Aufgabenteilung in der regionalen Wirtschaftsförderung Überlegungen zur Reform der Regionalpolitik Authors Kurt Fleckenstein DOI: https://doi.org/10.14512/rur.2644 Abstract Seit Mitte 1984 denken Wissenschaftler, die zuständigen Ressorts in Bund und Ländern sowie politische Gremien verstärkt darüber nach, ob und wie das in der Bundesrepublik bestehende System der Regionalförderung reformiert werden kann. Dieser Denk- und Diskussionsprozeß soll 1985/86 mit Entscheidungen abgeschlossen werden.In dem nachstehenden Beitrag werden die vorliegenden regionalpolitischen Änderungsvorschläge kritisch bewertet und – unter Berücksichtigung der von der EG betriebenen Regional- und Wettbewerbspolitik – eigene Reformvorstellungen dargestellt. Downloads Download data is not yet available. References Vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der CDU/CSU und FDP „Wirtschaftliche Bedeutung und Entwicklung strukturschwacher Regionen“ – vom 13. 12. 84; Vorbemerkungen, Bundestag-Drucksache (BT-Drs.) 10/2629. Vgl. im einzelnen „Raumordnungsbericht 1982“ der Bundesregierung vom 22. 6. 1983, BT-Drs. 10/210. Zur Kennzeichnung und Typologisierung nach „Problemverwandtschaften“ vgl. im einzelnen Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der CDU/CSU und FDP „Wirtschaftliche Bedeutung und Entwicklung strukturschwacher Regionen“ BT-Drs. 10/2629, Seite 7; Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung/Deutscher Landkreistag (Hrsg.), „Ziele und Wege zur Entwicklung dünnbesiedelter ländlicher Regionen“, Diskussionspapier, Bonn 1983, Kap. 1. Unterschiedliche Arbeitslosenquoten sind selbstverständlich nur ein, wenn auch wichtiges Kriterium zur Bestimmung regionaler Wirtschaftskraft – und Wohlstandsunterschiede. Die in der regionalpolitischen Praxis der Bundesrepublik verwendeten, allerdings statistisch veralteten und auch methodisch korrekturbedürftigen Einkommens- und Infrastrukturindikatoren gehören als ergänzende Bestimmungsfaktoren dazu. Auch qualitative Aspekte, die den Wandel von Wert- und Zielvorstellungen widerspiegeln, müßten berücksichtigt werden, etwa die unterschiedliche räumliche Verteilung der „Schattenwirtschaft“ und die „Umwelt“, und zwar in ihrer Eigenschaft als Produktionsfaktor und Konsumgut. Vgl. Ruhr-Forschungsinstitut für Innovations- und Strukturpolitik e. V. (RUFIS): „Regionale Arbeitsmarktanalyse für die Bundesrepublik Deutschland, 1983“. – Bochumg 1984. Vgl. Lamberts, Willi: „Nord versus Süd: Ist die Produktionsstruktur Nordrhein-Westfalens veraltet?“, Mitteilungen des Rheinisch-Westfälischen Instituts für Wirtschaftsforschung, Jahrgang 35 (1984), S. 175–193. „Wirtschaftliche Bedeutung und Entwicklung strukturschwacher Regionen“, BT-Drs. 10/2629 vom 13. 12. 84. “Sicherung vorhandener und Schaffung neuer Arbeitsplätze durch eine aktive Industriepolitik, BT-Drs. 10/2630 vom 13. 12. 84. Vgl. “Mehr Hilfe zur Selbsthilfe“, Stellungnahme der norddeutschen Industrie- und Handelskammer zum Strukturwandel und Handlungsbedarf in den vier Küstenländern, November 1984; “Neue Wirtschaftspolitik für das Ruhrgebiet“, Diskussionsunterlage für die Gemeinsame Vollversammlung der Industrie- und Handelskammern des Ruhrgebiets am 22. 1. 1985 in Dortmund. Vgl. die verschiedenen Verordnungsvorschläge des Rats zur Einführung spezifischer Gemeinschaftsmaßnahmen der EG in Gebieten, die von der Umstrukturierung der Schiffbauindustrie, der Textil- und Bekleidungsindustrie und der Fischereiindustrie besonders betroffen sind; Bundesrat-Drucksache 40/85 vom 21. 1. 85. Vgl. Verordnung (EWG) Nr. 1787/84 des Rates vom 19. 6. 84 betreffend den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. L 169/1 vom 28. 6. 84. Vgl. Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. C 340/3 vom 20. 12. 84; Nr. L 7/28 vom 9. 1. 