegen durch diesen Nachfrageüberhang in Salzburg deutlich stärker von 2007 bis 2017 als Mieten (Van-Hametner/Lang 2019). Der Price-to-rent-Indikator, der sich über deren Verhältnis bestimmt, zeigt damit den stark angestiegenen relativen Preis von Wohneigentum. Kostete eine Neubauwohnung 2007 durchschnittlich 28,6 Jahresnettomieten, stieg der Betrag auf 41,2 im Jahr 2017. Am Bestandsmarkt erhöhte sich dieser Wert sogar von 16 auf 28,2 Jahresnettomieten (vgl. Abbildung 2). Aus Investorensicht bedeutet die Divergenz von Kauf- und Mietpreisen einen theoretischen Renditerückgang, der sich laut den befragten Expertinnen und Experten auch real manifestiert (I3, I4, I8, I13). Vor dem Nachfrageboom privater Investorinnen und Investoren lagen die Nettomietrenditen in Salzburg bei etwa 4 %. Heute sind sie deutlich niedriger und liegen bei 2 bis 2,5 %. Bei teuren Immobilien sind sie sogar teilweise noch geringer und nur bei gebrauchten Wohnungen sind höhere Mietrenditen möglich (I2, I4, I13).
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Abbildung 2 Verhältnis von Jahresnettomietzins (freier Markt) zu Eigentumspreisen in Salzburg (price-to-rent ratio)
Quelle: Eigene Darstellung auf Basis der Immobilienpreisspiegel 2002 bis 2019 der WKO Immobilien- und Vermögenstreuhänder sowie Hölzl & Hubner (2019)

Prinzipiell dient das Verhältnis von Mieten und Kaufpreisen (Mietrendite) als Parameter für die Nachfrage nach Immobilien zur Kapitalanlage. Doch trotz sinkender Rendite besteht starke Nachfrage durch Anlegerinnen und Anleger am Salzburger Wohnimmobilienmarkt. „Und dieses Auseinandergehen von Miete zu Kaufpreisen ist offensichtlich etwas, was Investoren akzeptieren, indem sie niedrigere Bruttoanfangsrenditen in Kauf nehmen und trotzdem problemlos kaufen“ (I4).

Theoretisch müsste die Nachfrage zur Eigennutzung sowie zur Anlage aufgrund gesunkener Leistbarkeit bzw. abnehmender Rendite zurückgehen. Vor allem Eigennutzerinnen und Eigennutzer müssten, der Annahme folgend, dass Miet- und Eigentumsmarkt zu einem Gleichgewicht finden (vgl. Francke/Rehkugler 2012: 161–198; Van-Hametner/Zeller 2018: 61–63), wieder verstärkt Mietwohnungen nachfragen. Doch trotz der enormen Preissteigerungen bleibt die Nachfrage nach Eigentum – vor allem durch private Anlegerinnen und Anleger aus der Region – hoch (I6). Zurückzuführen ist dies darauf, dass sie vorwiegend aus Sicherheitsaspekten und weniger von Renditeerwartungen getrieben investieren und in ihrer Einschätzung der Standort Salzburg aufgrund des dauerhaften Nachfrageüberhangs als stabil und sicher gilt (I2, I3, I4, I8, I9, I10). Die allgemeinen Argumente für Betongold (Inflationsschutz, Wertsicherung) manifestieren sich in Salzburg somit im Besonderen. Deshalb kommt es durch die Nachfrage durch private Anlegerinnen und Anleger zwar zu einer Überhitzung des Marktes samt Überbewertung der Wohnimmobilien (vor allem die Entwicklung am Sekundärmarkt zeigt, dass die Preisentwicklung von Inputfaktoren wie Baugrund- und Baukosten losgelöst ist), plötzliche spekulationsgetriebene Verkäufe sind aber nicht zu erwarten (I4, I11).


6  Fazit

Am Beispiel der Stadt Salzburg mit ihrem boomenden Markt für Wohnimmobilien und ihren hohen Wohnkosten zeigt dieser Beitrag, in welcher Intensität und konkreten Form sich die Verbindung von Wohnungs- und Finanzmarkt abseits der Metropolebene manifestiert und welche Rolle dabei Privatpersonen als Immobilieninvestorinnen und -investoren einnehmen. Damit füllen die Erkenntnisse die aufgezeigte Forschungslücke mit ihren drei Ebenen und beantworten die eingangs gestellten Forschungsfragen.

