Zur Frage der Ermittlung kardinal skalierter regionalwirtschaftlicher Beschäftigungseffekte von Fernstraßeninvestitionen im Rahmen eines standardisierten Bewertungsverfahrens

Anmerkungen zur NR2-Komponente in der Bundesverkehrswegeplanung

Authors

  • Gerd Aberle

DOI:

https://doi.org/10.14512/rur.2678

Abstract

Neben der Erfassung und Bewertung von Umwelteffekten ergeben sich die größten Schwierigkeiten der Verkehrswegeplanung bei der Evaluierung der regionalwirtschaftlichen Wirkungen von Straßenbauprojekten. Eine umfängliche Zahl von ex post-Analysen hat zu keinem eindeutigen Ergebnis geführt. Die Bundesverkehrswegeplanung in der Bundesrepublik Deutschland benutzt zur Erfassung dieser regionalwirtschaftlichen Wirkungen ein standardisiertes Bewertungskonzept, das zu kardinal skalierten Ergebnissen führt. Im Sinne einer Vereinfachung und Angleichung der Bewertungsprinzipien erscheint ein solches standardisierte kardinales Bewertungsverfahren durchaus plausibel. Dennoch sind erhebliche Bedenken angebracht, da in dieses standardisierte Bewertungskonzept Hypothesen eingehen, die aufgrund von Analysen gewonnen wurden, die Anfang der 70er Jahre erstellt wurden. Die fundamentalen Veränderungen in den gesamtwirtschaftlichen Rahmendaten lassen jedoch eine Übertragung dieser raum-zeit-gebundenen Erfahrungen in die Zukunft nicht zu. Rückstands- und Erheblichkeitsindikatoren sind nicht geeignet, zukunftsbezogene Informationen über die regionalwirtschaftlichen Wirkungen von Straßeninvestitionen zu geben. Vielmehr sind für die konkreten Einzelvorhaben systematische raumwirtschaftliche Fallstudien durchzuführen, welche der Frage nachgehen, ob die Quantität und die Qualität der Verkehrsinfrastrukturausstattung für die Betrachtungsregion einen Engpaß für die zukünftige Ausschöpfung des regionalen Entwicklungspotentials darstellt. Die Beantwortung dieser Frage setzt voraus, daß prognostische Aussagen über das regionale Entwicklungspotential, das Standortwahlverhalten von Unternehmen und die sektorstrukturspezifischen Veränderungen formuliert werden können.

Ein statistisch feststellbares quantitatives Defizit an Verkehrswegen in einer Region im Vergleich zu anderen Teilräumen (gemessen durch einen Erheblichkeitsindikator) oder ein vergleichsweise hoher Anteil an struktureller Arbeitslosigkeit (gemessen durch einen Rückstandsindikator) erlauben es nicht, eine Wirkungskette dergestalt anzunehmen, daß durch Verkehrsbauten Beschäftigungs- und Wertschöpfungseffekte in einem raumpolitisch erwünschten Umfange auch tatsächlich eintreten. Die Komplexität der Beziehungen zwischen Verkehrsinfrastrukturinvestitionen und der Regionalentwicklung in Volkswirtschaften mit bestehender Grundausstattung stellt vielmehr solche sehr einfachen Hypothesen in Frage, ohne daß jedoch generell vom Fehlen einer solchen Beziehung ausgegangen werden kann. Bei der Fortschreibung der Bundesverkehrswegeplanung 1983 wird das umstrittene standardisierte Bewertungskonzept aufrechterhalten und nur bei den Bewertungsansätzen geringfügig modifiziert. Der vorliegende Beitrag zeigt auf, in welcher Richtung sich die weiteren Forschungsarbeiten bei dieser Fragestellung bewegen sollten.

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References

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Vgl. etwa die Hinweise bei Kesselring, H.-C. u. a.: Straßennetzausbau und raumwirtschaftliche Entwicklung, a. a. O.

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Vgl. etwa insbesondere Schliebe, K.: Industrieansiedlungen – Das Standortverhalten der Industriebetriebe in den Jahren von 1955 bis 1979, Band 11 der Forschungen zur Raumentwicklung. – Bonn 1982; Der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung: Die Standortwahl der Betriebe in der Bundesrepublik Deutschland und Berlin (West) – Neuerrichtete, verlagerte und stillgelegte Betriebe in den Jahren 1980 und 1981. – Bonn 1982.

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Vgl. Planco-Consulting / Heusch / Boesefeldt: Entwicklung und musterhafte Anwendung eines Modells zur Bewertung von Ersatzinvestitionen in Verkehrswege, Gutachten im Aufträge des Bundesministers für Verkehr. – Essen – Aachen 1984, S. 71 ff.

Bei diesen früheren Arbeiten handelt es sich insbesondere um Frerich, J.: Die regionalen Wachstums- und Struktureffekte von Autobahnen in Industrieländern. – Berlin 1974.

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Herion, E.; Hoehner, W.; Kentner, W.; Lindenlaub, K.-H. und F. Ollik: Wachstums- und Struktureffekte von Autobahnen unter Berücksichtigung von Zielen der Raumplanung – dargestellt am Beispiel der A 31, Köln 1977, unveröffentl. Gutachten; Aberle, G. und J. Knorz; Regionalwirtschaftliche Analyse der Auswirkungen einer leistungsfähigen Straßenverbindung zwischen Freiburg und Donaueschingen („Wirtschaftsgutachten“). – Gießen 1981; Aberle, G. und U. Weber: Regionalwirtschaftliche Effekte einer leistungsfähigen Fernstraßenverbindung Olpe. – Bad Hersfeld. – Gießen 1984; Arbeitsgemeinschaft G. Steierwald / J. Schönharting und G. Aberle unter Mitarbeit von L. Neumann, M. Towara und T. Pischner, Bundesfernstraße Pirmasens – Karlsruhe. Raumstrukturelle Wirkungen. – Stuttgart 1985.

Lutter, H.: Raumwirksamkeit von Fernstraßen, Band 8 der Forschungen zur Raumentwicklung, hrsg. von der Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung. – Bonn 1981.

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Vgl. hierzu Aberle, G.: Verkehrsinfrastrukturpolitik und räumliche Entwicklung – Zur Integration von regionaler Entwicklungsplanung und Verkehrsplanung. In: Determinanten der räumlichen Entwicklung, hrsg. von J. H. Müller, Band 131 NF. der Schriften des Vereins für Socialpolitik. – Berlin 1983, S. 9 ff.

Published

1985-05-31

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1.
Aberle G. Zur Frage der Ermittlung kardinal skalierter regionalwirtschaftlicher Beschäftigungseffekte von Fernstraßeninvestitionen im Rahmen eines standardisierten Bewertungsverfahrens: Anmerkungen zur NR2-Komponente in der Bundesverkehrswegeplanung. RuR [Internet]. 1985 May 31 [cited 2024 Dec. 10];43(3):97-102. Available from: https://rur.oekom.de/index.php/rur/article/view/2678

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