1985. Unter Berücksichtigung der verschiedenen regionalwirksamen Maßnahmen dürfte die Regionalförderung heute schätzungsweise 60 v. H. der Fläche des Bundesgebietes mit einem Bevölkerungsanteil von ca. 50. v. H. umfassen. Er belief sich 1982 – in Gestalt von Investitionszulagen, Investitionszuschüssen, Zinszuschüssen usw. – auf schätzungsweise 9,6 Mrd. DM, davon 3,603 Mrd. DM für Berlin und 919 Mio. DM für die Gemeinschaftsaufgabe “Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“. Der Länderanteil lag bei ca. 5,4 Mrd. DM. In den Flächenländern Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen überstiegen dabei die zusätzlichen ländereigenen Mittel zur Beeinflussung der Regionalstruktur deutlich die im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe bereitgestellten Mittel. Die Kommunen gaben ca. 150 Mio. DM aus, während die EG etwa 180 Mio. DM zur Refinanzierung der Gemeinschaftsaufgabe aufbrachte. Quelle: 9. Subventionsbericht der Bundesregierung, BT-Drs. 10/253 und eigene Berechnungen. Von den angestrebten 37 600 neuen Arbeitsplätzen wurden bis 30. 6. 84 erst 5 100 geschaffen. Vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der SPD “Sicherung vorhandener und Schaffung neuer Arbeitsplätze durch eine aktive Industriepolitik” com 13. 12. 84, BT-Drs. 10/2630, S. 13. Vgl. etwa Clemens, Reinhard / Tengler, Hermann: “Standortprobleme von Industrieunternehmen in Ballungsräumen.” Eine empirische Untersuchung im IHK-Bezirk Dortmund unter besonderer Berücksichtigung der Unternehmensgröße (= Beiträge zur Mittelstandsforschung, Heft 93), Göttingen 1983. Demgegenüber plädiert der Sachverständigenrat in seinem Jahresgutachten 1984/85 für eine wieder stärker wachstumspolitisch orientierte Regionalpolitik. Nach seiner Auffassung wurde die Förderung von Regionen in der Vergangenheit zunehmend mit dem Ausgleichsziel gerechtfertigt. Vgl. “Jahresgutachten 1984/85 des Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung” vom 30.11. 84, BT-Drs. 10/2541, S. 200. Vgl. BMWi-Tagesnachrichten vom 30. 10. 84, Nr. 8644; Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der CDU/CSU und FDP “Wirtschaftliche Bedeutung und Entwicklung strukturschwacher Regionen” vom 13. 12. 84, BT-Drs. 10/2629, Eingangsbemerkungen, Frage 22 Seite 19f; Jahres wirtschaftsbericht 1985 der Bundesregierung vom 30. 1. 85, BT-Drs. 10/2817, S. 26. Vgl. Vierzehnter Rahmenplan der Gemeinschaftsaufgabe – “Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur” für den Zeitraum 1985–1988 (1989) BT-Drs. 10/3562 vom 25. 6. 1985. Vgl. Olbrich, Josef: “Regionale Strukturpolitik mit Büroarbeitsplätzen? Das Standortverhalten von Hauptverwaltungen der Industrie” In: “Raumforschung und Raumordnung“, Heft 4/5, 1984. Vgl. Bundesministerium für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Hrsg.): “Standortproblematik bei neugegründeten und verlagerten Behörden.“ – Bonn 1983. Vgl. Der Bundesminister für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau (Hrsg.): “Erfassung regionaler Innovationsdefizite“. Schriftenreihe 06 ”Raumordnung“, Heft Nr. 06.054, Bonn 1984. Vgl. Der Bundesminister für Verkehr (Hrsg.): “Verkehrsbericht“. – Bonn, Dezember 1984, S. 10 ff. Vgl. z. B. Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der CDU/CSU und der FDP, “Lage der Städte, Gemeinden und Kreise” vom 25. 4. 84, BT-Drs. 10/1506, S. 45. Vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Große Anfrage der CDU/CSU und der FDP “Wirtschaftliche Bedeutung und Entwicklung strukturschwacher Regionen” vom 13.12.84, BT-Drs. 10/2629, Frage 28, S. 22. Auch der Sachverständigenrat plädiert in seinem Jahresgutachten 1984/85 für eine “Regionalisierung der Regionalpolitik“, d. h. eine Verlagerung von Kompetenzen auf die Regionen. Erwartet wird mit dieser revidierten Aufgabenverteilung zwischen den Gebietskörperschaften eine problemgerechtere Politikgestaltung mit der Folge, daß im interregionalen Wettbewerb – ohne zusätzliche öffentliche Mittel – regionale Wachstumskräfte in Ballungsgebieten und ländlichen Räumen freigesetzt werden. Vgl. Jahresgutachten des Sachverständigenrates 1984/85. Die Bundesregierung stimmt dem Sachverständigenrat zu, “daß es hauptsächlich Aufgabe der betroffenen Regionen selbst ist, den notwendigen Wandel zu bewältigen“. Sie befürwortet auch Überlegungen, die Förderung verstärkt an den vorhandenen ökonomischen Kräften in den strukturschwachen Regionen anzusetzen. Kompetente Verlagerungen auf Regionen werden dagegen abgelehnt. Nach Auffassung der Bundesregierung hat sich ”die im Grundgesetz verankerte Verteilung der regionalpolitischen Kompetenzen auf die einzelnen bundesstaatlichen Ebenen alles in allem bewährt. Sie sollte deshalb beibehalten werden“. Vgl. Jahreswirtschaftsbericht 1985 der Bundesregierung, BT-Drs. 10/2817 vom 30. 