Regionale Entwicklungsimpulse durch produktionsorientierte Dienstleistungen?

Empirische Erkenntnisse zu einer großen Hoffnung

Authors

  • Ulrich Hatzfeld
  • Thomas Schröer

DOI:

https://doi.org/10.14512/rur.2122

Abstract

Der strukturelle Wandel in von Großstrukturen dominierten Wirtschaftssektoren verbindet sich regelmäßig mit Entwicklungsbrüchen. Diese Brüche verursachen gravierende soziale Probleme, führen aber auch politisch häufig zu Legitimationsproblemen. Im Hinblick darauf ist es unmittelbar verständlich, daß Strategien zur „kontinuierlichen“ Bewältigung des Strukturwandels auf allen politischen Ebenen immer größtes Interesse finden; diese Feststellung gilt in verstärktem Maße für sogenannte strukturschwache Regionen.

Eine derartige Strategie besteht in einer intensiven öffentlichen Förderung des Dienstleistungssektors. Ausgangspunkt ist dabei die Beobachtung, daß die Beschäftigung in den Dienstleistungsbranchen signifikant schneller wächst als in den übrigen Wirtschaftsbereichen. Es liegt somit nahe, Beschäftigungseinbrüche in Krisenbranchen – sei es Stahl, Textil oder Kohle – durch eine Nutzung des Beschäftigungspotentials von Dienstleistungsbetrieben ausgleichen zu wollen. Solche Hoffnungen erscheinen auch insofern nachvollziehbar, als Dienstleistungsbetriebe wegen der für sie typischen geringen Kapitalintensität relativ schnell und dynamisch auf Veränderungen von (kommunal gestaltbaren) Standortfaktoren reagieren können.

Diese Hoffnungen gelten in besonderem Maße für den Teilbereich der besonders expansiven, sog. „unternehmensbezogenen“ Dienstleistungen. Neben die positiven Beschäftigungseffekte tritt hier – zumindest bei den hochwertigen Dienstleistungszweigen – ein hohes Qualifizierungsniveau. Darüber hinaus gilt das Vorhandensein dieser Art von Dienstleistungen als Standortfaktor bei der Ansiedlung gewerblicher Betriebe (indirekte Beschäftigungseffekte): Produktionsorientierte Dienste werden so zu Katalysatoren des Strukturwandels.

Zentrale Fragen sind dabei: Gibt es aus Sicht der Stadtplanung und Wirtschaftsförderung Strategien zur gezielten Förderung unternehmensbezogener Dienstleistungen? Mit Hilfe welcher Maßnahmen oder Planungspolitiken können die Rahmenbedingungen für bereits vorhandene oder anzusiedelnde Dienstleister verbessert werden? Grundlage für die Beantwortung dieser Fragen bildet eine breit angelegte, empirisch gestützte Untersuchung im Aachener Raum, die eine gezielte Förderung unternehmensbezogener Dienstleistungen im Rahmen abgestimmter städtebaulicher Konzepte zum Gegenstand hatte (1)..

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References

(1) Dabei handelt es sich um eine anwendungsbezogene Forschungsarbeit, die im Rahmen des Experimentellen Wohnungs- und Städtebaus des Bundesministeriums für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau gefordert wurde. Vgl. Hatzfeld – Junker Stadtforschung/Stadtplanung: Ansiedlung und Entwicklung von zentralen, wirtschaftsrelevanten Dienstleistungen in der Region Aachen. Endbericht. Im Auftrag der Zukunftsinitiative im Aachener Raum (ZAR) e. V. – Dortmund 1993

(2) Vgl. die Literaturanalyse von Schwenker. B.: Auf der Suche nach zukünftigen Forschungsfeldem im Dienstleistungsbereich. Eine Meta-Analyse der neueren Literatur.-Flensburg 1987. Vgl. auch: Ertel, R.: Was sind Dienstleistungen? Definitorische Anmerkungen. In: Petel, E. (Hrsg.): Perspektiven der Dienstleistungen. – Göttingen 1986

(3) Vgl. Kemming, H.: Tertiärisierung – Perspektiven für die Stadt? In: Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung des Landes Nordrhein-Westfalen (ILS) (Hrsg.): Tertiärisierung und Stadtstruktur. – Dortmund 1990, S. 9–11

(4) Vgl. Einem, E. von: Regionale Büroflächenentwicklung. In: Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung (Hrsg.): Gewerbliche Wirtschaft in der Städtebaupolitik. = Informationen zur Raumentwicklung (1988) H. 5/6, S. 307–316

(5) Vgl. z. B. Gruhler, W.: Dienstleistungsbestimmter Strukturwandel in deutschen Industrieunternehmen. – Köln 1990

(6) Dies gilt im besonderen Maße für höherwertige produktionsorientierte Dienstleistungen. Vgl. Ewers, H.-J.: Strukturwandel und Wirtschaftsförderung in alten Industriestädten. In: Boedeker, H. et al.: Neue Arbeitsformen in alten Siedlungsstrukturen. Welche räumliche Konsequenzen erzwingen die neuen Arbeitsmärkte? – Dortmund 1986, S. 38