Wie drücken sich Finanzanlagen am Wohnungsmarkt nun konkret in Salzburg aus und welche Rolle spielen dabei Privatpersonen (Forschungsfrage 1 und 2)? Bis zu einem Drittel aller Wohnungen wird in Salzburg nicht als Wohnsitz, sondern als Kapitalanlage erworben. Im Unterschied zu vielen Metropolmärkten spielen institutionelle Käufer dabei keine Rolle (vgl. zu ähnlichen Prozessen in Großbritannien Ronald/Kadi 2018), denn als Immobilieninvestorinnen und -investoren treten überwiegend Privatpersonen aus der Region in Erscheinung.

Bei diesen privaten Immobilieninvestorinnen und -investoren handelt es sich um einen neueren Investortypus, der in diesem Ausmaß erst seit der Finanzkrise und der darauffolgenden Gemengelage aus niedrigen Zinsen, hoher Unsicherheit und dem Mangel an Anlagealternativen auftritt. Vorherrschende Motivation ihrer Immobilieninvestments ist weniger Spekulation und die Erwartung von Wertsteigerung, sondern private und familiäre Vorsorge (vgl. Heeg 2013) und vor allem der Wunsch nach Wertsicherung. Deshalb vermieten die Investorinnen und Investoren diese Wohnungen auch in der überwiegenden Mehrheit.

Die dritte Forschungsfrage nach den Auswirkungen verstärkter Finanzanlagen am Wohnungsmarkt durch Privatpersonen und den Strategien der Marktakteurinnen und Marktakteure im Umgang damit kann folgendermaßen beantwortet werden: Obwohl der Salzburger Wohnungsmarkt vorwiegend regionales Kapital absorbiert, führt dessen Nachfrage nach Wohnraum zur Anlage neben dem starken Preisanstieg zu weiteren langfristigen Änderungen. Die Struktur der errichteten Wohnungen richtet sich auf die Anlagenachfrage aus, die Zunahme privater Vermieterinnen und Vermieter ändert die Wohnungsmarktstruktur, die steigenden Immobilienpreise drängen Eigennutzerinnen und Eigennutzer in höhere Fremdfinanzierungen bzw. in den Kauf kleinerer Wohnungen und verdrängen diese sukzessive aus dem Eigentums- in den Mietmarkt. Außerdem führen die Preissteigerungen zu einem Rückgang der Mietrendite und die Nachfrage durch Anlegerinnen und Anleger zu einer Marktüberhitzung.

Erkenntnisse erster Analysen (Raiffeisen Research 2020) lassen vermuten, dass Wohnraum auch nach der COVID-19-bedingten Gesundheits- und Wirtschaftskrise nicht nur in Salzburg weiterhin stark als Krisenanlage nachgefragt wird, da sie bestehende Unsicherheiten verstärkt und die Niedrigzinspolitik sich verstetigt. Die aktuelle Zinspolitik führt zwar dazu, dass Staaten und Märkte stabilisiert werden. Die Entwicklungen am Immobilienmarkt samt stark steigenden Wohnkosten sind aber ein deutlicher Kollateralschaden. Eigennutzerinnen und -nutzer werden sich zwar bemühen, ihre Nachfrage aufgrund ihrer Erfahrungen in der Pandemie (Homeoffice, Wunsch nach Grün) anzupassen, aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Situation mit Arbeitslosigkeit oder Kurzarbeit in Kombination mit weiterhin steigenden Wohnungspreisen werden sie am Eigentumsmarkt aber noch stärker von Anlegerinnen und Anlegern verdrängt werden. Die vorliegenden Ergebnisse lassen den Schluss zu, dass Privatpersonen als Immobilieninvestorinnen und -investoren im Besonderen auf den Wohnungsmärkten von Städten abseits der Metropolen deshalb in den nächsten Jahren noch deutlich an Bedeutung zunehmen werden.