1. 85, Ziffer 66. Vgl. außerdem die auf eine regionalisierte Raumordnungspolitik ausgerichteten Beiträge: Empfehlung des Beirats für Raumordnung, “Selbstverantwortete regionale Entwicklung im Rahmen der Raumordnung” vom 18. 3. 83, Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung (Hrsg.): “Endogene Entwicklungsstrategien?“, Informationen zur Raumentwicklung Heft 1/2, 1984. Vgl. Spehl, Harald; Hambach, Klaus; Bach, Walter und Brosi, Walter: “Regionale Wirtschaftspolitik und regionale Entwicklungsplanung in strukturschwachen Regionen.“ Schriftenreihe der Gesellschaft für Regionale Strukturentwicklung eV., Band 4. – Bonn, 1981. Vgl. Mitteilung der Kommission über regionale Beihilferegelungen. In: Amtsblatt der EG C 31 vom 3. 2. 79. Vgl. Mitteilung der Kommission über die Kumulierung von Beihilfen unterschiedlicher Zielsetzung, Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften Nr. C 3/2 vom 5. 1. 85. Vgl. dazu die Auffassung des Sachverständigenrats in seinem Jahresgutachten 1984/85, Ziffern 417 und 420. Der Sachverständigenrat schlägt in diesem Zusammenhang u. a. die Einführung einer kommunalen Wertschöpfungssteuer vor. Zu den unterschiedlichen Vorstellungen der Länder über die Fortentwicklung des Finanzausgleichssystems vgl. im einzelnen: “Bericht der Bundesregierung über die Angemessenheit der mit dem Haushaltsbegleitjahr 1983 getroffenen Regelung zum horizontalen Länderfinanzausgleich und zur Verteilung der Bundesergänzungszuweisungen: BT-Drs. 10/2298 vom 9. 11. 84. Nach § 11 a des Finanzausgleichsgesetzes wurden ab 1974 die Ergänzungszuweisungen auf jährlich 1,4 v. H. des Umsatzsteueraufkommens festgelegt. Durch Art. 6 des Haushaltsbegleitjahres 1983 vom 20. 12. 82 wurden die Bundesergänzungszuweisungen ab 1983 neu geregelt. Danach werden die Ergänzungszuweisungen für den Zeitraum bis 1985 in bisheriger Höhe von 1,5 v. H. (d. h. mit Dynamisierung) zwar weitergewährt, die Verteilung wurde jedoch ab 1983 zugunsten des Saarlandes und ab 1984 auch zugunsten von Schleswig-Holstein geändert, und zwar zu Lasten der bisherigen Anteile der Länder Niedersachsen, Bayern und Rheinland-Pfalz. Auch die Bundesregierung betrachtet in besonders schwerwiegenden Fällen diese regionalpolitische Flankierung sektoraler Anpassungsprozesse als notwendigen Teil einer offensiven Strategie. Vgl. Jahreswirtschaftsbericht 1985 der Bundesregierung, BT-Drs. 10/2817 v. 30. 1. 85, Ziffer 66. Downloads PDF (German) XML (German) Published 1985-07-31 Issue Vol. 43 No. 4 (1985) Section Research Article License Copyright (c) 1985 by the RuR Editors; re-published by oekom 2023 This work is licensed under a Creative Commons Attribution 4.0 International License. Articles in Raumforschung und Raumordnung – Spatial Research and Planning are published under a Creative Commons license. From Vol. 79 No. 2 (2021), the license applied is CC BY 4.0. From Vol. 77 No. 1 to Vol. 79 No.1, articles were published under a CC BY-SA license. Earlier volumes have been re-published by oekom 2022 under the Creative Commons Attribution 4.0 International License CC BY 4.0. How to Cite 1.Fleckenstein K. Aufgabenteilung in der regionalen Wirtschaftsförderung: Überlegungen zur Reform der Regionalpolitik. RuR [Internet]. 1985 Jul. 31 [cited 2025 Jul. 19];43(4):173-80. Available from: https://rur.oekom.de/index.php/rur/article/view/2644 More Citation Formats ACM ACS APA ABNT Chicago Harvard IEEE MLA Turabian Vancouver Download Citation Endnote/Zotero/Mendeley (RIS) BibTeX Share
A new Issue has been published June 30, 2025 A new issue of the Open-Access-Journal "Raumforschung und Raumordnung | Spatial Research and Planning" has been published. Volume 83 No. 3 (2025) is now available on our website.
A new Issue has been published April 30, 2025 A new issue of the Open-Access-Journal "Raumforschung und Raumordnung | Spatial Research and Planning" has been published. Volume 83 No. 2 (2025) is now available on our website.
Acknowledgement to our reviewers 2024 March 6, 2025 The editors would like to thank all reviewers who have been reviewing articles in 2024.