(7) Vgl. Hatzfeld – Junker Stadtplanung/Stadtforschung: Ansiedlung und Entwicklung..., a. a. O. (Anm. (1))

(8) Vgl. Diller, Ch.: Die Entwicklung “Weicher Standortfaktoren” – ein kommunales Handlungsfeld? Das Beispiel Nürnberg. Diplomarbeit an der Technischen Universität Berlin. – Berlin 1989

(9) Vgl. ebenda

(10) Vgl. Gödde, H.; Bongs, S.: Zukunftsinitiative im Aachener Raum (ZAR) e. V. Perspektiven für eine Region. – Baesweiler o.J., S. 3

(11) Vgl. auch Curdes, G. et al. (Arbeitsgemeinschaft Institut für Städtebau und Landesplanung RWTH Aachen und Helmer, Meyer, Seiler, Aachen): Städtebauliches Entwicklungskonzept zur Erneuerung des Aachener Raums. Pilotstudie im Auftrag der Zukunftsinitiative im Aachener Raum. – Aachen 1988

(12) Gödde, H.; Bongs, S.: Zukunftsinitiative im Aachener Raum (ZAR), a. a. O. (Anm. (10)), S. 3

(13) Vgl. Hatzfeld – Junker Stadtforschung/Stadtplanung: Ansiedlung und Entwicklung..., a. a. O. (Anm. (1))

(14) In der Literatur wird die Region als einziger Ballungsraum Westdeutschlands benannt, in dem sich die Entwicklung produktionsorientierter Dienstleistungen in der Kernstadt positiver als im Umland darstellt. Die Auswertung der Beschäftigtenstatistik für die Jahre 1987 und 1990 weist nach, daß dies spätestens seit 1987 nicht mehr gilt. Gleichwohl liegt der Dienstleistungsbestand in Aachen immer noch deutlich höher.

(15) Insgesamt wurden in einer schriftlichen Befragung über 1 600 Betriebe (Schwerpunkte im Produktionssektor) angeschrieben.

(16) Eine breite Diskussion über die Vor- und Nachteile verschiedener Förderungsstrategien (räumlich dezentrale Förderung versus Schwerpunktbildung) kann an dieser Stelle nicht geführt werden. Für beide Konzeptionen gibt es tragfähige Argumente. So werden für die Schwerpunktbildung vor allem betriebliche Synergieeffekte, für die dezentrale Förderung hingegen in erster Linie eine räumlich ausgeglichene Versorgung mit Dienstleistungen angeführt. Welche Förderung im konkreten Anwendungsfall sinnvoll ist, hängt maßgeblich von den Gegebenheiten des Einzelfalls ab.

(17) Vgl. auch Diller, Ch.: Die Entwicklung “Weicher Standortfaktoren” ..., a. a. O. (Anm. (8))

(18) Eine Strategie, Angebote in diesem Bereich allein auf die vermeintlichen Bedürfnisse anzuwerbender hochqualifizierter Gruppen auszurichten und die Wünsche der ortsansässigen Bevölkerung zu vernachlässigen, dürfte kaum konsensfähig sein.

(19) Flagge, I.: Alptraum Stadteingänge. Wie die Mobilität das Gesicht der Stadt verändert. Ein Plädoyer für die Bändigung des urbanen Wildwuchses. In: Aedes Galerie und Architekturform (Hrsg.): Herbstakademie Lippstadt: Architektur Visionen. – Berlin 1990, S. 9

(20) Aminde, H.-J.: Eingänge in die Stadt. Stadtzufahrten als neue Gestaltungsaufgabe. In: Stadt 33 (1986) Nr. 4, S. 44

(21) Konukiewitz, M.; Krautzberger, M.: Städtebau und Wirtschaft – ein neues Kapitel in einer alten Beziehung? In: Bundesforschungsanstalt für Landeskunde und Raumordnung (Hrsg.): Informationen zur Raumentwicklung (1988) H. 5/6, S. 271–276. “Industrie- und Gewerbegebiete sind über Jahrzehnte ein Stiefkind des Städtebaus gewesen. Die Gewerbegebiete sind vielfach zum optisch schockierenden Einlaßtor der modernen Stadt geworden. Aber es geht nicht nur um die Optik. Es geht um grundlegende Fragen der Flächenökonomie und der Funktionsverbesserung.”

(22) Pfrommer, D.: Zur Gestaltung von Gewerbegebieten. In: Garten + Landschaft (1989) H. 2, S. 17

Published

1993-11-30

Issue

Section

Research Article

How to Cite

1.
Hatzfeld U, Schröer T. Regionale Entwicklungsimpulse durch produktionsorientierte Dienstleistungen? Empirische Erkenntnisse zu einer großen Hoffnung. RuR [Internet]. 1993 Nov. 30 [cited 2025 Feb. 9];51(6):335-46. Available from: https://rur.oekom.de/index.php/rur/article/view/2122

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