Die Erkenntnisse dieser sich in Maßstab sowie Akteur- und Prozessorientierung abhebenden Untersuchung zeichnet zudem ein differenziertes Bild der Finanzialisierung von Wohnungsmärkten: ein Bild, in dem breite Teile der Gesellschaft durch eigene Veranlagungsprozesse aktiv die Verbindung von Finanz- und Immobilienmarkt vorantreiben. Mit Anlagewohnungen werden dafür am Wohnungsmarkt Anlagemöglichkeiten geschaffen, welche – zumindest in dieser Dimension und Ausprägung – zuvor nicht bestanden (Heeg 2013: 81). Die Finanzanlage Wohnraum ist somit nicht mehr nur ‚anonymen‘ institutionellen Investoren vorbehalten, sondern ist zu einer Anlageform von Vielen geworden. Zwar investieren diese neuen Akteure zumeist nicht motiviert von kurzfristiger Profitmaximierung und Renditesteigerung (im Sinne einer „Finanzialisierung 1.0“), aber ihre Motivlage ist durchaus finanzieller Natur. Gewiss sind private Investitionen in den Immobilienmarkt eine Grunddeterminante kapitalistisch orientierter Wohnungsmärkte, doch Anlegerinnen und Anleger kaufen Anlagewohnungen heute nicht, weil sie Vermieter werden wollen, sondern weil die Anlagewohnung eine Möglichkeit der sicheren Finanzanlage im Sinne einer „Finanzialisierung 2.0“ bietet (vgl. Wijburg/Aalbers/Heeg 2018). Mit der Nachfrage nach Anlagewohnungen dominieren private Anlegerinnen und Anleger sukzessive die Nachfrage am Wohnungsmarkt, beeinflussen die Strukturen der realen Wohnungswirtschaft und beschleunigen dadurch urbane Wohnkrisen.

Danksagung  
Ich danke Robert Musil, Christian Smigiel und Christian Zeller für konstruktive Kritik früherer Versionen meines Beitrags sowie den anonymen Gutachterinnen und Gutachtern für wichtige Hinweise zur Verbesserung des Manuskriptes.
Förderhinweis  
Der vorliegende Beitrag basiert auf den Ergebnissen des Forschungsprojekts „IMMOBOOM: (Verträglicher) Höhenflug am Immobilienmarkt?“, welches durch das Land Salzburg gefördert wurde. Der Endbericht (Van-Hametner/Lang 2019) zum Projekt ist öffentlich publiziert.


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3https://www.immoservice-austria.com/ (17.08.2021).
4Um zu sehen, ob einer der Akteure ausländischer Staatsbürger ist.
5NACE: Statistische Systematik der Wirtschaftszweige in der Europäischen Gemeinschaft – Nomenclature statistique des activités économiques dans la Communauté européenne.
6http://statistik.gv.at/web_de/statistiken/wirtschaft/volkswirtschaftliche_gesamtrechnungen/regionale_gesamtrechnungen/nuts3-regionales_bip_und_hauptaggregate/019126.html (17.08.2021).
7Vgl. https://www.remax.at/de/presse/immospiegel (17.08.2021); http://www.ovi.at/fileadmin/user_upload/Pressetexte/Presseunterlagen_Markt_2016_2017.pdf (17.08.2021).
8Vgl. die Immobilienpreisspiegel 2002 bis 2019 der WKO Immobilien- und Vermögenstreuhänder.
9Vgl. die Immobilienmarktberichte 2011-2018 des Österreichischen Verbandes der Immobilienwirtschaft.
10http://www.ovi.at/fileadmin/user_upload/Pressetexte/Presseunterlagen_Markt_2016_2017.pdf (17.08.2021).
11https://www.hudej.com/sites/default/files/useruploads/hudej_oesterr_zinshausmarkt_2018_folien_klein.pdf (17.08.2021).
12Vgl. https://www.hudej.com/sites/default/files/useruploads/hudej_oesterr_zinshausmarkt_2018_folien_klein.pdf (17.08.2021).
13https://docplayer.org/17713365-Der-ideale-zeitpunkt-und-die-finanzierung-beim-immobilienkauf.html (18.08.2021).
14Vgl. https://www.sparkasse.at/salzburg/presseaussendungen/2019/01/25/IMAS-Vorsorgestudie (18.08.2021).
15http://www.statistik.at/web_de/statistiken/menschen_und_gesellschaft/wohnen/wohnsituation/081235.html (18.08.2021).
16https://www.statistik.at/web_de/statistiken/menschen_und_gesellschaft/wohnen/wohnsituation/079260.html (18.08.2021).